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Trautmann: Marken-Botschaft des Friedens

Vorstellung eines Sonderpostwertzeichens zum 100. Geburtstag

Trautmann: Marken-Botschaft des Friedens

Anlässlich seines 100. Geburtstag wird der Fußballer, aber auch vor allem der Mensch Bernhard Carl Trautmann mit einer Briefmarke gewürdigt. 

Anlässlich seines 100. Geburtstag wird der Fußballer, aber auch vor allem der Mensch Bernhard Carl Trautmann mit einer Briefmarke gewürdigt.  IMAGO (3)

Es sind schlimme Zeiten: der Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine, der Terror gegen Israel. Wie wohltuend, sich daran zu erinnern, dass es auch Frieden, Vergebung und Völkerverständigung geben kann. Das durften die Gäste erfahren, die an diesem Donnerstag im Nürnberger Rathaus zu Gast sein durften. Denn die Präsentation der Sonderbriefmarke fand zu Ehren eines Mannes, eines Fußballers statt, der genau dafür (ein)stand: für das Aufeinanderzugehen zweier Völker. In dem Fall Großbritanniens und Deutschland.

Bert Trautmann kam dorthin als Feind im 2. Weltkrieg, er wurde zum Kriegsgefangenen, danach Torwart und Held von Manchester City, vor allem aber ein Freund der Briten, der Engländer. Ein Mann als Symbol für Versöhnung. Das Postwertzeichen also nun buchstäblich eine Marken-Botschaft des Friedens.

Eine Würdigung in fünfmillionenfacher Ausführung

Gewürdigt wurde Trautmanns Leben von Nürnbergs Oberbürgermeister Marcus König, in einem Grußwort zudem von Christian Lindner und von Martin Chaudhuri, der in Abwesenheit des Bundesfinanzministers die Marke vorstellte und an die Stadt Nürnberg überreichte. Normalerweise, merkte er mit einem Lächeln an, bringe sein Haus selten Geschenke, in diesem Fall eben aber ein besonderes. Und eines, an dem alle teilhaben können, denn die Sonderbriefmarke, deren materieller Wert 195 Cent beträgt, deren ideeller aber natürlich nicht zu beziffern ist, wurde in fünfmillionenfacher Ausführung angefertigt.

Briefmarkenliebhaber und -sammler, Fußballfans und Historiker werden sich also besonders freuen, wenn sie diese Marke, die man bereits seit dem 5. Oktober käuflich erwerben kann, demnächst auf Briefumschlägen vorfinden. Gerade zur nicht mehr fernen Weihnachtszeit nicht der schlechteste Reisebegleiter für Briefe an die Liebsten. Es müssen ja nicht immer E-Mails und Handy-Nachrichten sein …

Chaudhuri erklärte: "Das Bundesministerium für Finanzen würdigt den Fußballer, den Torwart und den Menschen Bert Trautmann." Vor allem den Menschen. So wie das bereits die Deutsche Akademie für Fußball-Kultur in Nürnberg 2008 tat, als sie dem ehemaligen Keeper den Walther-Bensemann-Preis verlieh, benannt nach dem Gründer des kicker vor mittlerweile mehr als 123 Jahren. Denn auch Bensemann ging es primär um dieses: Fußball als Mittel, als Symbol zur Völkerverständigung.

(K)ein toller Hecht

Und so passte es, dass kicker-Chefredakteur Jörg Jakob an diesem Donnerstag in Nürnberg in einer kleinen Talkrunde nicht nur Einspieler von der Ehrung vor 15 Jahren zeigen ließ, sondern auch Gäste unterschiedlichster Facetten begrüßte und befragte, um den Anwesenden eben diese faszinierende Figur Trautmann näherzubringen.

Trautmann selbst kam also durch ein Video von 2008 zu Wort und stellte klar, was er schon fünf Jahre zuvor in einem kicker-Interview gesagt hatte, er fühle sich nicht als Legende. Oder eben dort: "So ein toller Hecht war ich nicht."

Da darf man ihm getrost widersprechen, heute wie damals. Ja, auch er hatte wie alle Soldaten damals eine Nazi-Vergangenheit, auch er war in den Krieg gezogen. Doch diese schlimmen Erlebnisse, die Gefangenschaft, aber vor allem sein neues Leben in England veränderten sein Bewusstsein. Vom Feind wurde er zum Freund, hatte seinen Anteil daran, dass die Menschen sich versöhnten. Natürlich, das war ihm selbst immer bewusst, wurde dies erleichtert durch seine Heldentat 1956, als er im FA-Cup-Finale mit gebrochenem Halswirbel durchspielte und Manchester City den Sieg gegen Birmingham rettete.

Vergessen waren da die Proteste, die es noch bei der Bekanntgabe seiner Verpflichtung gegeben hatte. Bemerkenswerterweise hatten sich in Manchester damals erst durch beruhigende und zur Versöhnung aufrufende Worte des berühmten jüdischen Wissenschaftlers und Rabbiners Alexander Altmann die Wogen geglättet.

Eine Verbindung emotionaler und ästhetischer Motive

Am Mikrofon von Jörg Jakob erzählten nun also verschiedene Protagonisten über Trautmann. So erklärte Andreas Ahrens, Gestalter dieser Sonderbriefmarke, dass er "emotionale und ästhetische Motive" verbinden wollte. Was ihm gelungen ist, denn es ist nicht etwa ein durch den Strafraum fliegender Torwart zu sehen, sondern einer, der nachdenklich am Pfosten hockt. Ekkehard Lentz von Trautmanns erstem Heimatverein TuRa Bremen berichtete als Initiator einer Ausstellung zu Ehren des Schlussmanns von persönlichen Erlebnissen mit Trautmann („Er war bescheiden, stellte sich nie in den Vordergrund“) und verriet, dass Trautmann mal erzählt habe, dass er 1964 gerne Trainer von Werder Bremen geworden wäre.

Briefmarke zu Ehren von Bernhard Carl Trautmann

Briefmarke zu Ehren von Bernhard Carl Trautmann. Bundesministerium der Finanzen

Der Journalist Mirco Robus weiß um das verbindende Element, das Trautmann darstellte. Ein Korrespondent aus England habe ihm mal gesagt: "Für Trautmann fliege ich überall hin." Und der Radiomoderator Achim Bogdahn, der als Schiedsrichter eine kleine Nebenrolle im Film Trautmann einnehmen durfte, der 2019 in die deutschen Kinos kam, konnte mit leuchtenden Augen von den Dreharbeiten erzählen und wie sehr er sich über seine kleine Rolle gefreut hatte. Am kommenden Montag wird in der Printausgabe des kicker der Hauptdarsteller dieses berührenden Films zu Wort kommen: David Kross, Trautmann quasi.

Jörg Jakob schloss die kurzweilige Feierstunde mit einem Zitat aus einem Bericht im DFB-Journal von 2013 über Trautmann, dessen Leben auch eine "Geschichte von Gräben war, die zugeschüttet wurden". Ein tröstlicher Gedanke in Zeiten wie diesen.

Thomas Böker

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