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Olympique Lyon: Serienmeister am Abgrund?

Nach acht Spieltagen Vorletzter - ohne Sieg

Olympique Lyon: Serienmeister am Abgrund?

Fabio Grosso und Olympique Lyon trudeln dem Abstieg entgegen.

Fabio Grosso und Olympique Lyon trudeln dem Abstieg entgegen. IMAGO/ZUMA Wire

Als Olympique Lyon im Dezember vergangenen Jahres den millionenschweren  Einstieg eines US-Investmentfonds verkündete, dürften nicht wenige Fans von einer Rückkehr des zuvor finanziell schwer angeschlagenen Klubs zu einstigen Erfolgen geträumt haben.

US-Investor John Textor übernahm am 19. Dezember 2022 mit der Eagle Football Holdings Limited, die unter anderem auch beim brasilianischen Erstligisten Botafogo sowie Crystal Palace in der Premier League ihre Finger im Spiel hat, 77,5 Prozent der Klub-Anteile und ließ sich dies weit über 300 Millionen kosten. Als "Beginn einer neuen Geschichte" bezeichnete Textor, der Haupteigner des Investmentfonds, den Einstieg mit dem klaren Ziel, ein ernstzunehmender Konkurrent für PSG zu werden - ein verfrühtes Weihnachtsgeschenk für alle, die es mit OL halten?

Lyons bittere Realität: Abstiegskampf pur

Wohl eher ein "Nightmare before Christmas", ist man gut neun Monate später geneigt zu sagen. Denn der einstige französische Serienmeister, der sich 2002 die Krone aufsetzte und erst 2009 wieder vom Thron stoßen ließ, ist krachend auf dem Boden der Tatsachen angekommen. Vor der Investoren-Übernahme immerhin noch mit Ausflügen in Europa (Champions-League-Halbfinale 2020 gegen den späteren Sieger Bayern München) oder in obere Tabellenregionen (zuletzt 2020/21, als man sich bis zum Schluss berechtigte Chancen auf die Meisterschaft ausrechnete), heißt die Realität im Herbst 2023: Abstiegskampf pur.

Nach acht Spieltagen steht OL mit drei Punkten auf dem vorletzten Tabellenplatz. Auf den ersten Saisonsieg wartet man weiterhin vergeblich. Am Sonntag ließ man sich nach 3:1-Führung noch einen Punkt klauen - und das ausgerechnet gegen Tabellennachbar Lorient, auf den man so wichtigen Boden hätte gut machen können. Nun trennt Lyon bereits ein Fünf-Punkte-Rückstand vom rettenden Ufer.

Keine Besserung trotz erfolgreichem Saisonfinale

Dabei sah das, was Olympique in Saisonfinale 2022/23 auf den Platz brachte, vielversprechend aus. An den abschließenden elf Spieltagen, beginnend mit einem 1:0-Achtungserfolg bei Paris St. Germain, fuhr man sieben Siege ein. Zwar verpasste OL dennoch als Siebter das internationale Geschäft um fünf Punkte, doch Platz drei in der Rückrundentabelle ließ auf eine sorgenfreie Zukunft in der neuen Spielzeit hoffen.

Schwerwiegende Abgänge - Kein Spielraum für Ersatz

In Bradley Barcola (zu PSG) und Castello Lukeba (zu RB Leipzig) verlor man allerdings zwei seiner drei vielversprechendsten Talente im Sommer. Trotz guter Transfererlöse waren OL im Einkauf für deren Nachfolger die Hände gebunden. Schließlich ermittelt die französische Finanzbehörde DNCG gegen den zuvor schwer gebeutelten Klub.

Ablösefreie, anderswo ausgemusterte Profis, krude Deals mit Eagle-Partnerklubs sowie Rückkehrer mit Stallgeruch sollten deshalb OL am Leben halten. Doch einstige Stars wie die beiden 2022 zurückgekehrten Corentin Tolisso und Alexandre Lacazette (27 Saisontore 2022/23) werden ihrer erwarteten Führungsrolle nicht gerecht. Der Stürmer erzielte gegen Lorient erst sein zweites und drittes Saisontor, von seiner Formkurve hängt die enttäuschende Offensive (sechs Tore) zu sehr ab.

Früher Trainerwechsel, kein Effekt

Bereits nach vier Spieltagen zogen die Verantwortlichen im September die Reißleine.  Den einstigen Nationaltrainer und Weltmeister von 1998 Laurent Blanc, der im Saisonendspurt wohlgemerkt für Auftrieb sorgte, wurde nach vier Spieltagen (und einem Punkt) entassen.

Doch auch unter dessen Nachfolger Fabio Grosso, ebenfalls Weltmeister (mit Italien 2006), will OL der Umschwung nicht gelingen. 

Erster Investor plant den Ausstieg

Und so kommt es, dass der "neuen Geschichte" nach nur neuneinhalb Monaten ein jähes Ende droht. Anfang Oktober vermeldete die für gewöhnlich gut informierte Sportzeitung "L'Equipe", die Firma Iconic - mit 75 Millionen an der Übernahme beteiligt - möchte aus dem Deal aussteigen und fordere ihr Investment zurück.

Sollte die Beziehung auseinanderbrechen, wäre das für "Eagle Football" kein Beinbruch. Schließlich sind die anderen Klubs des Investmentfonds auf Kurs. Botafogo führt die brasilianische Liga mit neun Punkten Vorsprung an, Crystal Palace hat sich im Mittelfeld der Premier League etabliert und RWD Molenbeek dient in der belgischen Liga als für Multi-Klub-Ownership allseits bekanntes Schlupfloch im ewigen Kampf gegen das Financial Fairplay.

Aufschwung im Kellerduell?

Für Lyon auf der anderen Seite wäre der Bruch eine weitere Katastrophe. Geld fehlt dann erst recht, die Probleme mit den Behörden bestehen weiterhin - und nun steht man auch noch sportlich vor der Katastrophe. Einen ersten Schritt in Richtung Besserung möchte, bzw. muss, man nach der Länderspielpause gehen. Am 22. Oktober kommt Clermont Foot ins Groupama Stadium. Das einzige Team, das als Schlusslicht ebenfalls noch auf den ersten Saisonsieg wartet. 

kmx

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