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Schlaudraff: "Bin sehr zufrieden mit unserer Entwicklung"

Ein Mann zum Anfassen

Schlaudraff: "Bin sehr zufrieden mit unserer Entwicklung"

Jan Schlaudraff fühlt sich wohl in St. Pölten.

Jan Schlaudraff fühlt sich wohl in St. Pölten. GEPA pictures

Mit Mario Kempes (Erste Division und Bundesliga), Antonin Panenka (Regionalliga Ost) und Lajos Detari (Erste Division) kickten in St. Pölten einst ehemalige Weltstars für die Voith Schwarze Elf (VSE). Beim Nachfolgeklub SKN St. Pölten spielen derzeit im besten Fall vielleicht (einmal) künftige internationale Stars. Prominenter besetzt sind beim aktuellen Zweitligisten gelegentlich die sportlichen Führungskräfte, wie gerade der "Geschäftsführer Sport" mit Jan Schlaudraff.

Während die introvertierten Panenka und Kempes für die Fans kaum zu greifen waren, und Detari sofort nach den Spielen mit seinem Ferrari nach Budapest brauste, ist Schlaudraff ein Mann zum Anfassen. Wenn du Glück hast, serviert er dir Sonntagmittag sogar deinen Schweinsbraten in der NV Arena. So passiert nach der Matinee gegen Liefering, als Schlaudraff gemeinsam mit dem "Geschäftsführer Wirtschaft" Matthias Gebauer persönlich für das leibliche Wohl der Besucher im "Fan-Treff" sorgte.

SKN-Familie über alles

"Wir wollen die 'SKN-Familie' wieder aufleben lassen", erklärt Schlaudraff beim Kaffee mit dem kicker. Das Zusammengehörigkeitsgefühl hier habe "wegen Corona und auch wegen der sportlichen Situation doch etwas gelitten." Darum schaut er sich gerne, gemeinsam mit seinen Spielern, die SKN-Basketballer an, oder intensiviert die Kontakte zum Special Needs Team und zu den SKN Frauen: "Da geht es auch darum, Synergien zu nutzen."

Ansonsten ist Schlaudraff in St. Pölten gelegentlich auch am Tennisplatz im Sportzentrum NÖ anzutreffen, oder im Stadtteil Spratzern, wo er wohnt. Bei den Spielen der vereinsunabhängigen Akademie St. Pölten, der SKN Juniors und der U 18 des SKN ist Schlaudraff im Gegensatz zu manchen seiner Vorgänger immer wieder gern gesehener Zaungast.

Der Anspruch hier hat manchmal wenig mit der Realität zu tun.

Jan Schlaudraff

Wichtig ist Schlaudraff aber auch, den St. Pöltnern klar zu machen, dass der SKN nach dem Abstieg nicht automatisch Top-Kandidat für den Aufstieg ist. "Der Anspruch hier hat manchmal wenig mit der Realität zu tun", sagt er offen und verweist auf das in etwa fünfthöchste Zweitliga-Budget der St. Pöltner und auf die zahlreichen Transfers im Sommer vor seiner Zeit (18 Zu- und Abgänge) und im Jänner (acht). "Wir haben den Kader im Winter verbessert, dabei aber viel Gehalt eingespart."

Die Sportchefs beim SKN St. Pölten

Fernziel muss jedoch die Rückkehr in die Bundesliga sein, auch wenn man Top-Talente von Kooperationspartner VfL Wolfsburg davon überzeugen will, eine Zeit lang in St. Pölten zu kicken. Den österreichischen Zweitligaklubs (ausgenommen Liefering) würde Schladraff auf Deutschland umgemünzt ein "ordentliches Drittligaformat" bescheinigen: "Dort könnten wir vernünftig mitspielen. Die Bundesliga hier wäre für junge Talente für ihre ersten Schritte im Erwachsenenfußball perfekt."

Fokus auf Pressing und Ballbesitz

Mit der sportlichen Entwicklung ist Schlaudraff "sehr zufrieden", bescheinigt sowohl dem Trainderuo Stephan Helm und Emanuel Pogatetz, als auch den Spielern, gute Arbeit zu leisten. Das von Beginn an angestrebte Pressing klappt immer besser und auch der zweite Schritt, mehr Dominanz über Ballbesitz zu erlangen, ist bereits sichtbar.  Im letzten Heimspiel gegen den Floridsdorfer AC (0:1) hatten die "Wölfe" 65 Prozent Ballbesitz.

"Der letzte Schritt muss dann sein, sowohl über das Pressing als auch über den Ballbesitz zu Torchancen zu kommen und den Ballbesitz dementsprechend immer mehr in das letzte Drittel zu verlagern", referiert Schlaudraff.

Blau-gelber Anstrich

Bezeichnenderweise kommen ausgerechet beim ehemaligen Internationalen - sicher auch dem geschrumpften Budget geschuldet - wieder mehr Niederösterreicher zum Zug. Mit Marcel Pemmer und Din Barlov (beide 18 Jahre jung) haben in den letzten Wochen gleich zwei gebürtige St. Pöltner den Sprung in die Kampfmannschaft geschafft. Mit David Riegler (19) und Julian Keiblinger (20) sind zwei weitere Niederösterreicher sogar Stammspieler und Horn-Rückkehrer Christoph Messerer (20) darf auch wieder vermehrt ran.

"Das ist ja auch unsere Aufgabe, den Weg für solche Jungs zu ebnen. Das wurde in der Vergangenheit etwas vernachlässigt hier", weiß Schlaudraff, "wenn Marcel Pemmer oder Din Barlov über uns, oder in ein paar Jahren mit uns in die Bundesliga kommen, oder den Schritt nach Wolfsburg, oder zu einem anderen internationalen Klub schaffen, dann ist diese Tatsache für die nächsten Talente auch ein Anreiz ihre ersten Erfahrung im Profifußball bei uns zu sammeln."

Thomas Schöpf

Die kicker-Elf des Bundesliga-Grunddurchgangs