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Erpressung beim DFB? "Ethisch nicht vertretbar"

Fall Hamama: Wer unterbreitete das unmoralische Angebot?

Erpressung beim DFB? "Ethisch nicht vertretbar"

Es rumort mal wieder intern beim DFB.

Es rumort mal wieder intern beim DFB. Getty Images

Wer den mit Spannung erwarteten Bericht der Firma Esecon zu diversen Umtrieben beim DFB lesen möchte, der muss sich in die Otto-Fleck-Schneise in Frankfurt/Main begeben. Dort liegt der Report fürs Erste zur Einsichtnahme aus. Seit Freitag können sich die Mitglieder des DFB-Präsidiums ein Bild von dem machen, was die Ermittler aus Berlin zu Papier gebracht haben. Zuvor ist dem Vernehmen nach eine Unterschrift unter eine Verschwiegenheitserklärung nötig. Eher nichts finden wird der geneigte Leser zur Kündigung Samy Hamamas. Schließlich war die umstrittene Trennung vom Leiter des Präsidialbüros kein Teil der Generalinventur, vollzogen wurde sie ja erst im März.

Hamama war Kellers engster Mitarbeiter

Und doch böte der Sachverhalt fast schon Stoff für eine eigene Untersuchung. Das geht aus einer Vorlage der Ethikkommission an den DFB hervor. Das Gremium hält demnach bestimmte "Aspekte des Vorgangs für ethisch bedenklich oder nicht vertretbar". Zum Beispiel hätten die Ethiker dazu geraten, den mittlerweile zurückgetretenen Präsidenten Fritz Keller "bereits in die Überlegung, eine fristlose Kündigung aussprechen zu wollen und erst recht in deren Vollzug, einzubeziehen". Schließlich war Hamama Kellers engster Mitarbeiter.

Höchst brisant und bis dato unbekannt ist ein zweiter Aspekt, den die Ethiker vortrugen: "Nach dem Ausspruch der fristlosen Kündigung des Herrn Hamama soll angeboten worden sein, eine einvernehmliche Lösung zu finden. Das Zustandekommen einer solchen einvernehmlichen Lösung soll seitens des DFB davon abhängig gemacht worden sein, dass Herr Hamama 'einen Verantwortlichen' für sein Handeln benennt." Das wäre ein Geschäft, das den Eindruck einer Erpressung gegenüber Hamama erweckt. Zu diesem Schluss kommen offenbar auch die Ethiker: "Das Ansinnen, darauf zu bestehen, ausdrücklich einen Verantwortlichen zu adressieren, kann nur als Versuch gewertet werden, eine explizite Positionierung von Herrn Hamama gegen seinen disziplinarischen Vorgesetzten, Herrn Keller, generieren zu wollen. Das ist ethisch nicht vertretbar."

Wie ist dieses Angebot an Hamama zu verstehen? Wer im Verband unterbreitete dem früheren FIFA-Mitarbeiter dieses unmoralische Angebot? Auf Nachfrage beim DFB gibt es keine Antwort.

Hamama handelte in Kellers Auftrag

Hamama wurde vorgeworfen, sich unrechtmäßig Zugang zu einer Rechnung betreffend einen Vertrag mit dem Medienberater Kurt Diekmann beschafft und diese ans ZDF weitergegeben zu haben. Laut einem verbandsinternen Compliance-Bericht gibt es für die Durchstecherei aber keine Beweise, das kam vor dem Arbeitsgericht Frankfurt/Main heraus. Bei dem Gütetermin stellte die zuständige Richterin Dr. Ilka Heinemeyer auch die provokante Frage: "Wieso darf ein Präsident sich nicht eine Rechnung ansehen?" Denn Hamama handelte bei der Rechnungsbeschaffung in Kellers Auftrag. Keller hier, Curtius, Schatzmeister Dr. Stephan Osnabrügge und der 1. Vize-Präsident Dr. Rainer Koch, der den Verband im Gespann mit Peter Peters mal wieder kommissarisch führt, da. Das war die Konstellation seit spätestens Oktober 2020. Vielleicht steckt in dieser Lagerbeschreibung die Antwort auf die Frage, wer Hamama das seltsame Angebot mit der einvernehmlichen Lösung machte.

Die Ethiker jedenfalls halten die fristlose Kündigung für "überhart" und "unverhältnismäßig". Zugleich zweifelt das Gremium auch Curtius' Amtsführung an: "Der Generalsekretär hat in seiner Funktion als Hüter der Ordnung auch dafür Sorge zu tragen, dass der Präsident in seiner Eigenschaft als Mitglied des Präsidiums und des Präsidialausschusses des DFB zügig alle Informationen erhält, die er in Wahrnehmung seines Mandates benötigt. (...) Nach den der Ethik-Kommission vorliegenden Informationen ist zumindest zu vermuten, dass das nicht in notwendiger Weise erfolgt ist. Ethisch wäre das bedenklich." Allerdings halten sie Curtius auch zugute, dass Keller ihn aus dem Amt drängen wollte. Insofern sei sein Handeln "menschlich verständlich, ethisch aber nicht hinnehmbar" gewesen.

Immer wieder der Name Curtius

Das war der Stand am 3. Mai. Zudem gingen die Ethiker damals der am 10. März erfolgten Weitergabe eines Keller-Schreibens mit persönlichkeitsrechtlich relevanten Informationen und DFB-Interna durch Curtius an Medienberater Diekmann nach. Der Generalsekretär hatte dafür lediglich eine Abmahnung kassiert, keine außerordentliche Kündigung - jenes drakonische Mittel hatte unter anderem Curtius selbst bei Hamama gewählt. Die ordentliche Kündigung schob der Verband gegen Kellers ehemaligen Büroleiter nach.

Die Ethiker sehen in Curtius' Handeln "Verstöße gegen die Verschwiegenheitspflicht aus dem Anstellungsvertrag sowie gegen die 'vorläufigen Verhaltensrichtlinien' des DFB", eine Verletzung der "Persönlichkeitsrechte von Herrn Hamama" und kritisieren, dass "Herr Keller dadurch Adressat einer Strafanzeige geworden" ist. Nach wie vor ist dieser Sachverhalt nicht ausermittelt, teilt die Frankfurter Staatsanwaltschaft mit. Ein schwerer Imageschaden für den DFB, schließlich war der Winzer damals noch Präsident. Offenbar aber erachtete man verbandsintern die Folgen dieser Dokumentenweitergabe als weniger schlimm als im Fall Hamama. Erst am 26. Mai trennten sich Curtius und der DFB in beiderseitigem Einvernehmen.

Wer hat die Trennung verhandelt und wie teuer war sie? "Sämtliche angesprochenen personellen Vorgänge wurden unter Einbindung und gemäß dem Rat externer Rechtsanwaltskanzleien abgewickelt. An den Aufhebungsvertragsverhandlungen mit Dr. Curtius hat sich niemand aus der Führung beteiligt, um jeden Anschein der Befangenheit zu vermeiden. Der Vertragsschluss erfolgte nach einstimmigem Beschluss des Präsidiums. Im Übrigen können wir uns zu personellen Fragen mit Rücksicht auf Persönlichkeits- und Datenschutz nicht äußern", teilt der DFB mit. Die Quittung liegt sowieso längst auf dem Tisch, das Bild der Verbandsführung in der Öffentlichkeit ist massiv demoliert. Daran wird auch der Esecon-Bericht mutmaßlich wenig verändern.

Benni Hofmann