Nationalelf

Kein Anruf nötig: Kroos kommt einfach

Löw lobt den Mittelfeldakteur in den höchsten Tönen

Kein Anruf nötig: Kroos kommt einfach

Rauf auf den Trainingsplatz: Mit Anführer Toni Kroos und Bundestrainer Joachim Löw.

Rauf auf den Trainingsplatz: Mit Anführer Toni Kroos und Bundestrainer Joachim Löw. imago images

Nein, als Plaudertasche war Toni Kroos viele Jahre lang nicht unbedingt aufgefallen in der Öffentlichkeit. Doch mit zunehmendem Alter und einer stetig wachsenden Titelsammlung hat sich der inzwischen 30-Jährige mehr und mehr geöffnet. Selbst einen eigenen Podcast bespielt er inzwischen, gemeinsam mit Bruder Felix, der ebenfalls Profi-Fußballer ist, spricht er bei "Einfach mal Luppen" über Gott und die Welt, oft auch über Fußball.

In der jüngsten Episode verriet Kroos dabei, dass er inzwischen gar nicht mehr von Bundestrainer Joachim Löw für die Länderspiele nominiert werde. Der sonst übliche Telefonanruf bleibt aus, nicht einmal eine SMS oder eine Whatsapp-Nachricht wird ausgetauscht. Kroos kommt einfach. Redebedarf bestehe nur, wenn der Spanien-Legionär mal eine Pause machen soll.

Toni ist hoch respektiert aufgrund seiner Persönlichkeit und seiner Professionalität.

Joachim Löw

In dieser Saison, die durch die Corona-Pandemie und ihre Folgen für den Spielplan besonders vollgepackt und somit kräftezehrend ist, könnte durchaus häufiger Gesprächsbedarf zwischen Kroos und Löw herrschen. Zum Auftakt der Nations League am Donnerstag gegen Spanien und am Sonntag in der Schweiz zählt der Mittelfeldstratege von Real Madrid allerdings zum Aufgebot. Mit 96 Länderspielen ist er der mit Abstand erfahrenste Akteur im Kader. "Toni ist ein Spieler, der in der Weltklasse agiert", sagt Löw über seinen Anführer im Mittelfeld, der sich über die Jahre zu einer Persönlichkeit entwickelt habe, "die Führungsaufgaben übernimmt und dazu in der Lage ist, andere zu beeinflussen". Aufgrund seiner spielerischen Klasse, aber eben auch seines Charakters. "Toni", sagt Löw, "ist hoch respektiert aufgrund seiner Persönlichkeit und seiner Professionalität".

Mit diesem Lob im Rücken lebt es sich verhältnismäßig locker im Kreise der Nationalmannschaft. Man spürt das, wenn Kroos in der virtuellen PK kleine Witze reißt, etwa darüber, dass er diese Form der Medientermine, in denen man die Journalisten nur auf dem Monitor sieht, gar nicht so schlecht fände. Oder wenn er von einem spanischen Medienvertreter auf Lionel Messi angesprochen wird, der bekanntlich Real Madrids Erzrivalen FC Barcelona den Rücken kehren möchte. Wie selbstverständlich springt Kroos vom Deutschen ins Spanische und gibt zu, dass er aus Real-Perspektive einen Wechsel gar nicht so schlecht fände. So unschön ein Weggang des Ausnahmespielers aus Spanien auch für La Liga und insbesondere für Barca wäre.

EM-Verschiebung "Stand heute" ein Vorteil

Interessiert wird sich Kroos das Schauspiel aus der Ferne anschauen, aktuell drehen sich seine Gedanken ums deutsche Team und die Aussichten für die EM. Grundsätzlich, sagt er, halte er es noch für zu früh, sich Gedanken über die Leistungsfähigkeit der DFB-Elf im Sommer 2021 zu machen. Aber es stimme, er würde sich die EM-Trophäe, die ihm bislang noch verwehrt blieb in seiner Karriere, gerne noch sichern. Und "Stand heute" beantwortet er die Frage, ob die Corona-bedingte Verschiebung der Endrunde um ein Jahr ein Vorteil fürs deutsche Team sein, mit einem "Ja". "Aber wir wissen alle, was in einem Jahr passieren kann."

Kimmichs Versetzung tut dem Team gut

Fest steht für ihn aber, dass die deutsche Elf besser geworden ist im Vergleich zur WM 2018, bei der Deutschland sang- und klanglos in der Vorrunde scheiterte. Insbesondere in jener Region auf dem Spiefeld, die er am besten kennt: dem Mittelfeld. "Ich denke schon, dass wir dort besser aufgestellt sind, in der Quantität, aber auch in der Qualität", sagt Kroos und hebt hervor, dass Deutschland zuletzt im Zentrum wieder dominanter und widerstandsfähiger geworden sei - auch durch die Versetzung von Joshua Kimmich von der Außenbahn in die Mitte. "Der Wechsel von Jo hat uns gutgetan", bilanziert er, "er bringt noch einmal eine andere Komponente ein auf dieser Position."

Auch Kroos selbst, dessen Position inzwischen wieder gänzlich unumstritten ist, profitiert in seinem Spiel davon. Und so wird er auch weiterhin keine schiefen Blicke befürchten müssen, wenn er sich einfach selbst einlädt zur DFB-Elf.

Matthias Dersch

Löws 17 DFB-Debütanten seit der WM 2018