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Passt Ronald Koeman zum FC Barcelona?

Was ihn auszeichnet, wo er gescheitert ist

Passt Koeman zum FC Barcelona?

Unterschrift vollzogen: Ronald Koeman ist in Barcelona angekommen.

Unterschrift vollzogen: Ronald Koeman ist in Barcelona angekommen. picture alliance

So will Koeman den Umbruch vollziehen

Schon in einem Interview mit "Esport3" im Jahr 2019 erklärte Koeman, dass die Katalanen sich verjüngen müssten. Suarez, Messi, Piqué und Busquets seien alle über 30, "klar haben sie noch ein paar gute Jahre. Aber was dann?" Man müsse dann "den ganzen Kern" ersetzen. "Viel Spaß dabei", sagte der Niederländer.

Ironie des Schicksals, dass die Ironie ihn nun selber trifft. Damals erklärte er, man müsse "La Masia", die Jugendabteilung, wieder mehr einbinden. "Wir Niederländer haben keine Angst davor. Junge Spieler auflaufen zu lassen, das sind wir gewohnt. Ich sage immer: Wenn ein 30-Jähriger und ein 22-Jähriger auf dem gleichen Level sind, lasse ich den 22-Jährigen spielen, denn ihm gehört die Zukunft." Worte, an denen er sich jetzt messen lassen muss.

Wird das Team also radikal verjüngt? Bei seiner Vorstellung am Mittwoch klang Koeman ein wenig anders. Er wolle Profis nicht wegen des Alters aussortieren. "Mit 31, 32 oder 33 Jahren ist ein Spieler nicht am Ende. Man muss vor allem Hunger haben und alles geben wollen, auch mit 20 Jahren. Aber wenn man Entscheidungen treffen muss, werden wir das tun."

Das zeichnet Koeman als Trainer aus

Der 57-Jährige gilt als Pragmatiker. Auf ein taktisches Konzept festgelegt ist er nicht. Koeman schaut, welches Spielermaterial er zur Verfügung hat und passt das taktische Gerüst dementsprechend an. Als Trainer bei Feyenoord Rotterdam brachte er 2013/14 das 3-5-2 zurück in die Eredivisie. Der damalige Bondscoach Louis van Gaal übernahm das Korsett für die Nationalmannschaft und erreichte bei der WM 2014 Rang drei - mit fünf Spielern von Feyenoord im Kader. In seiner eigenen Ägide als Bondscoach (seit Februar 2018) ließ Koeman 4-3-3 spielen.

Was für Barça von besonderer Bedeutung ist: Koeman ist durchaus in der Lage, Mannschaften "wachzuküssen", das hat er bei seiner Station Feyenoord und als Coach von Oranje bewiesen. Der ehemalige Libero gilt zudem als Menschenfänger und gibt den Spielern viele Freiheiten. Auch auf dem Platz: Memphis Depay und Frenkie de Jong profitierten bei Oranje stark davon.

Barcelonas Team wieder zu einen, wird eine der schwersten Aufgaben sein. An der Seitenlinie ist er einer der gefassteren Vertreter, strahlt Ruhe aus. Ruhe, die Barça gut gebrauchen kann in diesen turbulenten Tagen.

So reagiert das Umfeld auf Koeman

Koeman ist beliebt in Barcelona, das liegt nicht nur an seinem Siegtreffer im Pokalfinale der Landesmeister 1992, sondern auch an dessen totaler Identifikation mit dem Klub. Der dreifache Familienvater besitzt seit Jahren ein Haus in der katalanischen Metropole. In seinen Vertrag als Bondscoach ließ er sich für einen einzigen Klub eine Ausstiegsklausel einbauen: den FC Barcelona.

Ein Stück Fußball-Geschichte: Barcelonas Ronald Koeman trifft im Landesmeister-Finale 1992 gegen Sampdoria Genua zum 1:0-Siegtreffer.

Ein Stück Fußball-Geschichte: Barcelonas Ronald Koeman trifft im Landesmeister-Finale 1992 gegen Sampdoria Genua zum 1:0-Siegtreffer. imago images

Aber nicht jeder ist begeistert von Koeman, einige Fans hätten lieber Xavi als Nachfolger von Quique Setien gesehen. Mit diesem Damoklesschwert muss Koeman nun leben. Sollten die Ergebnisse nicht stimmen, dürften früh wieder Rufe nach dem einstigen Mittelfeldregisseur laut werden.

Und so mancher in Spanien erinnert sich sicherlich noch an Koemans Zeit beim FC Valencia vom Oktober 2007 bis April 2008. Er sollte dort ähnlich wie jetzt in Barcelona einige namhafte Stars vor die Tür setzen und den Umbruch einleiten. Obwohl er mit "Los Che" spanischer Pokalsieger wurde, gelang das nicht, bei seinem einzigen Spanien-Engagement als Trainer gilt er als gescheitert.

Diese Hürden muss Koeman nehmen

Bei Barcelona dürfte heftig Politik betrieben werden vor den Präsidentschaftswahlen im März 2021. Bis dahin hat der umstrittene Josep Bartomeu das Sagen, der jede Menge Unruhe stiftet, indem er sich überall einmischt. Auch in die Kaderplanung: "Es gibt legendäre Spieler, die mit Ehren gehen müssen", sagte Bartomeu und nannte kurzerhand sieben Spieler, die man halten wolle (Lionel Messi, Marc-André ter Stegen, Frenkie de Jong, Ousmane Dembelé, Antoine Griezmann, Nelson Semedo und Clement Lenglet). Personelle Maßnahmen, die eigentlich Koeman treffen sollte und nicht ein scheidender Präsident.

Und dann ist da ja noch die Messi-Situation. Der Vertrag des Superstars läuft 2021 aus, seine Zukunft in diesem Sommer bleibt unklar. Der Argentinier wird sich sicherlich erst einmal anschauen, wie Koeman tickt, wer kommt und wer geht, ehe er eine Entscheidung trifft. Bartomeu tönte hingegen schon, Messi werde bleiben, denn: "Koeman hat uns gesagt, dass Messi die Säule seines Projekts ist." Ein erneuter Bärendienst des Präsidenten, denn sollte dem nicht so sein, wäre Koeman schon zu Saisonbeginn beschädigt. Vorstandsmitglied Javier Bordas ruderte schon am Mittwoch zurück: "Falls Messi gehen will, werden wir versuchen, ihn vom Bleiben zu überzeugen."

Auch Koeman schätzt die Situation realistisch ein. "Ich weiß nicht, ob ich ihn überzeugen muss", sagte er am Mittwoch bei seiner Vorstellung. "Man muss natürlich mit ihm reden, er ist der Kapitän des Teams. Ich hoffe, dass er noch weitere Jahre hier spielt."

Und was, wenn er den Umbruch doch ohne Messi schaffen muss? In diesem Fall kann man nur wieder Koeman aus dem Jahr 2019 zitieren: Viel Spaß dabei.

Christoph Laskowski