Diese Partie als "Abnutzungskampf" zu bezeichnen, würde dem Spiel 1 zwischen Tampa Bay und Columbus nicht nur annähernd nachkommen. Vielmehr war es eine Meisterleistung an Kraft, Ausdauer und Konzentration - mit dem besseren Ende für den Lightning, der sich in der 5. Overtime in der 151. Minute mit 3:2 durchsetzte. Es war das viertlängste Spiel in der NHL-Geschichte. Den Rekord für das längste Spiel halten noch immer die Detroit Red Wings und Montreal Maroons (1:0), die am 24. März 1936 erst in der 177. Minute in der 6. Verlängerung einen Sieger fanden.
Und trotzdem purzelten an diesem Abend die Rekorde: 151 kumulierte Torschüsse sind ein neuer Bestwert, genauso wie die 88 von Tampa abgegebenen Schüsse. Die 85 Saves von Columbus-Goalie Joonas Korpisalo (96,6 Prozent Fangquote) sind genauso unerreicht wie die 65:06 Minuten Eiszeit von Mitspieler Seth Jones.
"Mir geht es gut. Es waren viele Minuten, aber ich bin drangeblieben, habe viel getrunken und mich da durchgearbeitet. Natürlich werden die Beine müde, aber es ist auch eine mentale Geschichte", erklärte Jones. "Es war eine unwirkliche Leistung von beiden Teams, besonders von den Torhütern. Sie müssen die ganze Zeit konzentriert sein und können sich nie auf der Bank für ein paar Minuten ausruhen. Ich bin sehr beeindruckt, wie sie gespielt haben", lobte Lightning-Verteidiger Victor Hedman. "Du arbeitest dich von Save zu Save und beißt dich da durch. Es hat sich ganz gut angefühlt", beschrieb Korpisalo den Kraftakt. Und auch Tampas Trainer Jon Cooper kam aus dem Staunen nicht mehr heraus: "Ich glaube, keiner kann verstehen, wie hart es für die Spieler ist, das durchzustehen und trotzdem in der Lage zu sein, solche Spielzüge zu zeigen."
NHL-Endrunde 2020
Dass dieses Duell kein normales werden würde, zeigen schon die Treffer vor der Verlängerung: Beim 1:0 wurde ein Schuss von Alexandre Texier sowohl von Verteidiger Erik Cernak als auch von Stürmer Pierre-Luc Dubois unhaltbar abgefälscht (3., im Powerplay). Beim 1:1 traf der Versuch von Nikita Kucherov die Wade von Brayden Point und sprang von dort ins Tor (7.). Dann überraschte Jackets-Angreifer Oliver Bjorkstand Torwart Andrei Vasilevskiy (61 Saves, 96,8 Prozent Fangquote) mit einem kaum einsehbaren Schuss aus spitzem Winkel (40.). Beim erneuten Ausgleich der Bolts wischte Korpisalo zuletzt den von Yanni Gourde berührten, über die blaue Farbe rutschenden Puck mit der Kufe unglücklich ins eigene Tor (41.).
Vier torlose Overtimes später - es hätte von der Länge bereits Spiel 3 sein können - fiel dann die Entscheidung: Eine geblockter Schuss fiel vor die Kelle von Brayden Point, der auf Höhe der Bullykreise einfach draufhielt. Der Puck wackelte und zischte knapp unterhalb der Latte zum 3:2-Endstand ins Netz (151.). "Ich habe noch nie so lange Eishockey gespielt. Es war ein Kampf, physisch und mental, aber wir haben es geschafft", freute sich Point, der nach dem Siegtreffer in einer blauen Jubeltraube verschwand. "Wir haben acht Drittel gespielt. Ich bin super-stolz, dass wir drangeblieben sind", zeigte sich auch Hedman erleichtert.
Das Spiel, das um 15.09 Uhr am Nachmittag (Ortszeit) begann, endete erst sechs Stunden und 13 Minuten später um 21.22 Uhr. Das viertlängste Spiel der NHL-Geschichte hatte zur Folge, dass die Partie zwischen den Boston Bruins und den Carolina Hurricanes, die ebenfalls in der Scotiabank Arena in Toronto hätte ausgetragen werden sollen, auf den Folgetag verschoben wurde (Mittwoch, 17 Uhr MESZ).
Rieder siegt mit den Flames
Sieg in Spiel 1: Flames-Stürmer Tobias Rieder. Getty Images
Im Rogers Place in Edmonton gingen zwei Partien der Western Conference über die Bühne. Dabei gelang den Calgary Flames ein 3:2-Sieg gegen die Dallas Stars. Die Flames erwischten den besseren Start und gingen dank eines Doppelpacks von Dillon Dube (11., 19.) mit 2:0 in Führung. Die Antwort der Stars dann binnen neun Sekunden im Mitteldrittel: Erst traf Denis Gurianov mit einem verdeckten Schuss ins Tor (51.). Dann rutschte ein ungefährlich anmutender Distanzschuss von Jamie Benn zwischen Arm und Beinschiene von Calgarys Torwart Cam Talbot (24 Saves, 92,3 Prozent Fangquote) über die Linie. Ende des zweiten Drittels traf dann Rasmus Andersson vom rechten Bullykreis in den linken Winkel. Ein schwer zu lesender Schuss für Dallas-Goalie Anton Khudobin (23 Saves, 88,5 Prozent Fangquote), denn die Kelle von Verteidiger Andrej Sekera hob den Puck zusätzlich an.
Der deutsche Flames-Stürmer Tobias Rieder erhielt 10:57 Minuten Eiszeit (davon 0:58 in Unterzahl) und beendete die Partie mit zwei Blocks und einem Plus-Minus-Wert von +1. Der 27-jährige Rosenheimer spielte in Calgarys vierter Reihe neben Derek Ryan und Mark Jankowski.
Golden Knights: Smith tütet den ersten Sieg ein
Außerdem setzten sich die favorisierten Vegas Golden Knights mit 4:1 gegen die Chicago Blackhawks durch und gaben dabei eine Kostprobe ihrer Offensivpower. Shea Theodore (28.) und William Carrier (30.) brachten die Knights mit 2:0 in Führung. Kurios: Da die Blackhawks Carriers Tor wegen einer vermeintlichen Abseitsstellung anfichten und nicht Recht bekamen, ging es für Chicago in Unterzahl weiter. Trotz einem Mann weniger auf dem Eis kam die Truppe aus Windy City im Penalty Killing dank David Kämpf zum Anschlusstreffer (51.). Im dritten Drittel aber enteilte Vegas mit einem Doppelpack von Reilly Smith (44., 49.) und sicherte sich so den ersten Sieg in der Best-of-7-Serie.
NHL-Ergebnisse vom Dienstag, 11. August 2020:
Tampa Bay Lightning - Columbus Blue Jackets 3:2 n.5.V. (Serie: 1:0)
Dallas Stars - Calgary Flames 2:3 (Serie: 0:1)
Vegas Golden Knights - Chicago Blackhawks 4:1 (Serie: 1:0)
Boston Bruins - Carolina Hurricanes (verlegt auf Mittwoch, 17 Uhr MESZ)