Champions League

Vor Liverpool-Atletico: Die letzte Frage macht Klopp "richtig sauer"

Die letzte Frage macht Liverpools Trainer "richtig sauer"

Nach dreiwöchiger Halbzeitansprache: Klopps Plan gegen Atletico

"Wenn du Angst hast, rauszufliegen, kannst du nicht frei spielen": Jürgen Klopp bei seiner PK am Dienstag.

"Wenn du Angst hast, rauszufliegen, kannst du nicht frei spielen": Jürgen Klopp bei seiner PK am Dienstag. picture alliance

Jürgen Klopp wirkte bei seiner Pressekonferenz am Dienstag nicht, als sei er heiser, als hätte er wochenlang auf seine Mannschaft eingeredet. Doch zumindest im übertragenden Sinn war es so. Klopps Interpretation vor Liverpools Rückspiel im Champions-League-Achtelfinale gegen Atletico Madrid ist nämlich diese: "Es ist Halbzeit, und normalerweise nutzen wir Halbzeiten ziemlich gut."

Mit 0:1 liegt der Titelverteidiger also zur "Halbzeit" in Rückstand. In der Regel "lernen wir aus der ersten Hälfte, zeigen den Jungs ein paar Szenen, und sehr oft verbessern wir uns in der zweiten Hälfte", blickt Klopp zuversichtlich aufs zweite Duell. "Und diesmal hatten wir nicht 15 Minuten, sondern drei Wochen. Einige Dinge sind jetzt viel klarer als zuvor."

Wenn du vorhersehbar spielst, verteidigt dich Atletico sechs Monate lang ohne Verschnaufpause.

Jürgen Klopp

Zum Beispiel: "Wir brauchen höheres Tempo, besseres Umschalten, mutigeren Fußball in bestimmten Situationen", zählt Klopp auf. "Wenn du vorhersehbar spielst, verteidigt dich Atletico sechs Monate lang ohne Verschnaufpause." Deswegen soll seine Elf das Hinspielergebnis lediglich "respektieren". "Wenn du Angst hast rauszufliegen, kannst du nicht frei spielen. Aber wir brauchen diese Freiheit."

Was er also am Mittwoch (21 Uhr, LIVE! bei kicker und im Stream bei DAZN) von seiner Mannschaft erwartet, die im Hinspiel ohne Schuss aufs Tor geblieben war? "Mehr Schüsse aufs Tor." Wobei die Statistik so klinge, "als hätten wir keine Chancen gehabt. Das stimmt nicht. Wir hatten gute Situationen, aber wir haben gegen ein Team gespielt, das vielleicht das weltbeste ist, was tiefes Verteidigen angeht." Und überhaupt: "Ein 0:0 wäre ein brillantes Ergebnis gewesen, aber hätte das Rückspiel nicht leichter gemacht, denn auch dann müssten wir Tore schießen."

Ein Vorteil ist, dass wir unsere Kulisse haben. Dass sie ihre nicht haben, ist ein weiterer Vorteil.

Jürgen Klopp

Das ganz große Plus soll dabei die Atmosphäre in Anfield werden, mit der Klopp dem Gegner schon vor drei Wochen gedroht hatte. In England sind bislang trotz der Ausbreitung des Coronavirus keine Geisterspiele geplant. Für Klopp ist das ein doppelt guter Umstand: "Ein Vorteil ist, dass wir unsere Kulisse haben. Dass sie ihre nicht haben, ist ein weiterer Vorteil."

Nicht viele bei Atletico hätten schon "in einem Stadion wie Anfield gespielt"

Die Atletico-Profis seien zwar "sehr erfahren" und wüssten schon, "wie sie mit bestimmten Dingen umgehen müssen", so der Welttrainer, der nicht auf Stammkeeper Alisson (fehlt mit seiner Hüftverletzung auch am Montag bei Everton), allerdings wieder auf Kapitän Jordan Henderson zurückgreifen kann. "Aber nicht viele von ihnen haben schon mal in einem Stadion wie Anfield gespielt, in einer Atmosphäre, wie wir sie kreieren können. Das wollen wir ausnutzen."

Im Hinspiel hatten die Gastgeber die heiße Stimmung unter anderem dafür genutzt, Sadio Mané mit ein wenig Theatralik an den Rand eines Platzverweises zu bringen - Klopp ("Er hat nichts falsch gemacht, absolut nichts!") hatte ihn daraufhin zur Pause ausgewechselt. Auch am Dienstag warnte er: "Wir sollten eine sehr 'erfahrene' Vorstellung von Atletico erwarten, lassen Sie es mich so sagen. 'Erfahren' in allen Bereichen. Damit müssen wir umgehen." Aber es gebe zum Glück noch einen anderen Bereich im Fußball, "in dem wir besser sein können - besser als im Hinspiel und besser als Atletico".

Zum Abschluss legt sich Klopp mit einem Journalisten an

Auffällig kampfeslustig präsentiert sich Klopp also in einer Woche, in der Liverpool ganz theoretisch gleichzeitig als Titelverteidiger im Champions-League-Achtelfinale scheitern und Meister werden könnte. Diese Gemütslage bekam auch jener spanische Medienvertreter zu spüren, der die letzte Frage auf der Pressekonferenz stellen durfte.

Das ist genau das, was ich nicht mag: dass Sie hier sitzen und mir diese Frage stellen, aber von Madrid hierhergeflogen sind.

Jürgen Klopp

Er wollte wissen, ob sich Klopp nicht Sorgen mache, dass die Spieler durch den Kontaktsport Fußball besonders vom Coronavirus bedroht seien. Als Klopp zurückfragte, ob er sich nicht auch selbst gerade sorge, antwortete der Journalist: "Ich spiele morgen nicht Fußball." Und das war für Klopp "genau das, was ich nicht mag: dass Sie hier sitzen und mir diese Frage stellen, aber von Madrid hierhergeflogen sind. Das ist unser gemeinsames Problem!"

Mehr noch: "Unsere Aufgabe ist es, Fußball zu spielen. Ihr Job ist es, Informationen zu transportieren, und ich hoffe ehrlich gesagt, dass Sie das besser machen als Sie Fragen stellen. Denn das ist der Punkt, an dem ich richtig sauer werde: wenn Sie mir das Gefühl geben, ich hätte ein Problem, das Sie nicht haben. Wir haben alle das gleiche Problem."

Im Überblick: Geisterspiele durch das Coronavirus

jpe