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Neuer eSport-Verband für Europa in der Kritik

Steiniger Start für Esports Europe Federation

Neuer eSport-Verband für Europa in der Kritik

23 nationale Verbände gründeten zusammen die Esports Europe Federation.

23 nationale Verbände gründeten zusammen die Esports Europe Federation. Esports Europe Federation

eSports-Verbände haben es nicht leicht. Das hat die Vergangenheit bereits mehrfach gezeigt. Entsprechend überraschte es wenig, dass auch die Esports Europe Federation nach der Gründung am 21. Februar in Brüssel Gegenwind erhielt. Dieser fiel jedoch erstaunlich heftig aus. Unter anderem meldeten sich mehrere Teambosse, etwa von Fnatic, Complexity und PENTA, öffentlich zu Wort. Auch eSport-Experte Paul 'Redeye' Chaloner drückte sein Missfallen aus. Der Brite nannte den Verband "einen weiteren schrecklichen Versuch". Aus seiner Sicht hätte die EFF "keine Glaubwürdigkeit".

Der Kritikpunkt von Chaloner und Co. rührt daher, dass sie fehlende Expertise bei den EFF-Mitgliedern sehen. Sie würden die Personen, zu denen auch ESBD- und EFF-Präsident Hans Jagnow zählt, nicht kennen und stellen dementsprechend ihr Verständnis von der eSport-Szene in Frage. "Die EFF wird schnell lernen, dass man nicht in unseren Bereich kommt und sich selbst als irgendetwas erklärt", drückte es beispielsweise Complexity-Boss Jason Lake aus. Dieser Punkt ist jedoch nur teilweise nachvollziehbar. Denn während eine Person wie Hans Jagnow auf internationaler Ebene zwar weitestgehend unbekannt ist, wird er deutschen eSport-Fans sehr wohl ein Begriff sein. Bei den anderen nationalen Verbänden sollte es ähnlich aussehen.

"Männer in Anzügen"

Den einflussreichen Teambossen gefiel das Auftreten des EFF allgemein nicht. Fnatic-Gründer Sam Matthews drückte es so aus: "Hey, Ihr könnt nicht mit 100 Männern in Anzügen in den eSports kommen und versuchen, ihn für Euch zu beanspruchen. Esports wird von Publishern, Spielern und Teams betrieben, die alle bestrebt sind, das Ökosystem voranzutreiben. Keiner von denen trägt Anzug." In seinem harschen Statement schwingt ein weiterer Kritikpunkt mit: Auf dem Gründungsbild ist neben etwa 50 "Männern in Anzügen" nur eine Frau zu sehen. Jagnow antwortete darauf, dass er sich bewusst sei, welche Nachricht das Bild ausstrahlt, dies sei aktuell jedoch Realität in den Führungsebenen der Mitgliederverbände und der EEF wolle geschlechtsspezifische Diversität vorantreiben.

Keine Macht

Ein valider Kritikpunkt ist die fehlende Durchsetzungsfähigkeit des Verbandes. Matthews führte aus, dass die Teams und Publisher, aber auch Turnierveranstalter, fast alle Macht im eSport haben - was Sport und Politik außerdem immer wieder kritisieren. Der EFF wird der Szene daher keine Regeln aufdrücken können und ist auch nur bedingt in der Lage, sie in Gesprächen mit der Politik zu repräsentieren. Das beanstandete unter anderem Chaloner: "Sie können nicht einfach einen Verband oder eine Vereinigung gründen ohne Einbeziehung der IP-Rechteinhaber der Spiele. So sind sie fast machtlos." Große Reformen, wie sie beispielsweise eine UEFA durchsetzt, kann man von dem Verband daher nicht erwarten.

Nur falsch verstanden?

Als Reaktion auf den öffentlichen Ausbruch meldete sich EFF-Präsident Jagnow zu Wort. Er gestand ein, dass die Ziele und selbst gestellten Aufgaben des Verbandes nicht gut genug vermittelt wurden. Die EFF will vor allem Ansprechpartner sein für die europäische Politik und andere internationale Verbände, bei denen häufig noch Verständnis für den eSport fehlt. Im Fokus des EFF soll zudem der Austausch und die Harmonisierung von Regeln unter den Mitgliederverbänden stehen sowie der Anstoß zu europaweiten Projekten. Ferner setzt der Verband eher auf einer unteren Ebene an, bei kleinen eSport-Organisationen und dem Breitensport. Das wird international noch an vielen Stellen vernachlässigt, entsprechend hilfreich können Initiativen des EFF sein.

Generell ist der Gedanke eines europäischen Verbandes richtig, um den eSport zu bündeln und gemeinsam voranzuschreiten. Ob der EFF damit Erfolg hat oder an Problemen wie der fehlenden Durchsetzungsfähigkeit scheitert, kann aber nur die Zeit zeigen. Der Auftakt des Verbandes war zumindest holprig.

Christian Mittweg