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Mobilität der Zukunft: Von allem nur das Beste

Verkehrsmittel intelligent vernetzt - Rundum-Sorglos-Paket

Mobilität der Zukunft: Von allem nur das Beste

Aus einer Hand: "MaaS" übernimmt Routenplanung, Bezahlung, Buchung und die Auswahl der jeweils idealen Verkehrsmittel.

Aus einer Hand: "MaaS" übernimmt Routenplanung, Bezahlung, Buchung und die Auswahl der jeweils idealen Verkehrsmittel. Honda, ZF, stux/pixabay, Free Photos/pixabay

Mobil zu sein ist ein Grundbedürfnis des Menschen. Wer wissen möchte, wie stark eine eingeschränkte Mobilität die persönliche Lebensqualität beeinträchtigt, muss nur Senioren befragen, die plötzlich nicht mehr Auto fahren können. Oder andere Mitmenschen, die - sei es wegen einer Verletzung, sei es wegen unrühmlichen Führerscheinverlusts - für bestimmte Zeit auf das Auto verzichten müssen.

Mobil sein will der Mensch also. Doch wie soll das in Zukunft aussehen? Nach Daten der Vereinten Nationen wird der Anteil jener Menschen, die in Städten leben, bis 2030 auf 60 Prozent steigen. Die Citys dürften also noch mehr als bisher im Dauerstau ersticken, hinzu kommen die nicht wegzudiskutierenden Belastungen für Umwelt und Klima.

Verkehrsmittel bedarfsgerecht vernetzt

Mobil sein will der Mensch aber auf möglichst bequeme Weise. Weite Fußmärsche zu Bushaltestellen und langes Warten an zugigen Bahnsteigen passen da nicht ins Bild. In Zukunftsszenarien spielt deshalb ein Ansatz namens "MaaS" eine wichtige Rolle. MaaS ist die Abkürzung für "Mobility as a Service" und meint ein System, das die verschiedensten Verkehrsmittel intelligent und vor allem bedarfsgerecht miteinander vernetzt.

Erwartungsgemäß ist dabei eine Smartphone-App unerlässlich. Sie übernimmt die komplette Routenplanung und organisiert dabei den idealen Mix aus verschiedenen Verkehrsmitteln und Verkehrsangeboten - "Öffentliche" wie Busse und Bahnen gehören ebenso dazu wie private Fahrrad- oder E-Scooter-Verleiher, wie Taxis, Carsharing- oder Mitfahrdienste. In einer ferneren Zukunft sollen auch autonome Shuttles oder Robo-Taxis eingebunden werden.

Von Buchung bis Bezahlung

Ein Trip könnte dann so aussehen, dass der Nutzer sich per Fahrdienst zum Bahnhof transportieren lässt, dort in den Zug umsteigt und schließlich mit Rad oder E-Scooter ans endgültige Ziel fährt. Dabei muss er sich weder um Buchung noch um Bezahlung oder um die Wahl des passenden Anbieters kümmern. Wer es ganz bequem haben möchte - oder muss, weil er einer körperlichen Einschränkung unterliegt -, bestellt per App einen "Ride-Hailer", der ihn an der Haustür abholt und direkt zum Einkaufszentrum, zum Arzt oder zur besten Freundin bringt. Dabei muss er sich weder um die Buchung noch um die Bezahlung oder die Wahl des passenden Anbieters kümmern, sondern bekommt ein ganzheitliches Produkt geboten - so etwas wie ein Rundum-Sorglos-Paket in Sachen Mobilität.

Auch das Auto bleibt dabei nicht außen vor. Nur sein Status ändert sich: Hagen Heubach beispielsweise, Director Industry Business Unit Automotive beim Softwarekonzern SAP, geht davon aus, dass das Auto auch in Zukunft ein "emotionaler Artikel" bleiben wird. Nur gehören werde es seinem Nutzer nicht mehr, der sich damit gleichzeitig auch von einem gewissen Ballast (Parkplatzsuche, Wartung etc.) befreit.

Weiterer Vorteil, wenn auch das Auto in ein bedarfsgerechtes System eingebunden ist: Aus einem großen Pool könnte sich der mobile Mensch heute ein kleines Elektro-Auto für die Stadt holen, morgen ein schickes Cabrio für den Sonntagsausflug und übermorgen einen Allrad-Kombi für den Winterurlaub.

Bedarfsgerechte Mobilitätspakete

Softwareentwicklern wie SAP kommt die Aufgabe zu, die passenden Plattformen für bedarfsgerechte Mobilitätspakete zu entwickeln. Das Thema "MaaS" beschäftigt weltweit nicht nur Start-ups und Verkehrsbetriebe, sondern auch Automobilhersteller. Wie wichtig das Thema genommen wird, dokumentiert die Brüsseler "MaaS-Alliance", in der sich unter anderem der Bahntechnik-Anbieter Alstom, die Hamburger Hochbahn, der internationale Automobilverband FiA, der Fahrdienstleister Uber, Siemens, der Zulieferer ZF und Städte wie Helsinki oder Mailand tummeln.

Ansätze für MaaS gibt es bereits: Mit Hilfe der Mobilitäts-App "Jelbi" beispielsweise lassen sich in Berlin Angebote vom E-Tretroller über den Shuttle-Service bis hin zu Bussen und Bahnen kombinieren, und in Helsinki, den britischen West-Midlands, Antwerpen und Wien dient sich die Reiseplanungs-App "Whim" an, über die Nutzer teilweise auch Flatrates abschließen können.

Es bleiben Fragen

Die Befürworter von MaaS versprechen sich von der bequemen Kombination aus öffentlichen und privaten Verkehrsangeboten weniger Staus, weniger Umweltbelastung und weniger Stress für die Verkehrsteilnehmer. Aber es gibt auch Fragezeichen: Werden Radler oder Bus-Pendler nicht aufs Auto umsteigen, wenn es doch so bequem ist, sich einen Ride-Hailer an die Haustür zu bestellen? Und werden gerade autonome Shuttles, in denen man sich die Zeit mit Arbeiten oder Filme-Gucken vertreiben kann, nicht Anreize für zusätzliche Fahrten schaffen?

So haben es zumindest Forscher der School for Environment and Sustainability der Universität Michigan skizziert. Und auch eine Studie des Beratungsunternehmens Boston Consulting Group und des World Economic Forums hat ergeben, dass durch permanent in Umlauf befindliche Robo-Autos sogar noch mehr Verkehr als bislang entstehen könnte.

Ulla Ellmer