Handball

Nach EM-Sieg gegen Österreich: Diskussionen um Prokop

Sportvorstand Kromer findet deutliche Worte zum deutschen Kader

Diskussionen um Prokop: "Ich finde das völlig überflüssig"

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"Genießen konnte ich vielleicht die letzten zehn Minuten, das war mental schon eine große Herausforderung", erklärte Prokop nach dem Spielende am Mikrofon der "ARD". Kurz zuvor hatte seine Mannschaft die zum "Charaktertest" deklarierte EM-Partie gegen Österreich klar und deutlich gewonnen. Um die ein oder andere unangenehme Frage kam Prokop allerdings trotzdem nicht herum.

Deutschlands Coach hatte vor Turnierbeginn den Einzug in das Halbfinale als klares Ziel formuliert, erwischte der DHB doch bei der Auslosung den vermeintlich einfacheren Weg über Trondheim und Wien Richtung Stockholm - so die einschlägige Meinung. Worte an denen sich Prokop nach den beiden Niederlagen gegen Spanien (26:33) und Kroatien (24:25) und dem daraus resultierenden vorzeitigen Verpassen der Vorschlussrunde nun messen lassen muss. Daran änderte auch das Österreich-Spiel nichts.

Prokop: "Ist das der Maßstab?"

"Ich finde das völlig überflüssig. Wir haben gegen Kroatien nach einem Riesenkampf mit einem Tor verloren. Ist das in Deutschland der Maßstab, dass dann der Trainer infrage gestellt wird, wenn man Kroatien nicht schlägt?", fragte Prokop mit finsterer Miene. Wenn es so wäre, müsse er das hinnehmen, sagte der 41-Jährige. Er glaube das aber nicht. "Man sollte den Maßstab entwickeln, wie spielt diese Mannschaft, welches Gefühl gibt sie dem Publikum und sich selber, wie kämpft sie um die Bälle und wie entwickelt sie sich weiter. Da war das heute ein wichtiges Spiel", sagte Prokop.

Rückendeckung von Hanning und Kastening

Rückendeckung erhielt Prokop von DHB-Vizepräsident Bob Hanning. "Ich habe den Trainer nie öffentlich infrage gestellt. Und die Mannschaft konnte immer mit dem Trainer", sagte Hanning. Er habe nach der verpassten Medaille gefordert, dass Mannschaft und Trainer zusammen ein gutes Turnier spielen und sich entsprechend präsentieren. "Wir wollten die Leidenschaft und den Willen sehen, um Platz fünf zu spielen", so Hanning. Dies habe das gesamte Team umgesetzt. Zustimmung für den Bundestrainer gab es auch von Timo Kastening, der mit sechs Treffern erneut Deutschlands bester Torschütze war: "Wir wollten heute zeigen, dass der große Bruder stärker ist, daran haben alle ihren Anteil - auch der Trainer."

Unser Kader stellt derzeit in der Breite keine absolute Weltklasse dar.

Axel Kromer

Während Prokop auf die Frage, warum es bei der EM nicht für die angepeilte Medaille gereicht hat, die kurzfristigen Ausfälle von Leistungsträgern wie Fabian Wiede (Schulter-OP) oder Steffen Weinhold (Fußverletzung) als Grund nannte, fand DHB-Sportvorstand Axel Kromer eine andere Erklärung. "Unser Kader stellt derzeit in der Breite keine absolute Weltklasse dar", so Kromer. Einen Domagoj Duvnjak (THW Kiel) oder Luca Cindric (FC Barcelona) wie beim Hauptrundengenger Kroatien vermisst man beim DHB jedoch bereits längere Zeit.

Prokop will die EM nutzen

Dabei hatte man vor Jahren das große Ziel "Olympia-Gold 2020" ausgerufen, von dem weiterhin nicht abgerückt werden soll. Für die Olympischen Spiele im Sommer in Tokio gilt es sich aber erst noch zu qualifizieren. Die letzten beiden EM-Spiele dienen Prokop dazu als Vorbereitung. "Denn vor der Quali im April haben wir sonst nur noch einen Test gegen die Niederlande."

tow/dpa