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Auch der Fußball verkauft seine Seele - Kommentar nach der Leichtathletik-WM in Katar

Ein Kommentar von Frank Lußem

Auch der Fußball verkauft seine Seele

Erschöpfte Marathonläuferin, kaum Zuschauer - was wird die Fußball-WM unter leitung von FIFA-Boss Giovanni Infantino bringen?

Erschöpfte Marathonläuferin, kaum Zuschauer - was wird die Fußball-WM unter leitung von FIFA-Boss Giovanni Infantino bringen?

Am Ende sagte Sebastian Coe tatsächlich das Unsagbare. Die "beste Weltmeisterschaft aller Zeiten" sei dies gewesen, fabulierte der Präsident des Leichtathletik-Weltverbandes in Katar und trieb damit allen Romantikern des Sports die Tränen der Wut in die Augen. Leere Ränge, verschobene Zeremonien aufgrund des Desinteresses, kollabierende Athleten - all dies schob Coe weg, pries die Leistungen der Sportler. Leistungen übrigens, die hier und da unter Verdacht stehen. Leistungen, die im Übrigen jedes Großereignis bietet.

Die Leichtathletik-WM in Doha liefert für Wettbewerbe außerhalb des Stadions inakzeptable klimatische Voraussetzungen. Lauflegende Haile Gebreselassie sagt: "Menschen, die bei diesen Bedingungen laufen, hätten sterben können."

Menschen, die bei diesen Bedingungen laufen, hätten sterben können.

Haile Gebreselassie

Der Sport leidet. Vergangene Weltmeisterschaften boten rauschende Feste. In Katar sah man zu Medaillen-Maschinen degradierte Sportler, die am schönsten Tag ihres Lebens leeren Sitzschalen zujubelten. Atmosphäre? Null!

Diese WM-Vergabe geschah - natürlich - vorbei an Fans und Profis

Wir dürfen jede Wette darauf eingehen, dass FIFA-Boss Gianni Infantino in drei Jahren Coes Worte wiederholen wird. Korruptionsverdacht hin, Fan-Feindlichkeit her. Unter welchen Umständen die WM 2022 in den Mini-Staat vergeben wurde, ist längst egal. Das Schicksal der Bausklaven wird totgeschwiegen. Der Fußball verkauft seine Seele an den Meistbietenden.

Das Marketing Katars steht im Mittelpunkt, heute wie in drei Jahren. Doch darf alleine das Geld darüber entscheiden, wo sportliche Großereignisse stattfinden? Muss es wirklich ein politisch isolierter Klein-Staat sein, der nichts zu bieten hat außer Geld und futuristischen Sportstätten? Fußball-Kultur? Tradition? Fehlanzeige. Diese WM-Vergabe geschah - natürlich - vorbei an Fans und Profis. Hoffen wir, dass es die letzte dieser Art ist.

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