Regionalliga

VfB Lübeck feiert hundertjähriges Jubiläum

Pokalsensationen, Insolvenzanträge, Begeisterung

VfB Lübeck feiert hundertjähriges Jubiläum

Der VfB Lübeck feiert in diesem Jahr sein hundertjähriges Jubiläum.

Der VfB Lübeck feiert in diesem Jahr sein hundertjähriges Jubiläum. imago images

Es war eines der Highlights der jüngsten Vergangenheit: In der ersten Runde des DFB-Pokals hatte der VfB Lübeck den namhaften FC St. Pauli am Rande einer Niederlage, erst im Elfmeterschießen konnte sich der Zweitligist durchsetzen. Der gebürtige Lübecker Marvin Thiel baute dabei die zwischenzeitliche 1:0-Führung des Regionalligisten weiter aus - ein besonderes Tor für den 24-Jährigen, dessen Vater ein großer Anhänger des VfB ist.

"Begeisterung ohne Ende"

Der VfB Lübeck, der sich 1919 als "Ballspielverein Vorwärts" aus dem losen Verband des Straßenfußballklubs "Hansa" gründete, war der erste schleswig-holsteinische Profiklub, der in der eingleisigen 2. Bundesliga spielte. Nach dem 6:0-Sieg gegen die TuS Hoisdorf im Juni 1995 stieg der Verein erstmals in die 2. Bundesliga auf, doch bereits 32 Jahre zuvor klopfte der VfB am Tor der Bundesliga an. Zum 50-jährigen Jubiläum verpasste Lübeck, das zuvor eine beachtliche Siegesserie hingelegt hatte, den Einzug ins deutsche Fußball-Oberhaus.

Erst im letzten Spiel der damaligen Aufstiegsrunde konnte das Team seinen ersten Punkt beim 4:4 gegen Hertha Zehlendorf Berlin ergattern. Manuel Kwiatkowski, der in der Nähe der Heimspielstätte aufwuchs und mittlerweile hauptamtlich für das Fanprojekt des Vereins aktiv ist, blickte in einem "NDR"-Beitrag auf die dennoch herrschende Euphorie zurück: "Der Bahnhofplatz, die Empfangshalle, bis runter zum Lindenplatz war alles voll mit Menschen, das war eine Begeisterung ohne Ende."

Thomas Timm

2008: Beiratsmitglied Thomas Timm präsentierte bei der Pressekonferenz das mögliche Retterkonto. imago images

Zwei Insolvenzanträge

Obwohl der VfB letztendlich scheiterte, bleibt jenes Ereignis ebenso in Erinnerung der Spieler, Trainer und Fans wie der Aufstieg 1993 in die Oberliga Nord und der 3:1-Sieg gegen den Hamburger SV im Jahr 1958. Auch im Pokal reihen sich zahlreiche legendäre Duelle in die Geschichte ein: 2004 verpasste der VfB gegen den späteren Turniersieger SV Werder Bremen (2:3 n.V.) den Einzug ins Finale, 2009 besiegte der Regionalligist den Bundesliga-Aufsteiger 1. FSV Mainz 05, in der zweiten Runde schnupperte er in der Verlängerung gegen Champions-League-Teilnehmer Stuttgart an der Sensation.

Doch auch Krisen und Tiefen musste der Klub durchleben, allen voran finanzielle Probleme in der jüngeren Vergangenheit: 2008 und 2012 stellte der VfB Lübeck einen Insolvenzantrag, es drohte eine Zwangs-Auflösung, der Traditionsverein stand mit einer Last von über 500.000 Euro vor dem Abgrund. Für Kwiatkowski persönlich war jene Phase, "in der es darum ging, ob der Verein aus dem Vereinsregister gelöscht wird und ob es ihn noch weiter gibt, die schlimmste Zeit", die letzten Endes einzig dank Fanaktionen und Sponsorenhilfe durch eine Abwendung der Insolvenz beendet werden konnte.

Mit Hecking zurück auf die bundesweite Fußball-Bühne

Sportlich befand sich Lübeck zu jener Zeit in der Regionalliga Nord, nachdem es 2004 aus der 2. Bundesliga abgestiegen war. Der damalige Trainer hat sich in den vergangenen Jahren unter anderem beim VfL Wolfsburg und Borussia Mönchengladbach einen Namen gemacht: Dieter Hecking übernahm im März 2001 die Grünweißen von seinem jetzigen Co-Trainer Dirk Bremser und führte sie 2002 in die 2. Bundesliga sowie 2004 ins DFB-Pokal-Halbfinale. Am letzten Spieltag der Saison 2003/04 stieg der Verein in die Regionalliga ab, Hecking erklärte seinen Rücktritt. Hinsichtlich der Trainerhistorie gilt es zudem Heinz Höher zu erwähnen: Der mittlerweile 81-Jährige legte 1996 nach genau einem Arbeitstag sein Amt nieder aus gesundheitlichen Gründen.

Sami Khedira, Moritz Marheineke

2009: Moritz Marheineke im Zweikampf mit Sami Khedira in der zweiten Runde des DFB-Pokals. imago images

Jene Anekdote ist eine der vielen Geschichten, die einen Verein schlussendlich ebenso ausmachen wie legendäre Spieler. Dazu zählen beispielsweise Jürgen Brinckmann, Moritz 'Lui' Marheineke oder Holger Behnert, die allesamt im neu gestalteten Kabinentrakt verewigt sind, aber auch Karl Wenzel. Der trickreiche Stürmer, der von den englischen Soldaten bei den Partien am Kasernenhof mit "Blondi, Blondi" bejubelt wurde, war es, der die Idee für die neue Klubbezeichnung hervorbrachte. Mit "Verein für Bewegungsspiele" wurde der Rechtsnachfolger des 1933 von den Nationalsozialisten verbotenen BSV Vorwärts getauft - dem Namen, dessen Abkürzung auch am Mittwoch auf den Trikots der Grünweißen steht.

"Ein Fest für jeden, der Fußball liebt"

Wie in der Vorsaison ist die Partie zwischen dem VfL Wolfsburg II und dem VfB Lübeck das Duell zweier Aufstiegsfavoriten, ein Spitzenspiel unter Flutlicht, bei dem in diesem Jahr die Historie des Klubs zelebriert werden soll. Im Interview mit den "Lübecker Nachrichten" kündigte Sportvorstand Stefan Schnoor an: "Das muss ein Fest werden für jeden, der Fußball liebt." Des Anlasses entsprechend plant Kwiatkowski mit anderen Fans eine Ausstellung. Thiel wünscht sich, dass am Ende der Saison ein weiteres Relikt der Lübecker Triumphe darin präsentiert werden kann, nämlich "eine Plakette mit der Aufschrift 'Herzlichen Glückwunsch zur Meisterschaft in der Regionalliga Nord'". Es wäre der 34. Spielklassenwechsel in 100 Jahren.

kon