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Graffiti und Dauerkartenboykott: Rayos Fans protestieren

Klubchef Presa im Kreuzfeuer der Kritik

Graffiti und Dauerkartenboykott: Rayos Fans protestieren

Präsident mit Pinocchio-Nase: Die Fans haben längst genug von Raul Martin Presa.

Präsident mit Pinocchio-Nase: Die Fans haben längst genug von Raul Martin Presa. Getty Images

2016 abgestiegen, 2018 aufgestiegen, 2019 abgestiegen: Rayo Vallecano bleibt eine Fahrstuhlmannschaft. Aber keine gewöhnliche: Der arme, aber stolze Verein protestiert mal wieder aus vollen Rohren. Die Fans weigern sich aktuell, ihre Dauerkarten zu verlängern, Demonstrationen gegen die Klubführung bei den Heimspielen inklusive. Und das hat gute Gründe.

In erster Linie geht es um die Dauerkartenpreise. Im Vergleich zur letzten Saison in der 2. Liga, also 2017/18, sind sie zwischen 20 und 77 Prozent angestiegen. Richtig auf die Palme brachte die linksorientierte Anhängerschaft aber die Tatsache, dass die Preise in den Sektionen für körperlich behinderte Menschen dabei um 50 bis 70 Prozent angehoben wurden. Damit kommt man in Vallecas einfach nicht durch.

"Presa, vete ya"

Raul Martin Presa schon gar nicht. Der damalige Jungunternehmer hatte den Klub im Jahr 2011 übernommen, galt zunächst als Heilsbringer. Doch inzwischen wollen ihn die Fans zum Teufel jagen. Via Graffitis rund um das Stadion wird der Klubboss deutlichst aufgefordert, doch bitte endlich das Weite zu suchen. Zudem haben die Fans die bei weitem geringeren Preise für Dauerkarten anderer Zweitligaklubs an die Wände gesprayt. Im Fanblock wird schon seit Jahren "Presa, vete ya" ("Presa, hau ab") skandiert - auch wegen des maroden Stadions, das in der vergangenen Saison zwischenzeitlich seine Pforten schließen musste.

Freunde macht sich Presa schon lange keine mehr, und in jüngerer Vergangenheit erst recht nicht. Im März 2019 wurde Trainer Michel vor die Tür gesetzt, der langjährige Kapitän und Coach bei Rayo genoss trotz der akuten Abstiegsgefahr die Rückendeckung der Fans. Er musste dennoch gehen - und hat nun auch noch seinen Herzensverein wegen ausstehender Gehälter verklagt. Verantwortlich für die Eskalation ist für die Anhängerschaft: natürlich Presa.

Frauenfußball als Streitpunkt

Dass der Haussegen im Nachbarschaftsverein inzwischen schiefer denn je hängt, liegt auch an Presas Umgang mit dem Frauenfußball. In dem ist Rayo nämlich äußerst erfolgreich, die Damenmannschaft war sogar schon einmal in der Champions League vertreten. Dementsprechend interessiert ist die Anhängerschaft an deren Spielen. Doch bei Rayo kosten die Partien inzwischen einen Aufpreis von 50 bis 60 Euro. In Spanien ungewöhnlich. Normalerweise bekommt man dort mit einer Dauerkarte Zutritt zu den Heimbegegnungen beider Mannschaften.

Natalia Pablos ärgert das maßlos. Die Vereinslegende von Rayo Femenino wittert sogar eine Verschwörung. Die Preise seien "übertrieben", Presa wolle damit dem Frauenfußball schaden. "Er versucht zu zeigen, dass sich die Leute nicht für Frauenfußball interessieren", sagte sie in einem Interview mit der Fansite "Pasion por el Rayo". "Die Wahrheit ist, dass das Team eine Menge Einnahmen bringt, aber er so wenig wie möglich dafür investieren will."

Presa möchte das Geld offensichtlich in die Männermannschaft stecken. Rayo hat als Absteiger ja auch gute Chancen, vorne wieder mitzuspielen. Die ersten beiden Mannschaften steigen direkt auf, für die Teams von Platz drei bis sechs geht es in Playoffs. Doch würden für diese Spiele eigentlich die Dauerkarten zählen? Das weiß aktuell niemand. Viele vermuten aber, dass dies nicht der Fall sein wird. Denn welcher Rayo-Fan würde sein Team ausgerechnet in den Aufstiegsspielen im Stich lassen? Nicht nochmal extra Zahlen für die Spiele, in denen es um alles geht? Man fühlt sich auch in dieser Hinsicht schlicht und einfach verkohlt in Vallecas.

Klubführung "will nur über Zahlen sprechen"

"Friedensgespräche" zwischen Fangruppierungen und der Klubführung haben bereits stattgefunden, konnten aber die Wogen bislang nicht glätten. Via Twitter gab die Fangruppierung das Ergebnis Mitte Juli bekannt. "Wir fassen das Meeting in einem Wort zusammen: NICHTS." Der Klub habe nur über die Dauerkartenproblematik reden wollen. "Wir wollten über Werte, Gefühle, Geschichten, Kinder, behinderte Fans und das Frauenteam sprechen. Sie nur über Zahlen."

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