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Baumjohann: "Die Wohnung war schon gekündigt"

Wahl-Australier über seinen Wechsel innerhalb Sydneys, Ziele und Zukunft

Baumjohann: "Die Wohnung war schon gekündigt"

Künftig für Sydney FC am Ball: Alexander Baumjohann.

Künftig für Sydney FC am Ball: Alexander Baumjohann. imago images

Am Donnerstag beginnt für Baumjohann und Sydney FC die Saisonvorbereitung. Im kicker spricht der frühere Bundesliga-Profi (Schalke, Gladbach, Bayern, Kaiserslautern, Hertha) über die enttäuschende Saison unter Markus Babbel bei den Western Sydney Wanderers, den Blitz-Wechsel innerhalb der Stadt, das Niveau der A-League - und darüber, warum er noch lange nicht ans Karriere-Ende denkt.

Nach einer Saison bei den Western Sydney Wanderers wechseln Sie jetzt zum Lokalrivalen Sydney FC. Haben Sie sich vor einem Jahr den falschen Klub in Sydney ausgesucht, Herr Baumjohann?

(lacht) Ich freue mich unglaublich auf die neue Aufgabe. Sydney FC ist der größte Klub Australiens, war in den vergangenen drei Jahren zweimal Meister und hat in der A-League den individuell stärksten Kader. Ich glaube, dass ich ganz gut ins Team passe. Das Jahr bei den Western Sydney Wanderers war eine Enttäuschung für alle im Klub. Wir wollten oben mitspielen, aber sind nie richtig in Schwung gekommen.

Am Ende wurde die Mannschaft von Trainer Markus Babbel Achter der A-League.

Der Kader wurde aus meiner Sicht vor der Saison etwas überschätzt. Ganz klar: Ich hatte mir das anders vorgestellt. Ich habe bei meinem Wechsel von Brasilien nach Australien im vergangenen Jahr gesagt, dass ich in der A-League Spuren hinterlassen will. Das bleibt mein Ziel. Ich will Titel gewinnen, das ist mein Anspruch. Und mit Sydney FC stehen die Chancen dafür sehr gut.

Die Zeichen standen ganz klar auf Abschied

Alle hatten mit Ihrem Abschied aus Australien gerechnet. Wie kam es zur Wende?

Meine Frau und ich hatten unsere Wohnung in Sydney schon gekündigt und unsere Töchter aus der Schule abgemeldet. Es gab ein paar sehr konkrete Optionen für mich im asiatischen Raum. Bis Ende Juni wollte ich eine Entscheidung treffen. Dann rief mich vor zwei Wochen Steve Corica, der Trainer von Sydney FC, an. Wir haben uns getroffen. Er hat gesagt, was er sich vorstellt und warum er mich gern verpflichten würde. Wir hatten während der Saison immer mal wieder Kontakt, aber die Entwicklung und das Angebot kamen auch für mich überraschend. Ich bin sehr happy darüber.

Ich erwarte einen heißen Empfang und eine Menge Pfiffe für mich, aber das ist okay.

Alexander Baumjohann über eine Rückkehr an seine alte Wirkungsstätte

Die beiden Sydney-Klubs pflegen eine große Rivalität. Worauf müssen Sie sich in der neuen Saison bei Ihrer Rückkehr an die alte Wirkungsstätte einstellen?

Es wird sicher hitzig. Ich erwarte einen heißen Empfang und eine Menge Pfiffe für mich, aber das ist okay. Mein Verhältnis zu den Fans der Western Sydney Wanderers war immer gut. Fakt ist aber auch: Am Ende gab es keine Bemühungen des Klubs, mich zu halten. Die Rivalität zwischen beiden Vereinen ist enorm. In der letzten Saison gab es vier Derbys.

In einem davon schossen Sie gegen Ihren neuen Klub ein Tor. Was erhoffen Sie sich fußballerisch von dem Wechsel?

Sydney FC stand immer für attraktiven, offensiven Fußball und hatte immer gute Zehner. Alessandro del Piero hat hier zwei Jahre gespielt (von 2012 bis 2014, d. Red.), auch mein neuer Trainer Steve Corica war hier lange im offensiven Mittelfeld eine feste Größe. Er denkt auch als Trainer offensiv: mit Viererkette, zwei Sechsern, zwei Zehnern und zwei Spitzen. Auf der Zehn sollen Milos Ninkovic (28 Länderspiele für Serbien, spielte von 2004 bis 2013 bei Dynamo Kiew, d. Red.) und ich spielen. Und vorn haben wir mit dem Engländer Adam Le Fondre und Kosta Barbarouses zwei der besten Stürmer der Liga. Barbarouses wurde gerade von Melbourne Victory geholt. Mit ihm und mir ist der Kader nochmal stärker geworden.

Ein ähnlicher Anspruch wie beim FC Bayern

Was sind die Ziele in der neuen Saison?

Das ist ein ähnlicher Anspruch wie beim FC Bayern in Deutschland: Wir wollen die Meisterschaft verteidigen und den Cup gewinnen - und in der AFC, der asiatischen Champions League, will der Verein zum ersten Mal die Gruppenphase überstehen.

Wieviel Luft nach oben haben Sie persönlich nach Ihrem Premieren-Jahr in Australien?

Luft nach oben ist immer, aber meine erste Saison war nicht schlecht. Ich kenne jetzt die Liga, die Abläufe, die Stadien, die Teams - davon werde ich im zweiten Jahr in der A-League profitieren.

Wie gut ist die Liga sportlich?

Sie ist auf einem ganz guten Weg, finde ich. Ich dachte anfangs, dass durch die britischen Einflüsse der Fußball in der A-League eher physisch geprägt ist. Das ist aber nicht so. Das Technische steht im Vordergrund.

Markus Babbel und Alexander Baumjohann

"Zwischen uns ist alles in Ordnung": Alexander Baumjohann über Ex-Coach Markus Babbel. imago images

Hat Ihr Verhältnis zu Markus Babbel durch das schwache Abschneiden des Teams und Ihren Weggang zum Stadtrivalen Schaden genommen?

Überhaupt nicht. Er hat mir gestern gratuliert zum neuen Vertrag. Zwischen uns ist alles in Ordnung.

Sie sind jetzt 32 und haben einen Vertrag bis 2021 unterschrieben. Wie viele Profi-Jahre haben Sie noch im Tank?

Körperlich fühle ich mich sehr gut. Ich habe immer gesagt, dass ich die beiden Jahre, die ich durch die zwei Kreuzbandrisse in meiner Zeit in Deutschland verloren habe, hinten dranhänge. Das Knie ist in Ordnung, ich habe noch einige gute Jahre in mir. Einer der Top-Spieler der A-League, Diego Castro von Perth Glory, ist 37. Mit 36, 37 noch zu spielen, das könnte ich mir auch für mich vorstellen. Aber jetzt will ich erstmal hart arbeiten, um gut in die Saison zu starten. Am Donnerstag beginnt die Vorbereitung. Ich kann es kaum erwarten, hier loszulegen.

Interview: Steffen Rohr