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Marozsan sehe ich als weltweit beste Spielerin

WM-Kolumne von Steffi Jones

Marozsan sehe ich als weltweit beste Spielerin

Steffi Jones

Steffi Jones imago images/kicker

Unter Horst Hrubesch und jetzt auch unter der neuen Bundestrainerin Martina Voss-Tecklenburg zeigt die deutsche Mannschaft große Spielfreude. Sie hat Bock auf das Turnier und geht mit viel Selbstvertrauen rein. Das Chile-Spiel (2:0) hat gezeigt, dass es um den Feinschliff ging und das Team gut gerüstet ist für die WM.

Von einem Neuaufbau würde ich nicht sprechen. Schon nach Olympia wurde ein Umbruch eingeleitet, es sind jedoch immer noch genug erfahrene Spielerinnen da. Schult, Popp, Marozsan, Däbritz, Huth, Leupolz, Gößling - sie alle werden gebraucht und sind auch die, die Verantwortung übernehmen müssen und führen werden. Und in schwierigen Phasen die Leuchttürme sein müssen. Dabei lässt es sich nicht vermeiden, dass vielleicht nicht alle auf Top-Niveau anreisen. Dafür gibt es verschiedene Gründe und es sollte nicht entscheidend sein für die WM. Die Bundestrainerin hat sich entschieden und man nimmt wichtige Spielerinnen auch dann mit, wenn man weiß, dass sie erst in der K.-o.-Phase fit sein könnten.

Popps Wille und Däbritz' Spielintelligenz - Gwinn wird es packen

Einige Spielerinnen aus dem DFB-Team können durchaus zu einem Star dieser WM werden. Neben Dzsenifer Marozsan, die ich sowieso als weltweit beste Spielerin sehe, insbesondere Alexandra Popp, die bei der EM leider verletzt war. Sie zeigt unglaublichen Kampfgeist, Willen und Zweikampfstärke, haut sich immer für die Mannschaft rein und treibt mit an. Ich traue ihr zu, dass sie ihre Tore macht. Auch Sara Däbritz sehe ich als ganz wichtige Spielerin an. Sie hat eine Wahnsinnsqualität, gewinnt im Mittelfeld viele Zweikämpfe und hat unglaubliche Spielintelligenz.

Ich finde es gut, dass Martina Voss-Tecklenburg auch drei ganz junge Spielerinnen mitgenommen hat. Giulia Gwinn hatte ich damals auch schon dabei, die anderen beiden hatte ich auf dem Schirm. Giulia hat als Rechtsverteidigerin die Nase vorn, sie hat in allen Einsätzen für die Nationalmannschaft überzeugt und wird das packen. Vieles deutet darauf hin, dass sie ihre Einsätze bekommen wird. Klara Bühl war in den U-Nationalteams Leistungsträgerin, aber die Konkurrenz in der Offensive ist groß. Lena Oberdorf ist mit 17 Jahren die jüngste, sie kann reinschnuppern und spielt unbeeindruckt mit. Es ist schön, dass wir guten Nachwuchs haben, die Trainer im Junioren-Bereich leisten sehr gute Arbeit.

Prinz konnte mit Druck umgehen wie keine andere

Wie weit kann es gehen für das Team? Das Erreichen des Halbfinals ist natürlich möglich, realistisch ist angesichts der Leistungsdichte aber auch, dass schon früh in der K.-o.-Phase jeder jeden schlagen kann. Es wird sehr auf den Turnierverlauf ankommen - neben den fußballerischen Fähigkeiten. Andere Faktoren spielen immer eine Rolle, ich wünsche dem Team einfach einen optimalen Verlauf. Als in sich gewachsene Mannschaft kann sie die K.-o.-Spiele leichter positiv gestalten - und dann ist alles möglich.

In diesem Zusammenhang ist Ex-Nationalspielerin Birgit Prinz als Psychologin vor Ort ideal geeignet, um die Spielerinnen zu unterstützen - wenn es nötig ist. Sie ist kompetent und hat eine beeindruckende Karriere vorzuweisen, konnte mit Druck umgehen wie keine andere. Ich rate den Spielerinnen: Lasst euch von ihr helfen, wenn ihr das braucht! Es wird die Mannschaft weiterbringen.

Ein positiver Aspekt am Rande des Spielfeldes fällt mir noch ein. Unsere vier TV-Expertinnen Nia Künzer, Kim Kulig, Lira Alushi und Celia Sasic - alles ehemalige Nationalspielerinnen - können den Zuschauern vieles mitgeben. Sie sind nah dran und kommen sehr natürlich rüber. Auch darauf freue ich mich.

Steffi Jones (46) war zwischen 1993 und 2007 Nationalspielerin (111 Einsätze), nach ihrer Karriere Präsidentin des Organisationskomitees bei der WM 2011 in Deutschland und zwischen 2016 und 2018 Bundestrainerin der Frauen-Nationalmannschaft. Seit Mai arbeitet die gebürtige Frankfurterin für ein Gelsenkirchener IT-Unternehmen. Sie ist zudem Co-Trainerin der Frauen-Mannschaft des SSV Buer und schaffte jüngst mit fünf Siegen in den letzten sechs Spielen den Klassenerhalt in der Landesliga.

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