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19.000 feiern mit: Handball-Legende Joachim Deckarm wird 65

Schweres Unglück im Jahr 1979 nahm ihm nicht den Mut

19.000 feiern mit: Handball-Legende Joachim Deckarm wird 65

Den Lebensmut nie verloren: Joachim Deckarm erwartet am Samstag eine Riesensause.

Den Lebensmut nie verloren: Joachim Deckarm erwartet am Samstag eine Riesensause. imago

Seinen 65. Geburtstag feiert Joachim Deckarm in ganz großer Runde. 19.000 Menschen werden dem Handball-Weltmeister von 1978, der seit einem tragischen Sportunfall vor knapp 40 Jahren auf Pflege angewiesen ist, an diesem Samstag beim ersten WM-Hauptrundenspiel der DHB-Auswahl in Köln einen herzlichen Empfang bereiten. "Ich werde vorher noch mit einem Friseur zu ihm gehen, damit er gut aussieht", sagte Deckarms einstiger Teamkollege und langjähriger Freund Heiner Brand der Deutschen Presse-Agentur mit einem Schmunzeln.

Brand ist einer der engsten Vertrauten von Deckarm, dessen Karriere am 30. März 1979 jäh endete. Beim Europacupspiel mit dem VfL Gummersbach im ungarischen Tatabanya knallte der damals 25-jährige Rückraumspieler nach einem unglücklichen Zusammenstoß mit Lajos Pánovics mit dem Kopf auf den Betonboden. Die Folge: ein doppelter Schädelbasisbruch, ein Gehirnhautriss und schwere Gehirnquetschungen.

131 Tage im Koma - Deckarm macht Gegenspieler keine Vorwürfe

Im Bruchteil einer Sekunde war das gewohnte Leben vorbei. 131 Tage lag Deckarm im Koma. Als er aufwachte, musste er praktisch alles von neuem erlernen. Seinem Gegenspieler hat der begnadete Techniker, der damals als bester Handballer der Welt galt, dennoch nie einen Vorwurf gemacht. Im Gegenteil: "Wir beide wissen, dass der Zusammenprall keine absichtliche Aktion war. Dennoch hat ihn das Unglück seelisch tief getroffen", sagte Deckarm einmal in einem Interview des Magazins "Handball Inside".

Viele Jahre lang lebte Deckarm in Saarbrücken - erst im Elternhaus bei seiner Mutter, nach deren Tod dann in einer Betreuungseinrichtung. Seinen Lebensmut hat er durch den Schicksalsschlag aber nicht verloren. "Depressionen habe ich nie gehabt", erklärte Deckarm einmal. Sein Lebensmotto lautete stets: "Ich will, ich kann, ich muss."

Dieser Kampfgeist hat Brand im zweiten Leben von Deckarm am meisten beeindruckt. "Er hat nie nachgelassen", sagte der Weltmeister-Trainer von 2007. Im ersten Leben seines Freundes habe ihn begeistert, "wie er sich als Star verhalten hat. Er hatte immer großen Respekt vor seinen Mitspielern. Das ist nicht gewöhnlich bei Spielern mit besonderen Fähigkeiten", lobte Brand.

Der Weltmeistertitel als Krönung

Mit dem VfL Gummersbach wurde Deckarm dreimal deutscher Meister und zweimal Europacupsieger. In 104 Länderspielen warf er 381 Tore. Höhepunkt seiner viel zu kurzen Laufbahn war der WM-Triumph 1978 in Dänemark, der längst zum Mythos im deutschen Sport geworden ist. "Mir war sehr schnell klar, dass wir etwas Großes erreicht hatten", sagte Deckarm einmal über seinen größten Erfolg. 2013 wurde er in die "Hall of Fame" des deutschen Sports aufgenommen.

Weltmeister unter sich: v.li.: Manfred Freisler, Horst Spengler, Kurt Klühspies, Bundestrainer Vlado Stenzel, Joachim Deckarm, Handballwart Heinz Jacobsen und Heiner Brand (v.l.).

Weltmeister unter sich: v.li.: Manfred Freisler, Horst Spengler, Kurt Klühspies, Bundestrainer Vlado Stenzel, Joachim Deckarm, Handballwart Heinz Jacobsen und Heiner Brand (v.l.). imago

Vor etwa vier Monaten ist Deckarm nach Gummersbach in ein Seniorenheim umgezogen. "Er benötigt eine intensive Betreuung, die war in Saarbrücken nicht mehr gegeben", begründete Brand den Ortswechsel. Längst kann sich Deckarm nur noch im Rollstuhl fortbewegen, denn der körperliche Altersprozess schreite bei ihm aufgrund seiner gesundheitlichen Einschränkungen schneller voran, so Brand.

Dennoch hat der Jubilar weiter Freude am Leben. "Wir haben viel Spaß zusammen", berichtete Brand von seinen regelmäßigen Besuchen. "Er lacht sehr viel." Das wird sicher auch am Samstag der Fall sein - erst bei einem Empfang am Vormittag in kleiner Runde und dann am Abend bei der großen Geburtstagsparty in der proppevollen Kölner Arena.

dpa