Champions League

Astana: "Quantensprung" in der Welt der Wunder

Teuerster Transfer kostete nicht mehr als zwei Millionen Euro

Astana: "Quantensprung" in der Welt der Wunder

Grenzenloser, unerwarteter Jubel: Die Spieler von Astana feiern den Einzug in die Gruppenphase.

Grenzenloser, unerwarteter Jubel: Die Spieler von Astana feiern den Einzug in die Gruppenphase. imago

Staatspräsident Nasarbajew hat stets die Hand drüber

Es war erst Ende 1997, als die kasachische Regierung ihren Hauptsitz in der baumlosen asiatischen Steppe aufbaute. Die Stadt Aqmola wurde das neue Zentrum und alsbald auch in Astana (dt. Hauptstadt) umbenannt. Das Land ist extrem reich an Erdöl und weiteren diversen Bodenschätzen, in den Aufbau von Astana wurden seit der Umbenennung mehrere Milliarden gesteckt. Hauptverantwortlich dafür: Staatspräsident Nursultan Nasarbajew, der das Land seit 1991 autoritär führt. Und auch beim FC Astana hat der heute 75-Jährige seine Finger im Spiel.

2009 wurde der Fusionsklub auf Initiative von Nasarbajew zunächst als Lokomotive Astana gegründet, ehe im Mai 2011 die Umbenennung folgte. Mit dieser gingen auch höhere sportliche Ambitionen, die Nasarbajew selbstverständlich höchstpersönlich ausgab, einher: "Es galt, einen Klub zu schaffen, der in der Lage wäre, an der Gruppenphase eines europäischen Wettbewerbs teilzunehmen. Viele dachten, das sei unrealistisch, aber wir haben das Gegenteil bewiesen", so Manager Kaisar Bekenow.

Im eigenen Stadion läuft's - auch gegen die Großen?

Vollbracht wurde das mittelgroße Fußball-Wunder vor allem vor den heimischen Fans: Gegen Maribor (3:1, 0:1), HJK Helsinki (4:3, 0:0) und Nikosia (1:0, 1:1) feierte man in der Qualifikation zu Hause ausschließlich Siege. Kaum vorstellbar, dass ihnen das in Gruppe C mit den Schwergewichten Atletico Madrid, Galatasaray Istanbul und Benfica Lissabon auch gelingt. Auswärts lief es deutlich durchwachsener, die hohe Belastung durch zurückgelegte Flugkilometer (zwischen Lissabon und Astana liegen alleine 6200 Kilometer) sollte für die Kasachen allerdings nicht zum Problem werden.

Mitten in der Steppe wurde die florierende, moderne Hauptstadt Astana hochgezogen.

Mitten in der Steppe wurde die florierende, moderne Hauptstadt Astana hochgezogen. imago

Das sieht auch der deutsche Trainer Holger Fach so, der das Mitleid mit dem Underdog in dieser Hinsicht nicht verstehen kann. "Da muss ich mich kaputtlachen. Die fünfeinhalb Flugstunden kann man den kleinen Rackern nicht zumuten. Die fliegen Business Class und die Stewardess fragt alle zwei Minuten, ob sie noch was bringen darf", äußerte der ehemalige Gladbach-Coach gegenüber dem SID. Und der heute 53-Jährige ist einer, der es wissen muss. Zwischen 2010 und 2011 führte er den kasachischen Klub zum Pokal und dem nationalen Supercup, legte wie Fach selbst formuliert "den Grundstein" für das, worauf der heutige Erfolg fußt.

Ex-Coach Fach: "Das wird bestimmt lustig!"

Ist der Königsklasse würdig: Die Astana Arena wurde erst 2009 aus dem Boden gestampft.

Ist der Königsklasse würdig: Die Astana Arena wurde erst 2009 aus dem Boden gestampft. imago

In Astana rechnet man sich aber nicht wirklich etwas aus: "Alleine die Teilnahme bedeutet einen Quantensprung für uns. Mancher wird sagen, das kommt zu früh", so der bulgarische Coach Stanimir Stojlow. Ex-Trainer Fach sieht zumindest den Unterhaltungswert: "Das wird bestimmt lustig werden." Der hält sich allerdings bei Mannschaften wie dem kommenden Gegner Benfica in Grenzen. Astana und Lissabon trennen alleine fünf Stunden Zeitunterschied, lange Zeit sich zu akklimatisieren ist nicht.

Eine Problematik, der sich auch schon die deutsche Nationalmannschaft zweimal stellte - und dabei erfolgreich innovativen Geist einbrachte. Bundestrainer Joachim Löw ließ sein Team im Oktober 2010 und im März 2013 einfach in der deutschen Zeit "weiterleben". Dafür wurden beispielsweise tagsüber die Hotelfenster abgehängt, um sich den gewohnten Tag-Nacht-Rhythmus zu bewahren. Beide Spiele gingen jeweils mit 3:0 ans DFB-Team.

In den Reihen von Astana finden sich allerdings keine Thomas Müllers, Mesut Özils oder Mario Götzes wieder. Trotz der in die Stadt investierten Milliarden ist der teuerste Transfer der Vereinsgeschichte Nemanja Maksimovic. Der serbische U-20-Weltmeister kostete den Verein lediglich zwei Millionen Euro - Peanuts im Vergleich zu den Summen, die sonst bei den CL-Klubs kursieren.

msc