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PSG holt den Titel: Rekordmeister, aber war nervig

Paris St. Germain holt elften Titel in der Ligue 1

Rekordmeister, aber war nervig

Viele Funken, keine Freude: Kylian Mbappé und Paris St. Germain.

Viele Funken, keine Freude: Kylian Mbappé und Paris St. Germain. IMAGO/Sebastian Frej

Die letzten Meter des Titelgewinns, sie waren fast schon symbolträchtig für die ganze Saison: Euphorieberaubt, routiniert, begeisterungslos. Kein Last-Minute-Sieg, kein Erfolg gegen einen direkten Verfolger, kein titelprägender Abend, an den man sich zurückerinnern wird, wenn irgendwann einmal über die Meisterschaft geredet wird, mit der sich Paris St. Germain zum alleinigen Rekordmeister Frankreichs kürte.

Im Prinzip war der Titel schon vor einer Woche eingefahren, bei sechs Punkten und 16 Toren Vorsprung fehlte nur noch die rechnerische Gewissheit. Diese hat PSG nun nach dem uninspirierten 1:1 in Straßburg - bei einem der vielen Kellerkinder, denen PSG im Schlussspurt begegnet war. Die Pflichtaufgaben hatte das Star-Ensemble ungefähr so nüchtern abgearbeitet wie ein Büro-Angestellter seine letzten lästigen Akten vor dem erlösenden Feierabend. Einsortiert, abgeheftet, im Schrank verstaut, dann schnell nach Hause. Sind Rekordmeister geworden, aber war nervig.

Sechs Liga-Niederlagen 2023

In der vergangenen Saison war PSG mit der mittlerweile in die Zweitklassigkeit abgerutschten AS St. Etienne gleichgezogen, mit dem nun elften Titelgewinn - zehn davon seit dem Katar-Einstieg - steht der Hauptstadtklub jetzt alleine auf dem Thron. Ändern wird sich daran in absehbarer Zukunft nichts mehr. Aber ehrlich freuen kann sich kaum jemand.

Eine Saison, in die PSG nach der Verlängerung von Kylian Mbappé und der Verpflichtung des einstigen Lille-Erfolgsduos Luis Campos und Christophe Galtier mit hohen Erwartungen gegangen war, endete mit nur einer Trophäe. Die war sowieso erwartet worden - und war zwischenzeitlich sogar ernsthaft in Gefahr. Nach dominantem Beginn mit 14 Siegen aus den ersten 16 Spielen brachte ein 1:3 am Neujahrstag bei Verfolger Lens ein katastrophales Jahr 2023 ins Rollen, zwischenzeitlich betrug der Vorsprung auf das Überraschungsteam nur noch drei Punkte.

Während der Ligagewinn trotz insgesamt sechs Niederlagen nach dem Jahreswechsel auch dank des dankbaren Restprogramms noch einigermaßen zitterfrei gelang, machten die Pokalwettbewerbe eine potenziell historische Saison zu einer ernüchternden. Im Februar war die Chance auf den Coupe de France nach einem 1:2 in Marseille dahin, im März verabschiedete sich PSG chancenlos gegen den FC Bayern aus der Champions League - der lang ersehnte Titel in der Königsklasse war auch im zweiten und letzten gemeinsamen Jahr des Sturmtrios "MNM" unerreichbar.

Als Messi beim 1:3 gegen Lorient Ende April von den Fans ausgepfiffen wurde, tags darauf unabgesprochen nach Saudi-Arabien reiste und suspendiert wurde, war der Tiefpunkt erreicht. Die aktive Supporter-Szene protestierte vor der Geschäftsstelle nicht nur gegen den Argentinier, sondern auch gegen die Vereinsführung.

Dass sich strukturell etwas ändert bei PSG, erscheint zwar unwahrscheinlich, ein personeller Umbruch wird im Sommer aber wohl vonstatten gehen. Messi wird sich voraussichtlich nach Saudi-Arabien verabschieden, auch vom dauerverletzten Neymar würde sich der Verein wohl bei einem passenden Angebot trennen. Für Trainer Galtier, der die großen Spiele fast ausnahmslos verloren hat, dürfte nach nur einem Jahr wieder Schluss sein. 2021 war er für seine Meisterschaft mit Lille gefeiert worden, 2023 ist sein zweiter Titel als Chefcoach in der Ligue 1 fast nichts wert - außer einen Platz im Aktenschrank.

Michael Bächle