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NFL: Voodoo? Hexerei? Kyle Shanahans hat den Super-Bowl-Fluch

San Francisco entlässt Defensive Coordinator Wilks

Voodoo? Hexerei? Kyle Shanahan ist mit dem Super-Bowl-Fluch belegt

Wieder nichts: Kyle Shanahan hat zum dritten Mal hautnah eine extrem bittere Super-Bowl-Pleite erlebt.

Wieder nichts: Kyle Shanahan hat zum dritten Mal hautnah eine extrem bittere Super-Bowl-Pleite erlebt. Getty Images

Wieder nichts: Die San Francisco 49ers - zweifelsohne eines der besten und erfolgreichsten NFL-Teams der letzten Jahre - konnten wieder nicht ihre "Quest for six" abschließen. Der sechste Super-Bowl-Sieg muss damit mindestens ein weiteres Jahr warten.

Überhaupt sehnen sich die stolzen Kalifornier seit ihrer glorreichen Joe-Montana- und Steve-Young-Zeit schon seit 1994/95 (49:16 gegen die Chargers) ihrem Titel Nummer sechs entgegen, um mit den führenden Franchises aus New England und Pittsburgh gleichzuziehen.

Das Bittere: Zum dritten Mal in vier Jahren hatten die Niners das NFC-Finale erreicht, zum zweiten Mal in vier Jahren den Super Bowl klargemacht - und sich unter dem seit 2017 als Head Coach angestellten Kyle Shanahan insgesamt zu einer Top-Adresse zurückgearbeitet.

Shanahans drei Alpträume

Und irgendwie ist Shanahan auch das Stichwort: Der 44-Jährige hat der Liga eine neue DNS eingepflanzt. Sein flexibles Angriffsspiel - seit Jahren vor allem getragen von Tight End George Kittle, dem flexiblen Receiver Deebo Samuel und Running-Back-Maschine Christian McCaffrey (2022 für viel Draft-Kapital von den Carolina Panthers losgeeist) sowie einer Offensive Line um Trent Williams - ist teilweise nicht zu verteidigen.

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Außerdem hat Shanahans Erfolg für einen regelrechten Boom auf dem Trainermarkt gesorgt. Denn war Spross Kyle zwischen 2010 und 2013 noch Assistent in Washington unter seinem Vater Mike (zweimaliger Super-Bowl-Sieger als Head Coach mit den Denver Broncos), sind weitere Co-Trainer aus der damaligen Zeit längst bewusst von anderen Mannschaften geholt worden. Der sogenannte "Coaching Tree" der Shanahans hat inzwischen Sean McVay (Los Angeles Rams), Matt LaFleur (Green Bay Packers) und Raheem Morris (Atlanta Falcons) in die NFL gespült.

Falcons ist auch das Stichwort, das Shanahan seit Anfang 2017 verfolgt. Als damaliger Offensive Coordinator in Atlanta von Quarterback Matt Ryan & Co. war er nämlich Zeuge, wie sein Team im Super Bowl noch einen 28:3-Vorsprung bis in die Overtime gegen die New England Patriots um Legende Tom Brady verspielte.

Anfang 2020 schaffte es Shanahan dann zurück ins große Endspiel, dieses Mal als Cheftrainer in San Francisco - und da passierte der nächste GAU nach einer 20:10-Führung sowie einem famosen vierten Viertel der Kansas City Chiefs um Patrick Mahomes. Nur um nun vier Jahre später nach einem zwischenzeitlichen 10:0 in Las Vegas wieder gegen Mahomes & Co. die Segel zu streichen.

"Diese beiden Super Bowls waren hart"

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Drei deutliche Führungen - jeweils mindestens zwei Scores Vorsprung - in seinen drei ersten Super Bowls verspielt. Das dürfte an Shanahan in den kommenden Offseason-Wochen nagen, ehe er mit frischem Elan einen nächsten Versuch auf die Vince Lombardi Trophy forcieren wird.

Unmittelbar vor diesem 58. Super Bowl (LVIII) hatte der Head Coach der 49ers noch Folgendes gesagt: "Wir sind schon einmal nah dran gewesen und stolz, dass wir wieder in dieser Situation sind. Aber wir wissen, wie es sich anfühlt, wenn man es nicht schafft. Deshalb möchten wir sicherstellen, dass es dieses Jahr gelingt."

Nach der dramatischen Verlängerung von Las Vegas wiederholte der Head Coach diese Sätze sinngemäß - sichtlich niedergeschlagen wie all seine Spieler und sicherlich die gesamten Fanbasis der Kalifornier. "Die Tatsache, dass wir es wieder dorthin geschafft haben, zeigt, dass wir wichtige Spiele gewonnen haben", sagte Shanahan während des Saisonrückblicks vor US-Medien zwei Tage nach der 22:25-Niederlage in der Verlängerung gegen die Kansas City Chiefs. "Diese beiden Super Bowls waren hart. Doch Sie können schreiben, was Sie wollen." Erfolg oder Misserfolg hänge von einem Spiel ab, sagte er. "Ich hoffe, dass ich Teil einer Mannschaft sein kann, die am Ende des Tages dieses Spiel auch mal gewinnt. Aber zu sagen, dass die 49ers keine großen Spiele gewinnen können, wäre eine völlig unzutreffende Aussage."

Viel lieber schloss Shanahan mit folgenden Sätzen: "Natürlich sind wir alle enttäuscht - und ich habe insgesamt nicht viele Worte dafür. Es schmerzt uns, unser gesamtes Team ist traurig, niedergeschlagen. Aber so ist das nun mal. Doch wir kommen zurück! Das wird Zeit benötigen, um darüber hinwegzukommen - doch dann sind wir wieder bereit, um nächstes Jahr zurückzukommen."

Wilks "war einfach nicht der Richtige"

Das allerdings ohne ihren Defensive Coordinator. Denn wie am Mittwochabend bekannt wurde, trennten sich Head Coach Shanahan und die Bosse in San Fran von Steve Wilks. Der 54-Jährige war erst 2023 als Nachfolger von DeMeco Ryans (2021 bis 2022, im Anschluss von den Houston Texans als Cheftrainer geholt) installiert worden.

Steve Wilks

Muss seine sieben Sachen packen: Steve Wilks. IMAGO/Icon Sportswire

Das Urteil von Shanahan über Wilks, dessen Unit um Stars wie Nick Bosa, Fred Warner oder Dre Greenlaw (Achillessehnenriss im Super Bowl) gerade bei den Playoff-Partien gegen die Packers (24:21) und Lions (34:31) Schwächen offenbar hatte, fiel knallhart aus: "Er war einfach nicht der Richtige." Ansonsten geht Shanahan davon aus, dass der Trainerstab nach der bitteren Pleite im Super Bowl weitgehend unverändert bleibt. Spannend wird aber sein, wie sich die Mannschaft aufstellt - einige Entscheidungen sind anzugehen.

Ein kleiner Hoffnungsschimmer für Shanahan vielleicht: Auch Andy Reid, inzwischen mit den Chiefs dreimaliger Super-Bowl-Champion, hatte zu Beginn seiner Head-Coach-Laufbahn bei den Philadelphia Eagles (1999 bis 2012) nie  den Titel gewonnen; das Stigma des Unvollendeten haftete ihm an. Ob Shanahan bei den Niners oder andernorts bei einem anderen NFL-Franchise diesen Fluch wird ablegen können, muss sich zeigen. Möglich ist es sicherlich, dafür ist der 44-Jährige schlicht ein zu guter Trainer.

mag

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