Als amtierender Most Valuable Player (MVP) zog Lamar Jackson an diesem ersten großen NFL-Sonntag der neuen Regular Season 2020 natürlich die Blicke auf sich. Der Druck war hoch, auch weil sein Kumpel und Running Back Mark Ingram zuletzt betont hatte, dass Jackson in diesem Jahr noch mehr abgehen würde als 2019. Unrecht hatte er damit nicht, denn der Spielmacher rammte die seit Jahren erfolgshungrigen Cleveland Browns, deren Hype-Train direkt zum Start schon wieder eine Blockade auf die Schienen geworfen bekam, ungespitzt in den Boden.
Jackson brachte 20 von 25 Pässen an den Mann, erreichte 275 Yards und ganze drei Touchdown-Pässe. Keine Interception und 45 Rushing Yards rundeten seinen tollen Auftritt ab, den sich der Spielmacher aber auch mit Rookie-Läufer J.K. Dobbins (zwei Touchdowns) und Tight End Mark Andrews (ebenfalls zwei TDs), der anfangs einen famosen One-Handed-Catch zeigte, teilte. Auf Seiten der Browns blieben letztlich bei diesem überdeutlichen 6:38-Blowout lange Gesichter übrig - allen voran die von Baker Mayfield (ein TD, eine Int.) und Odell Beckham (nur 22 Yards).
Newton lässt die Patriots-Offensive laufen
Groß waren die Sorgen im Lager der Patriots-Fans, als Tom Brady nach beinahe 20 Jahren und sechs Super-Bowl-Titeln seinen Abschied Richtung Tampa Bay bekanntgegeben hatte. Doch nach Week 1 lässt sich zumindest sagen, dass das Team von Mastermind Bill Belichick auch ohne "TB12" gewinnen kann - und zwar mit Cam Newton. Der MVP von 2015 war nicht nur mit knallgelbem Anzug erschienen, er überzeugte auch auf dem Feld erstmals.
Lauffreudig wie eh und je: Patriots-Quarterback Cam Newton. Getty Images
Der frühere Carolina Panther (2011-2019) sprintete allen voran zu zwei Touchdowns, womit er nun bei 60 Rushing Scores als Quarterback steht (NFL-Rekord). Und auch seine 75 Rushing Yards am Ende spülten ihn zum lauffreudigsten Spielmacher in der Patriots-Geschichte. Weil auch noch Running Back Sony Michel zu einem TD lief, hatten die zwischenzeitlich immer mal wieder gut aufholenden Miami Dolphins um Ryan Fitzpatrick (kein TD, drei Int.) letztlich keine Chance beim 21:11 für die "neuen" Patriots.
Rodgers glänzt und lässt Kritiker schweigen
Was war der Aufschrei groß, als die Packers im NFL-Draft 2020 lieber einen Nachwuchs-Quarterback (Jordan Love) als einen starken Wide Receiver gezogen hatten. Das Ende von Aaron Rodgers als "Gunslinger" in Green Bay? Noch (lange?) nicht!
Der 36-Jährige überzeugte beim 77-Punkte-Festival in Minneapolis beim NFC-North-Showdown mit den Vikings mit 32 von 44 angekommenen Pässen für 364 Yards und vier Touchdowns. Doch damit nicht genug: Rodgers warf dabei einige sensationelle Pässe und fand insgesamt drei unterschiedliche Receiver für die Endzone (zweimal Star Davante Adams, Marquez Valdes-Scantling und Allen Lazard). Gegen diese Feuerkraft hatten die heimischen Vikes, womöglich der stärkste Packers-Gegner beim Kampf um die Krone im Norden, nicht genug Power - obwohl auch hier Spielmacher Kirk Cousins (259 Yards, zwei TDs, eine Int.) genauso wie der starke Running Back Dalvin Cook plus Receiver Adam Thielen (je zwei Scores) auftrumpften. Ein richtiger 43:34-Statement-Sieg für Green Bay, genauso für Star-Quarterback Rodgers (Super-Bowl-Sieger von 2011) persönlich.
Wilson feuert, Eagles stolpern noch
Einen gebrauchten Tag erlebten derweil die ambitionierten Atlanta Falcons, die vor allem wegen einer schwachen Defensivvorstellung gegen die Seattle Seahawks um Russell Wilson (322 Yards, vier TDs, keine Int.) mit 25:38 leer ausgingen. Da halfen letztlich offensiv auch 450 Yards von Spielmacher Matt Ryan (zwei Scores, eine Int.), ein Touchdown von Läufer Todd Gurley, 157 Yards von Julio Jones oder auch 130 Yards plus zwei TDs von Calvin Ridley nicht.
Enttäuschung machte sich auch im Lager der Eagles breit. Die Mannschaft aus Philadelphia war zunächst ohne viele potenzielle Starter (darunter Alshon Jeffery) in Washington an den Start gegangen - und führte trotzdem zwischenzeitlich klar mit 17:0. Doch das nicht mehr Redskins geschimpfte Football Team aus der US-Hauptstadt kämpfte sich zurück und gewann beim ersten Spiel vom neuen Cheftrainer Ron Rivera (an Hautkrebs erkrankt) mit 27:17.
NFL im Zeichen des Rassismus
Die Familie von George Floyd hatte sich zum Start dieses ersten NFL-Sonntags im Übrigen ebenfalls gezeigt - live im Stadion in Minneapolis, das nur etwa fünf Kilometer von dem Ort entfernt liegt, an dem der 46-jährige Afroamerikaner Ende Mai bei einem Polizeieinsatz starb. Das Spiel der heimischen Vikings gegen die Packers wurde zudem wie jedes andere dieser Saison mit der inoffiziellen Hymne der Schwarzen "Lift every voice and sing" eingeläutet. Dabei reihten sich die Mannschaften entweder schweigend und untergehakt in einer Reihe auf, protestierten auf dem Knie mit erhobenen Fäusten, während das Lied, gesungen von Grammy-Gewinnerin Alicia Keys, auf der Stadionleinwand lief - oder sie verließen das Feld und gingen geschlossen in die Kabine, wo sie auch während der traditionellen Nationalhymne "The Star Spangled Banner" blieben. Nach den Houston Texans beim Auftakt in Kansas City (20:34) an diesem Tag auch die Packers, Jaguars, Eagles, Bills, Dolphins und Jets.
Vor den Heimspielen der Vikings ertönt in der Regel außerdem das im Stadion installierte Gjallarhorn, diesmal blieb das Horn aber stumm, "um die zu ehren, die durch Rassismus keine Stimme mehr haben", twitterte das Franchise im Vorfeld.
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