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Wie geht das? Fragen und Antworten zu Chelseas Transferphase

Gründe, Folgen, Probleme

Wie geht das? Fragen und Antworten zu Chelseas Winter-Transferphase

Joao Felix (li.) und Enzo Fernandez (re.) sind zwei von acht Neuzugängen, die Chelsea um Boss Todd Boehly im Winter verpflichtete.

Joao Felix (li.) und Enzo Fernandez (re.) sind zwei von acht Neuzugängen, die Chelsea um Boss Todd Boehly im Winter verpflichtete. imago images (3)

Wen hat Chelsea im Januar alles verpflichtet?

Acht Neuzugänge vermeldete Chelsea im Winter-Transferfenster, der Königstransfer war der letzte: Weltmeister Enzo Fernandez kam am "Deadline Day" für 121 Millionen Euro von Benfica Lissabon. Zuvor hatten die Blues bereits Mykhaylo Mudryk (Donezk), Joao Felix (Atletico, Leihe), Benoit Badiashile (Monaco), Noni Madueke (Eindhoven), Andrey Santos (Vasco da Gama), David Datro Fofana (Molde) sowie Malo Gusto verpflichtet, wobei Letzterer direkt zurück an Lyon verliehen wurde.

Wie viel Geld gab Chelsea aus - auch im Vergleich zur Konkurrenz?

Fast 350 Millionen Euro investierten die Blues allein an Ablösesummen im Januar. Das ist nicht nur mehr, als Bundesliga, La Liga, Serie A und Ligue 1 zusammen ausgaben, sondern auch im Vergleich zur englischen Konkurrenz klarer Spitzenwert. Von den Winter-Ausgaben der Premier-League-Klubs - etwa 920 Millionen Euro - tätigte Chelsea mehr als ein Drittel. Schon im Sommer hatten die Londoner mit Ausgaben von rund 300 Millionen Euro einen neuen englischen Rekord aufgestellt.

Wie lauten die Financial-Fairplay-Regeln von Premier League und UEFA?

In der Premier League dürfen Klubs über einen Zeitraum von drei Jahren maximal ein Minus von umgerechnet 119 Millionen Euro ausweisen. Die UEFA-Regeln sind strenger: Bis vergangenen Sommer lag diese Grenze bei 30 Millionen Euro, seitdem bei 60 Millionen Euro, jeweils über drei Jahre. Außerdem wird der Anteil, den Ausgaben für Gehälter, Ablösesummen und Beraterhonorare am Umsatz haben dürfen, von 2023/24 bis 2025/26 schrittweise von 90 auf 70 Prozent gesenkt. Aktuell gibt es eine solche Kaderkostenregel noch nicht.

Wie kann Chelsea diese Financial-Fairplay-Regeln erfüllen?

Das ist die große Frage, die sich etwa auch Liverpool-Trainer Jürgen Klopp schon stellte. Chelsea macht sich offenbar verschiedene Bausteine zunutze, um das Minus im Geschäftsjahr in Grenzen zu halten. Zunächst einmal verzeichneten die Blues im Sommer und Winter auch Transfereinnahmen von rund 70 Millionen Euro (u.a. für Timo Werner), die den Vorteil haben, sofort in Gänze verbucht werden zu können. Ausgaben dagegen können über mehrere Jahre gestreckt werden - entscheidend dabei ist auch die Vertragslaufzeit.

Chelsea stattete seine Sommer- und Winterneuzugänge ausnahmslos mit extrem langen Verträgen aus. Mudryk und Fernandez, die beiden Teuersten, unterschrieben gar bis Sommer 2031. Das bietet den Blues die Möglichkeit, ihre Ablösesummen über diesen Zeitraum aufzusplitten. Statt also die 70 Millionen Euro, die Mudryk kostete, sofort als Minus verbuchen zu müssen, kann Chelsea in den nächsten Jahren jeweils rund acht Millionen Euro an Ausgaben angeben.

Dazu kommt, dass Chelsea mutmaßlich bei einigen Transfers Ratenzahlungen vereinbart hat. Deswegen soll es den Londonern auch so wichtig gewesen sein, bei Fernandez nicht die 120 Millionen Euro schwere Ausstiegsklausel ziehen zu müssen; lieber legten sie noch eine Million drauf, um im Gegenzug ein Zahlungsmodell zu vereinbaren, das die sofortigen Ausgaben in Grenzen hält.

Und natürlich profitiert Chelsea wie alle Premier-League-Klubs von den nationalen und internationalen TV-Verträgen der Liga, die viele Ausgaben ausgleichen können und ihnen allein dadurch riesige Vorteile gegenüber der europäischen Konkurrenz verschaffen.

Ist das Vorgehen der Chelsea-Bosse nicht hochriskant?

Allerdings. Wenn es schlecht läuft und Chelsea etwa über Jahre die Champions League verpassen sollte, sind die Bücher dennoch über Jahre mit "alten" Ausgaben schwer belastet. Auch wenn sich einer der Neuzugänge als Flop erweisen sollte, sind Chelseas Optionen durch die langen Vertragslaufzeiten beschränkt. Der Spieler könnte auf seinen Verbleib pochen. Das Vorgehen erinnert ein wenig an die großen US-Profi-Ligen, in denen das Salary Cap gerne damit ausgetrickst wird, indem größere Teile der Gehälter auf spätere Vertragsjahre geschoben werden. Auch dabei gilt natürlich: Irgendwann holt es einen wieder ein.

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Wie reagiert die UEFA auf Chelseas Transferpolitik?

Das bleibt noch abzuwarten. Es sickerte aber bereits durch, dass der Verband die Möglichkeit, Transferausgaben über lange Vertragslaufzeiten zu strecken, einschränken will. Demnach soll das ab der kommenden Saison nur noch über fünf Jahre erlaubt sein - unabhängig davon, wie lange ein Vertrag läuft. Rückwirkend würde das allerdings keine Folgen mehr für Chelsea haben.

Warum hat Chelsea überhaupt so viele Spieler geholt?

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Die Blues befinden sich seit dem Ende der Abramovich-Ära in einem großen Umbruch. Die neuen Eigner um Klubboss Todd Boehly verfolgen eine neue, langfristige Strategie, die auf vornehmlich junge und innovative Mitarbeiter auf dem Platz und daneben setzt. Geld ist dabei genug vorhanden. Allein Boehlys Vermögen wird auf rund fünf Milliarden Euro geschätzt. Die horrenden Winter-Investitionen haben auch damit zu tun, dass Chelsea in der Hinrunde von einer massiven Verletzungswelle verfolgt wurde.

Was bedeuten die vielen Neuzugängen für Trainer Graham Potter?

Der Nachfolger von Thomas Tuchel ist nicht zu beneiden. Nachdem am "Deadline Day" nur Jorginho (Arsenal) noch abgegeben wurde, während die Wechsel von Conor Gallagher (u.a. Everton) und Hakim Ziyech (PSG) platzten, hat er nun zwar einen hochwertigen, aber auch extrem aufgeblähten Kader zu moderieren. Weil Chelsea bereits aus beiden nationalen Pokalwettbewerben ausgeschieden ist, bleiben nur Premier und Champions League, um den Spielern Spielpraxis zu geben.

Welche Folgen hat Chelseas Einkaufstour für den BVB?

Borussia Dortmund empfängt die Blues am 15. Februar zum Hinspiel im Champions-League-Achtelfinale und bekommt es nun mit einem noch stärkeren Gegner zu tun, als man es bei der Auslosung im Herbst erwarten konnte. Immerhin: Die UEFA verbietet den Europapokal-Teilnehmern die Registrierung von mehr als drei Neuzugängen. Das kommt dem BVB zugute. Für Potter ist es eine weitere heikle Aufgabe - schließlich muss er nicht nur einige Neue außen vor lassen, sondern für neu angemeldete Spieler auch andere streichen.

Auf welchem Platz steht Chelsea eigentlich in der Premier League?

Auf dem zehnten. Die Champions-League-Ränge sind bereits zehn Punkte entfernt. Gut möglich also, dass Chelseas teurer Kader in der neuen Saison europäisch kleinere Brötchen backen muss - oder sogar gar keine.

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Jörn Petersen

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