Nationalelf

Wie Bierhoff Amt verlor und Bobic zum Wunschkandidaten wurde

Analyse der Lage bei DFB und DFL

Tempomacher Watzke: Wie Bierhoff sein Amt verlor und Bobic zum Wunschkandidaten wurde

Entscheidender Mann bei den personellen Entscheidungen von DFB und DFL: Hans-Joachim Watzke.

Entscheidender Mann bei den personellen Entscheidungen von DFB und DFL: Hans-Joachim Watzke. imago images

Bis Montagabend waren die großen Entscheidungen gefallen, über die eigentlich erst am Mittwoch auf einer Sitzung der DFB-Spitzenfunktionäre und anschließend bei der DFL-Aufsichtsratssitzung entschieden werden sollte. Doch Hans-Joachim Watzke, Geschäftsführer von Borussia Dortmund, DFL-Aufsichtsratsboss und in dieser Funktion 1. DFB-Vizepräsident, gab ein Tempo vor, das umgehend zu den personellen Konsequenzen geführt hat.

Dass am Mittwoch der Aufhebungsvertrag mit DFL-Chefin Donata Hopfen abgesegnet wird, war schon seit Wochen klar, der kicker berichtete am Sonntag exklusiv. Die Trennung von DFB-Geschäftsführer Oliver Bierhoff am Montag räumte dem langjährigen Manager der Nationalmannschaft die Chance ein, von einem freiwilligen Rückzug zu sprechen. Dezent formuliert: Der Druck auf Bierhoff war immens. Sein Rückzug spart dem DFB einige Millionen Euro. Die Zukunft von Bundestrainer Hansi Flick ist weiterhin offen.

Watzke traute in Katar seinen Ohren nicht

Wenn Gefahr für den Fußball in Verzug ist, kennt Watzke keine Kompromisse. Was das Fass beim DFB zum Überlaufen brachte und zum sofortigen Handeln führt, hat mit den Ereignissen in den Stunden nach dem WM-K.-o. der Nationalmannschaft am vergangenen Donnerstag zu tun. Watzke, selbst vor Ort in Katar, traute seinen Ohren nicht, als ein DFB-Direktor in der Nacht nach dem Spiel gegen Costa Rica meinte, dass es das wichtigsten Anliegen sei, jetzt den Präsidenten Bernd Neuendorf zu schützen.

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Neuendorf selbst wurde Stunden später überrascht, als der Charterflug der Nationalmannschaft in München landete. Freiweg hatte Bierhoff entschieden, dass es nicht - wie geplant - nach Frankfurt geht, damit die Bayern-Spieler und weitere Akteure umgehend mit ihren Familien in den Urlaub starten können. Der Präsident und Torwart Kevin Trapp kamen erst drei Stunden später am eigentlichen Landepunkt in Frankfurt an.

Bobic ist der erklärte Wunschkandidat beim DFB

Am Sonntag glühten die Telefone. Da war bereits klar, dass es mit Bierhoff nicht mehr weitergehen wird. Und in der Diskussion um dessen Erbe zauberte Watzke den Namen des früheren Dortmunder Nationalspielers Fredi Bobic, Europameister 1996 und aktuelle Sport-Geschäftsführer von Hertha BSC, aus dem Hut. Bobic (51) ist der erklärte Wunschkandidat und offenbar nicht abgeneigt, den neuen Job anzunehmen und nach seiner erfolgreichen Zeit bei Eintracht Frankfurt in bekannte Umgebung nach Frankfurt zurückzukehren.

Als DFL-Aufsichtsrat und enger Vertrauter des früheren DFL-Bosses Christian Seifert ist Bobic bestens vertraut mit den großen Verbandsthemen, und dass er als Sportdirektor klare Zeichen setzt, hat der frühere Bundesliga-Torschützenkönig eindrucksvoll als Sportdirektor beim VfB Stuttgart und Eintracht Frankfurt bewiesen - auch in Berlin läuft aktuell nichts ohne sein Okay.

Die Lage beim DFB ist deutlich dramatischer als bei der DFL

Bei der DFL steht ab Donnerstag ein spannendes Projekt an. Axel Hellmann, Vorstand von Eintracht Frankfurt und DFL-Präsidiumsmitglied, und Oliver Leki, Vorstand des SC Freiburg und stellvertretender DFL-Aufsichtsratsvorsitzender, sind bereit, bis zum Ende der laufenden Saison die dringend zu erledigenden Aufgaben bei der DFL im Zusammenspiel mit Watzke anzugehen. Beide bleiben dabei in ihren Positionen bei ihren Klubs.

Hellmann und Leki stehen maßgeblich für den großen Aufbruch ihrer Vereine in den vergangenen Jahren. Sie sind Teamplayer und  haben Strukturen geschaffen, dass ihre Kolleginnen und Kollegen in enger Abstimmung mit ihnen die Geschäfte in den beiden Klubs weiterführen und das DFL-Interimsduo sich vornehmlich auf die brennenden Fragen in der Liga konzentrieren können.

Beim DFB ist die Lage aktuell deutlich dramatischer als bei der DFL. Der Streit mit dem Fiskus um Steuernachzahlung, das schlechte Bilanzergebnis für das Geschäftsjahr 2021 (der kicker berichtete exklusiv am Wochenende) und nun auch geringere Einnahmen als erwartet durch das Aus der Nationalelf in der Gruppenphase der WM haben den weltweit größten Sport-Fachverband in wirtschaftliche Nöte gebracht. Acht Millionen Euro mehr an Einnahmen hatte man sich beim DFB selbst in der konservativen Budgetplanung von der WM erhofft.

Heute schallt der Hilferuf an die Profiklubs. Aus dem bis zum Beginn der kommenden Saison zu schließenden neuen Grundlagenvertrag mit der DFL erwartet der DFB deutlich höhere Zahlungen. Doch die DFL führt nach den finanziellen Einbrüchen in Zeiten der Pandemie und nach diesem Jahr der Stagnation ohne richtungsweisende Schritte und Entscheidungen in der Ära Hopfen einen harten Kampf auf den Märkten.