Mircea Lucescu, Trainer bei Schachtar Donezk, bestritt das letzte Mal am 10. Dezember 2014 beim 1:1 gegen Porto ein Pflichtspiel mit seinem Team. "Unser letztes Pflichtspiel war vor zehn Wochen", hatte sich der Rumäne vorab geäußert. "Bayern hat dieses Jahr schon vier Pflichtspiele bestritten. Jeder sieht sie schon im Viertelfinale. Wenn wir Bayern schlagen und in die nächste Runde kommen, sind wir Helden." Die Mammutaufgabe gegen die spielstarken Bayern ging er dennoch mit Mut an, brachte unter anderem die flinken und dribbelstarken Luiz Adriano, Alex Teixeira, Taison und Douglas Costa von Beginn an aufs Feld. Verzichten musste er dagegen auf Bernard (Knöchel) und Stepanenko (3. Gelbe Karte).
FCB-Coach Pep Guardiola konnte in erster Linie auf den zuletzt bei der 8:0-Klatsche gegen den HSV wegen Oberschenkelproblemen pausierenden Xabi Alonso zurückgreifen. Für den Spanier musste Benatia weichen. Ferner begann noch der in der Liga gesperrte Boateng für Badstuber. Lobende Worte hatte der Katalane außerdem über den Gegner gefunden: "Ich habe großen Respekt für Schachtar und Mircea Lucescu."
Schweinsteiger probiert's artistisch
Doch klar war, dass Guardiola mit viel Offensive und jede Menge Ballbesitz den Gegner in dessen Ausweich-Arena in Lwiw (rund 1000 Kilometer vom eigentlichen Austragungsort im kriegsbedrohten Osten der Ukraine entfernt) hinten hineindrängen wollte. Das gelang sofort: Schweinsteiger & Co. umstellten den Strafraum minutenlang in gewohnter Manier, häuften schnell Ballbesitz von weit über 70 Prozent an. Doch die Ukrainer hatten einen klaren Plan und offenbarten diesen auch: Im Strafraum robust sämtliche Lücken schließen und ab und an über die flinken eigenen Angreifer Nadelstiche setzen. Das gelang, sodass lediglich zwei gute FCB-Chancen heraussprangen. In der zweiten Minute passte Götze rechts raus zu Robben, der ins Dribbling ging und von rechts gewohnt spritzig nach innen zog. Der Niederländer chippte den Ball nun an die Strafraumkante zu Schweinsteiger, der sehenswert und freistehend aus der Drehung abschloss. Rund einen Meter ging der Abschluss links am Pfosten vorbei. In der elften Minute ließ sich dann Robben von Shevchuk nicht abdrängen, tankte sich bis in den Strafraum vor. Dort behielt der Niederländer die Übersicht, spitzelte den Ball zu Müller an der rechten Fünfmeterraumkante. Der Weltmeister konnte mit rechts aber den Ball nicht in Richtung Tor schieben.
Halbchancen sind an der Tagesordnung
Ärgert sich nach einem verzogenen Abschluss: Thomas Müller. Getty Images
Ansonsten aber ging zunächst recht wenig, vor allem aufgrund der klaren Taktik der Ukrainer: Vorne zunächst Druck aufbauen, dann sich schnell zurückziehen und die Räume schließen. Durch einige aggressive Duelle entnervte Donezk den FCB außerdem: Gelb für Rafinha (23.). Eine Minute später wurde Xabi Alonso verwarnt, da er taktisch geschickt den besten Gegenzug Schachtars unterbrach (24.).
Letztlich blieb es beim durchaus in Ordnung gehenden 0:0, wenngleich die Münchner mit weit über 300 gespielten Pässen das Spiel dominierten. Im Strafraum gelang das kaum, hier verzogen lediglich Müller und Ribery mit Direktversuchen aus jeweils rund 13 Metern Entfernung (31. und 43.). Es fehlte in Strafraumnähe schlichtweg das zündende Etwas.
Das Achtelfinale
Xabi Alonso fällt und hält - Gelb-Rot
Mit dem 0:0 zur Pause hielt Schachtar übrigens eine eindrucksvolle Statistik am Leben: In dieser Champions-League-Saison hatten die Ukrainer noch kein (!) Gegentor in Hälfte eins kassiert. Beinahe gefährlich für einen Gegentreffer wurde es in Minute 49: Müller und Schweinsteiger wühlten sich nahe des Fünfmeterraums in Aktion, Letzterer legte schließlich mit Übersicht leicht zurück zu Xabi Alonso. Der Spanier kam aber nicht zum Schuss, wurde von Gegenspieler Taison geblockt und fiel hin. Kein Elfmeter.
Xabi Alonso sieht die Gelb-Rote Karte. Getty Images
Etwas eher Ungewöhnliches ereignete sich auf der anderen Seite: Douglas Costa stand tatsächlich mehrere Sekunden regungslos an der rechten Seite, gegenüber agierte auch Schweinsteiger ohne Bewegungsaktion. Erst als der Offensivmann antrat, startete auch der Weltmeister in den Zweikampf (53.). Etwas Rüdes dagegen gab es schließlich auch: Douglas Costa packte gegen Ribery den Ellenbogen aus, war mit Gelb gut bedient (58.). Xabi Alonso rutschte - wohlgemerkt schon mit Gelb belastet - in Luiz Adriano hinein (61.). Den Platzverweis holte sich der Welt- und Europameister später ab, als er Alex Teixeira foulte, zupfte und so einen aussichtsreichen Konter der Hausherren stoppte (65.). Es war der zweite Platzverweis für Xabi Alonso in der CL: Ebenfalls Gelb-Rot hatte er am am 23. November 2010 bei Ajax Amsterdam mit Real Madrid gesehen (0:4). Kurios: Xabi Alonso ist der erste Spieler, der in seinem 100. CL-Spiel einen Platzverweis kassiert.
Neues Bild, altes Leid
In Überzahl drehten sich plötzlich die Vorzeichen für Donezk: Die Spieler von Trainer Lucescu hatten den Ball, doch wie den Münchner zuvor gelangen keine nennenswerten Offensivaktionen mehr. Die Münchner lauerten derweil nun auf Konter, mittlerweile auch mit Lewandowski, der für Götze kam (75.). Müller wurde außerdem für mehr Defensivstärke für Badstuber "geopfert" (70.).
Sammelte gegen Donezk sein 86. CL-Spiel und ist damit hinter Oliver Kahn (103 Einsätze) die Nummer zwei des FCB in der Königsklasse. Getty Images
Weil die Ukrainer außerdem in der Schlussviertelstunde genug von Ballbesitz hatten und die Münchner wieder ins Pressing übergingen, drehten sich die Vorzeichen in Sachen Spielkontrolle wieder. Doch abermals blieb die Ideenschatulle sowohl bei Kontern als auch beim "normalen" Angriffsaufbau geschlossen. Es blieb beim insgesamt gerechten 0:0 trotz aller Feldvorteile für den FCB. Keeper Neuer musste nur einmal in den 90 Minuten eingreifen (26.), sein Gegenüber Pyatov ein paar Mal bei harmlosen Abschlüssen. Dafür gab es viele Karten: Drei Gelbe für Donezk, drei für den FCB plus einer Gelb-Roten.
Randnotizen: Bayern hat seit Bestehen der Champions League 1992/93 noch nie in einem K.-o.-Spiel auswärts 0:0 gespielt. Das letzte 0:0 von Bayern in einem K.-o.-Spiel der Königsklasse war das 0:0 zu Hause gegen Dortmund im Viertelfinale 1997/98. Das letzte torlose FCB-Spiel in der CL war das 0:0 zu Hause gegen Juventus Turin in der Gruppenphase 2009/10.
Am 28. Februar erwartet Donezk erst wieder in der heimischen Premier-Liga Worskla Poltawa. Die Bayern treten bereits am Samstag (15.30 Uhr) beim Liganeuling SC Paderborn an. Das Rückspiel in der Königsklasse findet derweil am Mittwoch, den 11. März, um 20:45 Uhr (LIVE! bei kicker.de) in der Allianz-Arena statt.