Welches dieser beiden Teams ist eigentlich Tabellendritter und welches Vorletzter? Wer am Donnerstagabend die ersten 60 Minuten am Hardtwald sah, dem konnte man die Verwunderung nicht verdenken. Der Abstiegskandidat aus Sandhausen war das deutlich stärkere Team, schnürte den haushohen Favoriten aus Hamburg streckenweise ein - und spielte sich mehrere hochkarätige Chancen heraus. Bereits in der fünften Minute musste Heyer mit einer tollen Rettungsaktion ein sicheres Tor durch Keita-Ruel verhindern, in der Folge hatten Behrens (17.), Diekmeier (35.), Keita-Ruel (36.) und Biada (44.) weitere teils erstklassige Möglichkeiten. Die Statistiken des ersten Durchgangs wiesen 11:2 Torschüsse für den Außenseiter auf.
Umso bemerkenswerter ob der Tatsache, dass Sandhausen nach 14-tägiger Corona-Quarantäne erst drei Tage Mannschaftstraining hinter sich hatte. Das letzte Pflichtspiel, das 1:0 gegen Würzburg, war rund zweieinhalb Wochen her. Interimscoach Gerhard Kleppinger hatte Nauber (zurück nach Gelbsperre) und Keita-Ruel für Bachmann und Esswein gebracht - und seinem Team offenbar den besseren Matchplan auf den Weg gegeben. Der Underdog war in allen Belangen das bessere Team.
Jatta wird ausgeknockt - HSV erschreckend schwach
Das lag einerseits an einer sehr couragierten und auch spielerisch ansehnlichen SVS-Leistung, andererseits aber auch an einem erschreckend fahrigen Auftritt des HSV. Trainer Daniel Thioune hatte im Vergleich zum 1:2 gegen Darmstadt vor knapp zwei Wochen Gjasula, Dudziak und Wintzheimer durch Gyamerah, Kinsombi und Jatta ersetzt, musste Letztgenannten aber schon früh wieder vom Feld nehmen: Biada hatte Jatta mit einem Volley-Kracher aus kurzer Distanz im Gesicht getroffen, der Gambier musste stark benommen ausgewechselt und durch Onana ersetzt werden (15.).
Irgendwie benommen wirkten aber auch Jattas Teamkollegen, die weiterspielten. Der HSV leistete sich fahrlässige Ballverluste am laufenden Band, kam überhaupt nicht in den Zweikämpfen an und nur auf Einladung des Gegners zu einer echten Torchance, als Kittel nach Kisters haarsträubendem Rückpass an Kapino scheiterte (19.). Mit dem 0:0 zur Halbzeit war Hamburg ausgezeichnet bedient.
Doppelschlag nach der Pause: Sandhausen belohnt sich mit Verspätung
Quasi mit 15 Minuten und 20 Sekunden Verspätung belohnte sich Sandhausen dann für die dominante Vorstellung, denn der erste Angriff des zweiten Durchgangs saß direkt - allerdings musste der HSV helfen: Ambrosius köpfte Biadas Flanke im Flug ins linke Eck - Eigentor, 1:0 für Sandhausen (46.). Doch damit nicht genug für den weiterhin taumelnden HSV: Kister spielte einen überragenden Ball über den halben Platz auf Nartey, dessen Maßflanke Keita-Ruel am zweiten Pfosten über die Linie drückte - Sandhausen spielte so, wie es sich der HSV vorgestellt hatte (52.).
Wintzheimer verkürzt - doch der Ausgleich fällt nicht mehr
Erst mit dem 0:2-Rückstand erwachte der HSV langsam aus seiner gut 50-minütigen Schockstarre und arbeitete sich über mehr Spielkontrolle zu mehr Torgefahr - und schließlich zum Anschlusstor: Terodde vergab zunächst noch eine erstklassige Chance vor Kapino (68.), ehe der Torjäger sich als Vorbereiter betätigte und den eingewechselten Wintzheimer mustergültig bediente - nur noch 1:2 (76.).
Der HSV rannte nun noch einmal an, die Schlussoffensive fiel allerdings recht unstrukturiert an. Die größte Chance der Schlussphase hatte sogar Sandhausen, als der eingewechselte Linsmayer den Ball freistehend unsauber traf (83.). Die favorisierten Gäste erspielten sich nur noch eine Ausgleichsmöglichkeit, die Terodde jedoch liegen ließ (88.) - über 90 Minuten hätte Thiounes Team aber auch keinen Punkt verdient gehabt.
Hamburg muss dadurch im Rennen um die direkten Aufstiegsplätze ein wenig abreißen lassen und liegt weiterhin vier Punkte hinter Fürth; Fortuna Düsseldorf hängt dem HSV von hinten bei nur noch einem Zähler Rückstand im Nacken. Am Sonntag (13.30 Uhr) ergibt sich für die Hanseaten das nächste Gastspiel bei Jahn Regensburg. Sandhausen, das sich durch den wichtigen Erfolg auf den Relegationsplatz vorschob, hat zur gleichen Zeit ein Heimspiel gegen Hannover 96.