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Keine Tour-Sieger zwischen 1999 und 2005

Armstrongs Titel werden nicht vergeben

Keine Tour-Sieger zwischen 1999 und 2005

Jan Ullrich, Zweiter in den Jahren 2000, 2001 und 2003, sowie Andreas Klöden (2004) bekommen keine Tour-Siege zugesprochen.

Jan Ullrich, Zweiter in den Jahren 2000, 2001 und 2003, sowie Andreas Klöden (2004) bekommen keine Tour-Siege zugesprochen. imago

Am Montag strich die UCI Lance Armstrong nach dem Studium der USADA-Unterlagen aus den Siegerlisten der Jahre 1998 bis 2007. Auch die sieben Tour-Siege zwischen 1999 und 2005 ist der US-Amerikaner los. Rein theoretisch hätten von dieser Entscheidung Nachrücker profitieren können.

Doch Armstrong war nicht der einzige Betrüger im Peloton zu jener Zeit. Keiner der möglichen Kandidaten auf Platz eins hat einen unbescholtenen Leumund. Dies gilt auch für den ehemaligen deutschen Radstar Jan Ullrich, der in den Jahren 2000, 2001 und 2003 jeweils Zweiter hinter seinem Erzrivalen wurde. Ullrich wurde im Jahr 2002 wegen Amphetamin-Missbrauchs zu einer Sperre von sechs Monaten verurteilt. Wegen seiner Verwicklung in den Fuentes-Skandal im Jahr 2006 wurde er wegen Verstoßes gegen die Anti-Doping-Regeln verurteilt. Sämtliche seiner Ergebnisse seit 2005 wurden gestrichen. Er gilt juristisch aber nicht als überführter Dopingsünder.

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Gegen Ullrichs Landsmann Andreas Klöden (RadioShack-Nissan), der im Jahr 2004 als Zweiter in Paris ankam, wird der Vorwurf erhoben, mit Hilfe seiner damaligen Teamärzte an der Uniklinik Freiburg Eigenblut-Doping vorgenommen zu haben. Der 37-Jährige hat die Anschuldigungen aber stets von sich gewiesen, einen positiven Test gab es bei ihm nie. Ähnlich liegt der Fall bei Joseba Beloki. Der Spanier soll in den Fuentes-Skandal verwickelt gewesen sein, stritt eine Beteiligung aber ab. Vor einem spanischen Gericht bekam er Recht.

Der Schweizer Axel Zülle (1999) gab seinen Dopingmissbrauch zu, Ivan Basso (2005) gestand zumindest seine Absicht ein, Doping anwenden zu wollen. Beide wurden jeweils gesperrt.

Nicht recht viel besser schaut es auf den weiteren Rängen aus. Raimondas Rumsas oder Alexander Winokurow gelten als mehrfach überführte Doper, Tyler Hamilton hat das Lager gewechselt und ist einer der wichtigsten Kronzeugen gegen Armstrong und auch Laurent Dufaux hat seinen Widerstand aufgegeben und Doping gestanden.

Angesichts dieser Liste forderten etliche Experten, die aberkannten Siege Armstrongs nicht neu zu vergeben. Tour-Chef Christian Prudhomme sprach von einer "schwarzen Ära" des Radsports und forderte, entgegen der Regularien keine neuen Sieger zu benennen.

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Die getroffene Entscheidung wirft aber neue Fragen auf. Denn die UCI musste dadurch eingestehen, dass es Fahrer wie Winokurow, Klöden oder Basso nicht wert sind, in den Siegerlisten zu erscheinen, weil sie selbst im Dopingsumpf verstrickt gewesen waren. Klöden und Basso sind aber noch aktiv, Winokurow durfte erst im Sommer über den Olympiasieg jubeln und beendete anschließend endgültig seine Karriere. "Das ist keinem zu vermitteln", urteilte die Sportbeauftragte der Anti-Korruptions-Organisation Transparency International, Sylvia Schenk, bereits im Vorfeld. "Ich bin gespannt, wie man nun erklärt, dass gegen diese Fahrer keine Schritte eingeleitet werden", führte sie weiter aus.

Armstrong soll Siegprämien zurückzahlen

Die UCI fällte in Genf zudem noch ein weiteres Urteil mit großer Tragweite. Denn Armstrong soll alle seine eingefahrenen Preisgelder zurückzahlen. Schätzungen zufolge verdiente er alleine durch seine Tour-Siege rund drei Millionen Euro. "Die UCI-Regeln sind sehr eindeutig: Wer einen Sieg aberkannt bekommt, muss auch die Prämie zurückgeben", sagte Prudhomme im Vorfeld.

Damit dürften auf Armstrong erhebliche finanzielle Einbußen zukommen. Denn auf den 41-Jährigen könnten in Zukunft auch Schadensersatzklagen ehemaliger Sponsoren zukommen. Etliche seiner ehemaligen Partner haben sich nach dem Bekanntwerden der USADA-Unterlagen bereits von ihm abgewandt. Auch Journalisten und Medien, die der Texaner verklagt hatte, könnten nun ihr Recht einfordern. Auf jedem FAll kommt auf ihn nun eine Prozesslawine zu.

Unabhängige Kommission soll Verstrickungen aufdecken

UCI-Präsident Pat McQuaid warb auch am Freitag nochmals um Verständnis für die jetzige Generation: "Heute ist der Radsport ein völlig anderer Sport als noch in der Zeit von 1998 bis 2005. Die Fahrer unterliegen nun den innovativsten und effektivsten Anti-Doping-Maßnahmen und -Regularien im Sport", so der Ire.

McQuaid selbst ist allerdings umstritten, es mehren sich die Zweifel, ob mit ihm ein Neubeginn möglich sei. Immerhin fielen in die Ära McQuaids seit 2005 auch die Tour-Siege von Floyd Landis oder Alberto Contador. Der US-Amerikaner Landis hat Doping mittlerweile gestanden. Contador wies jeden Missbrauch von sich, wurde aber nach langem juristischen Ringen gesperrt. Pikant dabei ist, dass McQuaid lange Zeit zu den Verteidigern des Spaniers gehörte uns sogar versucht haben soll, die Affäre unter den Tppich zu kehren. Kronzeugen gegen Armstrong bezeichnete er schon mal als "Mistkerle", ehe die Dopingjäger aus den USA Beweise vorlegten.

Die UCI gab bekannt, dass sie eine unabhängige Kommission einsetzen wird, um die Verstrickungen des Verbandes in die Affäre zu untersuchen. "Wir werden alle Maßnahmen ergreifen, welche die Kommission als notwendig erachtet, und den Radsport zurück in die Spur bringen", sagte McQuaid. Er selbst legte einen Rücktritt bisher ab.

Des weiteren sprach sich die UCI-Kommission dafür aus, eine bereits eingeleitete Klage gegen den Journalisten Paul Kimmage zurückzuziehen. Der Ex-Profi hatte McQuaid und dessen Vorgängen Hein Verbruggen vorgeworfen, Armstrong gedeckt zu haben.