Basketball

"3 and D" und ein glückliches Händchen: Die Dominanz der Warriors

Die Dynastien der NBA, Teil 5

"3 and D" und ein glückliches Händchen: Die Dominanz der Warriors

Für viele schon jetzt der beste Werfer aller Zeiten: Point Guard Stephen Curry.

Für viele schon jetzt der beste Werfer aller Zeiten: Point Guard Stephen Curry. imago

Hätte dieser eine Pick im NBA Draft des Jahres 2009 auch für andere Franchises ein von Grund auf revolutionärer sein können? Neben Blake Griffin und James Harden wurden ihm mit Hasheem Thabeet oder Jonny Flynn auch Spieler bevorzugt, die deutlich weniger Erfolg haben sollten als der an siebter Stelle gepickte Point Guard vom Davidson-College. Die Wurf-Sensation Stephen Curry ging somit den Memphis Grizzlies, den Sacramento Kings und gleich zweimal den Minnesota Timberwolves durch die Lappen. Zum Glück, aus Sicht der Golden State Warriors.

Verletzungen, Besitzerwechsel, Rebuild

Unmittelbarer Erfolg trat in der Oakland mit Curry aber längst nicht ein. Sein selbstbewusster Spielstil, mit effizienten Dribblings, gutem Auge für die Mitspieler und einem wahnsinnig guten und zuverlässigen Wurf, gab den Warriors eine Richtung vor. Die Franchise hatte in Currys ersten Jahren aber mit einer Verletzungsmisere, einem Besitzerwechsel und einem sogenannten "Rebuild" - Stars wie Monta Ellis gingen, der Kader wurde grundlegend erneuert - zu kämpfen. Golden State zählte zu den schwächsten Teams der Liga.

Trotz aller Problematik erwies sich die Draft-Politik der Kalifornier als superb: 2011 wurde Shooting Guard Klay Thompson an elfter Stelle ausgewählt, das Guard-Duo Curry und Thompson läutete endgültig eine Stil-Entwicklung der Warriors ein - die sich auf den Dreipunkte-Wurf fixierte. Ex-Spieler Mark Jackson wurde zudem als neuer Coach installiert, anschließend stellte der Sommer 2012 weitere Weichen für künftige Erfolge.

Die Draft-Picks schlagen ein

Die Warriors drafteten Draymond Green, Harrison Barnes und Festus Ezeli. Ergo einen baldigen Top-Star, einen weiteren Starter und einen vielseitigen Ergänzungsspieler. Nach Curry und Thompson schlugen auch diese Draft Picks ein - und sich wiederholendes Glück ist bekanntlich Können. Zudem verlängerte Curry und erstmals seit 2007 konnten die Play-Offs 2013 erreicht werden. Im anschließenden Transferfenster tradete GSW mit André Iguodala für einen weitereren essenziell wichtigen Spieler: In der Bay Area bahnte sich etwas an.

Kerr ersetzt Jackson

2014 lag der Fokus darauf, die fast traditionell schwache Bank zu verstärken, im Mai desselben Jahres musste Coach Jackson - der an der Entstehung der Erfolgsgeschichte einen beachtlichen Anteil hat - für Steve Kerr weichen. Kerr, fünfmaliger Champion und selbst einer der besten Schützen der NBA-Geschichte, passte zu den Warriors wie die Faust aufs Auge.

2015 setzte sich Golden State erstmals nach 40 Jahren wieder die NBA-Krone auf. Nach einer Regular Season mit einer Siegbilanz von 67-15, einer MVP-Auszeichnung für Curry und schließlich etwas Glück, dass die Cleveland Cavaliers um LeBron James in den Finals (4:2 für GSW) ohne Kyrie Irving auskommen mussten.

Rekord und Gespött

Dass diese beiden die NBA dominierenden Teams gar nicht so weit voneinander entfernt waren, zeigte sich 2016, als die Warriors trotz eines Records von 73-9, nie war eine Regular-Season-Mannschaft erfolgreicher, in den Finals eine 3:1-Führung gegen Cleveland verspielten (Liga-Novum) - wobei diesmal Golden State in den entscheidenden Spielen auf (gesperrte) Leistungsträger verzichten musste.

Mit Durant kommt die Unbesiegbarkeit

Eine "Big Four", die ligaweit ihresgleichen sucht: Green (#23), Curry (#30), Durant (#35) und Thompson (#11). imago

Trotz "73-9" wurden die Warriors ("they blew a 3:1-lead") so zum kurzzeitigen Gespött der NBA, ehe sie, allen voran wegen des Wechsels von Free Agent Kevin Durant, zu deren Feindbild wurden. Ein Umstand, der die "Dubs" jedoch nicht aus der Bahn warf: Nahezu ohne gleichwertige Konkurrenz fuhr GSW die Meisterschaft 2017 ein, 16:1-Playoff-Run (Rekord!) inklusive. Nach einem knappen 4:3 in den Western Conference Finals 2018 gegen die Houston Rockets (die im Hinblick auf die aktuelle Saison defensiv nachgelassen haben) kassierten die Cavaliers, wie GSW zum vierten Mal hintereinander in den Finals, einen 4:0-Sweep. Die Titelverteidigung, drei Meisterschaften in vier Jahren. Die Golden State Warriors: endgültig eine Dynastie.

Erst Werfen, dann verteidigen

Ihr Erfolgskonzept: längst nicht nur die simple Präsenz vierer All-Stars. Vielmehr sind die Warriors für eine Weiterentwicklung des Basketballs mitverantwortlich. Das sogenannte "3-and-D", längst Gegenwart und mittelfristige Zukunft der Sportart, wurde von kaum einer Franchise so früh erkannt und zelebriert wie von GSW. Sich auf den Dreipunktewurf, der eben luktrativer als ein Zweier ist, zu spezialisieren und gleichzeitig gut zu verteidigen - mehr wird von vielen Rollenspielern aktuell nicht erwartet. Paradebeispiel für einen Superstar mit diesen Ausprägungen ist Thompson, der ein klassischer "Catch-and-shoot"-Spieler ist und Nebenmann Curry nahezu jede defensive Herausforderung abnimmt. Ohnehin kann bei den offensivstarken Warriors leicht übersehen werden, wie gut sie - individuell wie im Kollektiv - auch in der Defensive sind.

Nächster Titel - die Auflösung der "Big Four"?

Die Boston Celtics wirken so stark wie lange nicht, Houston war im vergangenen Jahr nahe dran - die größte "Gefahr" für die Warriors sind aber vermutlich sie selbst. Vier Superstars in einer Mannschaft - dass da nicht jeder die erste Geige spielen kann, ist offensichtlich. Diese Rolle nimmt seit seiner Ankunft - Curry kam ihm dahingehend uneigennützig entgegen - Durant ein. Gerade er wird aber dafür kritisiert, nur im Umfeld der absoluten Spitzenfranchise Titel gewonnen zu haben, dem "Easy money sniper" (Durants Instagram-Name) werden Wechselabsichten, u.a. zu den New York Knicks nachgesagt. Thompson wird, sein Vater spielte einst für die Lakers, als kommender Co-Star von LeBron James in L.A. gehandelt. Auch Curry könnte eine neue Herausforderung an der ehemaligen Wirkungsstätte seines Vaters, den Charlotte Hornets, suchen. Selbst "Emotional leader" Green könnte sich nach seinem vierten Titel in "The town" anderorts alleine durchschlagen wollen.

In diesem Fall wäre ein Scheitern 2019 für das Zusammenbleiben des Quartetts vermeintlich besser - gewinnt der Dominator der letzten Jahre einen weiteren Titel, steigt die Wahrscheinlichkeit, dass einer oder mehrere "Top-Guns" aktiv in Richtung des nächsten Karriere-Kapitels schielen.

GSW: Kein klassisches Superteam

Sie hätten auch von anderen Franchises "erkannt" werden können: "Splash Brothers" Curry (l.) und Thompson. imago

Ein wahnsinnig erfolgreiche Truppe der Marke Eigenbau, mit vermeintlichen Allerweltsmitteln zur Dynastie geformt. Die Blaupause der "Dubs", und daran scheiden sich noch die Geister, ist aber nicht, sich ein Super-Team aus vier All-Stars zusammenzustellen, sondern eigentlich, clever zu draften und zu traden, diese Spieler weiterzuentwickeln, eine passende und überlegene Spielphilosophie zu finden und sich mit (auch charakterlich) zueinander passenden Stars in der Free Agency zu verstärken. Dahingehend lieferten die Golden State Warriors offensichtlich ein Paradebeispiel. Möglichkeiten zur Nachahmung könnte es, falls sich die "Big Four" in der ganzen Liga verteilt, zu Genüge geben.

- Teil 1: Russells Celtics: Ein revolutionäres Superteam -
- Teil 2: Magic gegen Bird - die Rettung der Liga -
- Teil 3: MJ und die Bulls: Jordan goes global -
- Teil 4: Lakers und Spurs: Unterschiedliche Herangehensweisen -

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