Basketball

NBA, Dynastien - Los Angeles Lakers und San Antonio Spurs: Unterschiedliche Herangehensweisen

Die Dynastien der NBA, Teil 4

Lakers und Spurs: Unterschiedliche Herangehensweisen

Zwei, die bestens harmonierten (re., Gregg Popovich und Tim Duncan) und zwei, die es irgendwann nicht mehr konnten (Shaq und Kobe): die Spurs und Lakers der 2000er-Jahre.

Zwei, die bestens harmonierten (re., Gregg Popovich und Tim Duncan) und zwei, die es irgendwann nicht mehr konnten (Shaq und Kobe): die Spurs und Lakers der 2000er-Jahre. imago

Die National Basketball Association stand im Jahr 1999 am Scheideweg. Wer würde auf die zweimal "threepeatenden" Chicago Bulls folgen? Jordan war (vorerst) NBA-Geschichte, in den nächsten fünf bis 15 Jahren kristallisierten sich aber zwei Franchises heraus, die die Nachfolge der Vorherrschaft auf ganz unterschiedliche Art und Weise angingen. Nach Chicagos Dominanz im Osten verlagerte sich das Kräfteverhältnis der Liga spürbar in die Western Conference.

X-Faktoren Jackson und Duncan

Auf der einen Seite standen die Los Angeles Lakers, die bereits 1996 Superstar Shaquille O´Neal aus Orlando verpflichteten, während sie sich ein junges Talent namens Kobe Bryant von Charlotte ertauschten. Einige Zeit war seit den erfolgreichen Jahren der "Showtime Lakers" um Magic Johnson vergangen und "the Purple and Gold" war in die ungewohnte Mittelmäßigkeit abgerutscht. Der erneute Durchbruch sollte auch mit Shaq und dem jungen Kobe erst dann gelingen, als mit Phil Jackson der Coach nach L.A. kam, der bereits die Chicago Bulls auf die Siegerstraße gebracht hatte.

Los Angeles Lakers - Vereinsdaten
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Zuvor krönten sich aber die San Antonio Spurs. Das Team von Gregg Popovich, eine ehemalige ABA-Franchise, hatte mit Center David Robinson (MVP 1995) bereits seit Jahren einen Star, für den ganz großen Wurf reichte es aber erst nach der Ankunft von Power Forward Tim Duncan, der 1997 an erster Stelle gedraftet wurde. San Antonio gewann mit zwei dominanten Big Men 1999 die erste Meisterschaft der Post-Bulls-Ära, Duncan wurde Finals MVP.

Drei Jahre der Unbesiegbarkeit

Als besseres Tandem, auch weil Robinson bereits in die Jahre gekommen war, erwies sich in den folgenden Jahren jedoch die Kombination O'Neal/Bryant, die die Lakers zu einem "Three-Peat" (den aufeinanderfolgenden Titeln 2000, 2001 und 2002) führten. In dieser Zeit war "Shaq" auf seinem absoluten Leistungszenit, Kobe erreichte diesen langsam aber sicher - L.A. schien für drei Jahre nahezu unschlagbar zu sein und war es am Ende auch. Die Harmonie sollte allerdings nicht ewig halten.

2003 gelang es dem damaligen MVP Duncan (in Robinsons letzter Saison) und den Spurs, den etwas gesättigten Titelverteidiger auszuschalten und daraufhin die Finals für sich zu entscheiden. Durch Robinsons schwindende Präsenz hatte Popovich den Fokus seiner Mannschaft weg von zwei dominanten Big Men und der Defensive hin zu schnellen Guards und Leader Duncan als cleverem Leistungsträger verlagert. Die besten Neuzugänge kamen aus dem Ausland. Die bei ihrer Ankunft in Texas ziemlich unbekannten Tony Parker (Frankreich) und Manu Ginobili (Argentinien) avancierten über die Jahre zu absoluten Legenden ihres Spiels.

Niemals gab es nach so viel Erfolg so viel Aufruhr und Tumult.

Ein anonym gebliebener General Manager über das Drama zwischen Shaq und Kobe

Ziemlich beste Feinde

Shaq und Kobe

Voneinander genervt: Spielerisch ergänzten sich Shaq und Kobe prächtig, doch es gab persönliche Differenzen. imago

Im Staples Center waren aus spektakulären Co-Stars längst "ziemlich beste Feinde" geworden. Medien-Megastar O'Neal ließ es nach den sportlichen Erfolgen ein wenig gelassener angehen, der vom Ehrgeiz zerfressene Bryant kam damit überhaupt nicht klar - nach der deutlichen Final-Pleite 2004 (1:4 gegen die Detroit Pistons) hatte das alte und überspielte Team keine Zukunft mehr. Der Streit der beiden Superstars konnte nicht behoben werden, der ältere O'Neal wurde aussortiert und wechselte zu den Miami Heat. Ein großes "Was wäre wenn..." der Sportgeschichte, ein anonym gebliebener General Manager äußerte sich damals: "Niemals gab es nach so viel Erfolg so viel Aufruhr und Tumult."

Popovich und die Spurs hingegen bildeten um Duncan ein -Superstar ohne großes Ego und Allüren - weitsichtig ein Team von ungeheurer Konstanz auf. Insbesondere der zurückhaltende Superstar galt als essenzieller Erfolgsgarant und genoss auch wegen seines Charakters große Anerkennung, nicht nur bei seinem Trainer: "Er schlug sich nie auf die Brust, zeigte nicht Richtung Himmel, er spielte einfach."

Er schlug sich nie auf die Brust, zeigte nicht Richtung Himmel, er spielte einfach.

Gregg Popovich über seinen Superstar Tim Duncan

Immer (mal wieder) erfolgreich

Auf Augenhöhe: Selten funktionierte eine flache Hierarchie so gut wie bei den San Antonio Spurs. imago

Zwei Dekaden lang zählte San Antonio ohne Unterbrechung zu den besten Teams der Liga, 2005, 2007 und 2014 kamen weitere Meisterschaften hinzu. Bis zum letzten Titel blieben Popovich, Duncan, Parker und Ginobili - der Teamgedanke stand stets im Vordergrund - zusammen. Doch "Father Time", wie in den USA gerne gewarnt wird, blieb unbesiegt - alles hat ein Ende. 2016 beendete Duncan seine Karriere, 2018 folgte Ginobili, Parker wechselte zeitgleich nach Charlotte.

Vier Jahre dauerte es derweil in Los Angeles, bis Bryant die "neuen" Lakers nach O'Neals Abgang wieder in die Finals führen konnte. 2008 unterlag man Erzrivale Boston, 2009 (gegen Orlando) und 2010 (Revanche gegen die Celtics) errang Kobe als alleiniger Superstar seine Meisterschaften vier und fünf, erneut hielt das große Aufspielen der West-Coast-Metropole aber nur für kurze Zeit an. Nach 2011, Jackson trat zurück, bauten die Lakers kontinuierlich ab, was auch mit einer Verletzungsmisere Bryants zusammenhing.

LeBron in L.A. - Spurs holen DeRozan für Leonard

Die aktuelle Entwicklung beider Franchises mutet mitunter entgegengesetzt an: Die Lakers haben einen jungen Mannschaftskern und konnten in der Free Agency LeBron James als neues Aushängeschild vorstellen ; die Spurs verloren mit Kawhi Leonard ihren besten Spieler - im Gegenzug kam DeMar DeRozan aus Toronto - und müssen sich unter Umständen auf kurzfristigen Erfolg fokussieren. Was aber - wie bislang im jungen 21. Jahrhundert so oft - gilt: Los Angeles und San Antonio muss man auf dem Zettel haben.

- Teil 1: Russells Celtics: Ein revolutionäres Superteam -
- Teil 2: Magic gegen Bird - die Rettung der Liga -
- Teil 3: MJ und die Bulls: Jordan goes global -

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