Football

NFL: 49ers-Quarterback Brock Purdy kennt kein Zweifeln

First Overall duelliert sich mit "Mr. Irrelevant"

Nach Problemen gegen die Packers: Mentalitätsmonster Purdy kennt kein Zweifeln

Beißt sich durch: 49ers-Quarterback Brock Purdy, der 2022 als letzter Spieler im Draft gezogen worden ist.

Beißt sich durch: 49ers-Quarterback Brock Purdy, der 2022 als letzter Spieler im Draft gezogen worden ist. IMAGO/USA TODAY Network

Die bisherige NFL-Reise von Brock Purdy ist eine unglaubliche, im Grunde ein Märchen: Der in Queen Creek in Arizona geborene Spielmacher hatte nach seinem College-Abenteuer an der Iowa State University beim dortigen Team, den Cyclones, im Jahr 2022 den Sprung in die große National Football League gewagt.

Und um ein Haar wäre der Spielmacher als "undrafted player" abseits der alljährlich mit Spannung verfolgten Lotterie gelandet. Im Schatten, wo viele Draft-Gänger landen und dann oft niemals wieder Thema bei einem NFL-Team werden.

Doch mit dem letzten Pick im damaligen Draft - genauer in der 7. Runde an 262. Stelle - hatten die San Francisco 49ers den jungen Purdy gezogen - und ihn damit zum "Mister Irrelevant" gemacht. Ein gern genommene Bezeichnung für den letzten Draft-Spieler seiner Klasse.

Das Drama

Dann aber war ihm das Schicksal hold: Weil die unter Head Coach Kyle Shanahan seit Jahren bestens aufgestellten Niners massive Probleme auf der Spielmacherposition bekommen hatten (Jimmy Garoppolo und Trey Lance verletzt), schlug plötzlich die Stunde Purdys. Und wie er diese Chance ausnutzte, war schier einmalig: Unterstützt von bärenstarken Offense-Kollegen wie Christian McCaffrey oder George Kittle waren die Kalifornier damals von Sieg zu Sieg und bis ins NFC Championship Game gegen die Philadelphia Eagles marschiert.

Podcast
Podcast
#93: Welche Teams machen den größten Sprung 2024?
01:09:07 Stunden
alle Folgen

Dort ereilte aber auch Purdy das 49ers-Unheil: Der Senkrechtstarter, der auf dem College Iowa State zwischen 2018 und 2021 in stolzen 48 Partien (12.170 Yards und 81 Passing Touchdowns) gespielt und dieser Erfahrung auf das höchste Niveau übertragen hatte, verletzte sich am Ellenbogen. Mit 7:31 verpassten die Niners so klar den Super-Bowl-Einzug und schrieben unglücklicherweise ein Quarterback-Drama in fünf Akten.

"Es hat mich nicht gekümmert"

mehr zur NFL

Davor und danach hatte sich Purdy aber nie unterkriegen lassen und keinen Zweifel daran gehegt, nicht auch weiterhin die Nummer 1 auf dieser Position in San Francisco zu sein. Zitate wie diese kennzeichnen seinen Weg genauso wie seine insgsamt famosen Zahlen (fast 70 Prozent Passquote in 25 Regular-Season-Partien bei 5654 Yards, 44 Touchdowns und nur 15 Interceptions). "Es hat mich nicht gekümmert, an welcher Stelle und in welcher Runde ich gepickt werde", hatte sich Purdy letztes Jahr mal an seinen Draft zurückerinnert. "Ich dachte immer nur daran, dass ich da rausgehen und eine Chance will, mich auf diesem Niveau zu beweisen. Das ist meine Mentalität."

Und diese Mentalität zog sich in dieser Saison weiter: Zunächst hatte Purdy seine schwierige Ellenbogenverletzung erfolgreich überstanden, sich wie lange vermutet in der Tat als Starting Quarterback behauptet und unter anderem dafür gesorgt, dass San Fran neben Garoppolo (Las Vegas Raiders) auch den einstigen Hoffnungsträger Lance (Dallas Cowboys) abgestoßen hatte. Viele weitere Siege folgten - und auch ein größeres Tal zwischendurch mit drei Niederlagen am Stück (nur drei Touchdowns plus ganze fünf Interceptions in diesem Zeitraum), seine ersten Pleiten in alleiniger Verantwortung überhaupt, ließen ihn nicht groß aus dem Tritt kommen.

Interessantes Aufeinandertreffen

Kyle Shanahan

Hat in San Francisco sportlich das Sagen - und mit seinem System seit Jahren Erfolg: Head Coach Kyle Shanahan. IMAGO/UPI Photo

Genauso wenig wie die anhaltende Diskussion um seine Person. Kritiker werfen ihm seit jeher vor, quasi nur so gut zu spielen, weil ihn sein herausragender Head Coach Shanahan weich bettet. Mitspieler wie McCaffrey würden ihm leichtes Spiel machen, Pässe anzubringen. Er führe für viele nur das 1:1 aus, was ihm sein Trainer ins Ohr flüstert. Gefundenes Fressen für diese These war dabei sicherlich das jüngste Play-off-Spiel gegen die Green Bay Packers (24:21), als Purdy - im Dauerregen - in der Tat zirka 3,5 Viertel nicht gut ausgesehen hatte. "The Pack" hatte immer wieder gut Druck ausgeübt, dabei früh eine eigentlich sichere Interception durch Darnell Savage ausgelassen und so selbst das Spiel in die Hand genommen.

Warum es aber dennoch zum Niners-Erfolg reichte? Weil Linebacker Dre Greenlaw einerseits gleich zwei Interceptions gefangen und jener Purdy im final entscheidenden Drive richtig, richtig stark aufgespielt hatte. Über zwölf Plays orchestrierte der Spielmacher hier seine Mannen über 69 Yards nach vorn, brachte abgesehen von einem Drop von George Kittle (dafür konnte Purdy nichts) all seine Pässe (sechs von sieben) für 47 Yards an. Lief einmal selbst ganz stark über neun Yards und übergab am Ende das Ei "CMC" für den entscheidenden TD.

Ich denke, das ist der Punkt, an dem sich die Großen wirklich von den anderen unterscheiden.

Brock Purdy über seine Einstellung zum Spiel

Und genau hier kommt das zum Tragen, was Mitspieler, Fans und positiv gegenüber Purdy stehende Zuschauer seit geraumer Zeit feststellen - die Mentalität des Quarterbacks ist groß. "Das ist meine Mentalität", wie es Purdy selbst sagt. Hier weiß der Spielmacher immer zu überzeugen - und genau mit dieser Einstellung geht er jetzt auch ins Duell mit den Detroit Lions um Jared Goff, Amon-Ra St. Brown & Co.

"Es spielt überhaupt keine Rolle, ob du gut oder schlecht gespielt hast, denn davon nehme ich in der nächsten Woche nicht wirklich etwas mit", sagte Purdy im Vorfeld des anstehenden NFC-Endspiels um den Super-Bowl-Einzug. "Das ist ein neues Spiel. Das ist ein neues Schema. Das ist ein neues Umfeld. Alles wird neu und anders sein. Es ist fast so, als müsste man die Dinge bereinigen, aus den Fehlern lernen und auf den guten Dingen aufbauen, die man getan hat ... Ich denke, das ist der Punkt, an dem sich die Großen wirklich von den anderen unterscheiden." Und er wolle schließlich einer dieser "Großen" sein, was er in seiner erst kurzen NFL-Karriere schon mehrmals gezeigt hat.

Interessanter Aspekt noch zum anstehenden Duell mit Detroit: Während Purdy bekanntlich der "Mr. Irrelevant" des Draft-Jahres 2022 ist, ist Lions-Quarterback Goff der First Overall Pick aus 2016 (damals gezogen von den Los Angeles Rams). Erster gegen Letzter sozusagen, wobei "Letzter" ganz sicher nicht auf seine Leistungen zutrifft - im Grunde seit seinem ersten Auftritt schon nicht. Das stellt auch sein Head Coach Shanahan nochmals heraus: "Brock hat so viele gute Dinge gemacht für uns ohne die es nicht möglich gewesen wäre, Spiele zu gewinnen."

mag

Extreme Play-off-Dürrephasen in der NFL: Wer hat am längsten gewartet?