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Barcelonas Paulinho vor dem Clasico gegen Real Madrid im Fokus: Wer hätte das gedacht?

Wie Belo Horizonte seine Karriere eigentlich beendete

Entwicklungsschritt China: Paulinho lacht über das Gelächter

Kann einfach wieder lachen: Barças Paulinho.

Kann einfach wieder lachen: Barças Paulinho. imago

Gäbe es eine Reset-Taste, viele Brasilianer würden wohl nochmal zum Anfang des Sommers vor drei Jahren gehen. Über das Ende wird auch heute gefühlt nur mit einer geballten Faust unter dem Tisch gesprochen. Siebenzueins , wer sich erinnert.

Der Umgang war bei jedem Beteiligten unterschiedlich, Neymar zum Beispiel, der ja verletzt gefehlt hatte beim Siebenzueins, kehrte nach Katalonien zurück und gewann mit Barça die Champions League. Ironischerweise in Deutschland .

Und einer blieb übrig, der beim Siebenzueins zur Pause eingewechselt wurde und das Nullzufünf - überraschenderweise - nicht mehr umbiegen konnte. Paulinho hatte gerade sein erstes Jahr in der Premier League hinter sich, doch sein Trainer und Fürsprecher (André Villas-Boas), der ihn 2013 aus der Heimat von Corinthians zu den Spurs gelockt hatte, war längst nicht mehr da. Die Premierensaison war mit 37 Pflichtspielen vorzeigbar, vier Startelfeinsätze sollten im Jahr darauf folgen. Im Jahr nach dem Siebenzueins.

Kommst du nach Barcelona?

Lionel Messi während eines Länderspiels zu Paulinho

"Irgendwie wollte ich wieder zur Normalität zurückkehren", blickt Paulinho im Gespräch mit dem "Guardian" zurück auf den traumatischen Juli-Abend in Belo Horizonte. "Ich kam als Letzter aus dem Urlaub und mit so einer WM im Kopf..." Einfach war es nicht für ihn "und ich habe selten darüber gesprochen. Was soll man auch sagen? Es ist halt passiert" - und zur Krönung "musste ich zurück zu meinem Klub".

Tottenham hatte mit Mauricio Pochettino aus Southampton einen neuen Trainer geholt, der seine Vorstellungen - das steht zumindest heute fest - ganz gut durchbrachte. Nur Paulinho spielte dabei eben keine Rolle. Also fragte der Brasilianer beim Vereinsboss Daniel Levy nach: Er wollte weg, irgendwo wieder spielen. Zwei Leihangebote gab es aus Europa, aber die waren nicht wirklich lukrativ, "ich wollte ganz weg."

Der China-Wechsel - Neuanfang statt Ende

Und so endete er in China , im Südosten in Guangzhou. Enden ist das Stichwort, das in diesem Aspekt auch für seine fußballerische Karriere galt, oder gelten sollte. Da es China war, registrierte kaum jemand, dass Guangzhou Evergrande - mit Trainer und Landsmann Luiz Felipe Scolari - nicht das Ende, sondern ein Neuanfang war. Sieben Titel (drei Meisterschaften, AFC Champions League, zweimal Supercup und einmal Pokal) später passierte dann das irgendwie Undenkbare.

Gerade hatte Paulinho im Testspiel gegen Argentinien einen Freistoß ausführen wollen, als sich Lionel Messi neben ihn stellte und fragte: "Kommst du nach Barcelona?" "Wenn’s nach mir geht", antwortete Paulinho, "dann ja."

Tatsächlich kam es zum Wechsel , der mehr Gespött als sonst irgendetwas auf sich zog, vor allem da Paulinho bei Guangzhou noch über drei Jahre Vertrag hatte. Barça, das von den 222 Neymar-Millionen "nur" knapp 100 für Ousmane Dembelé reinvestiert hatte, stand unter Druck - und zahlte dann 40 Millionen für einen 29-jährigen Mittelfeldspieler aus der Chinese Super League, der bei seiner einzig ernstzunehmenden Station krachend gescheitert war?

Der Iniesta-und-Busquets-Hybrid - wie lächerlich

"So einen wie ihn hatten wir noch nicht", erklärte der damals neue Barça-Coach Ernesto Valverde, der seit den Supercup-Finalspielen im August übrigens noch immer kein Pflichtspiel verloren hat. Ein Spieler, der sowohl physisch präsent wie auch offensiv gestaltend sein kann. Balleroberer, Passgeber und Vollstrecker, ein Hybrid aus Sergio Busquets und Andres Iniesta sozusagen, mit mehr Torgefahr. Was für ein lächerlicher Vergleich, hätte man im August gesagt.

Im Dezember hat Paulinho so viele Ligatore erzielt wie Gareth Bale und Cristiano Ronaldo zusammen (6). Seine Kritiker sind längst verstummt, ohnehin war das, so sagt Paulinho zumindest, nie seine Motivation. Belächelt wurde er für den Wechsel nach Spanien, "niemand hat mir eine Chance gegeben, seine Karriere ist vorbei haben sie gesagt, aber ich bin glücklich und spiele gut" - das Strahlen im Gesicht sein ständiger Begleiter - "wer hätte das gedacht?"

mkr