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Die FIFA stirbt einen Tod auf Raten

Blatter Beschuldigter, Platini (noch) Zeuge

Die FIFA stirbt einen Tod auf Raten

Es ist ein Tod auf Raten, den der Fußball-Weltverband FIFA stirbt.

Es ist ein Tod auf Raten, den der Fußball-Weltverband FIFA stirbt. picture alliance

Erst die Verhaftung von sieben FIFA-Offiziellen Ende Mai, dann die Wiederwahl Blatters gefolgt von einer Rücktrittsankündigung am 2. Juni. Schon der Frühsommer war turbulent. Und im Herbst ging es weiter mit den Turbulenzen. Am Montag vor einer Woche hielten US-Justizministerin Loretta Lynch und der Schweizer Bundesanwalt Michael Lauber eine Pressekonferenz in Zürich, die eine ganz offene Drohung war - freilich ohne konkrete Namen zu nennen. Drei Tage zuvor hatte der Schweizer TV-Sender SRF ein Dokument über den Verkauf von Fernsehrechten an den Weltmeisterschaften 2010 und 2014 durch Blatter höchstpersönlich im Jahr 2005 an seinen ehemaligen Vizepräsidenten Jack Warner öffentlich gemacht, was den Tatbestand der ungetreuen Geschäftsbesorgung erfüllen würde.

"Treuwidrige Zahlung" von zwei Millionen Schweizer Franken

Auch über diese Geschichte ist der 79-Jährige, für den zunächst aber die Unschuldsvermutung gilt, nun ganz offenbar gestolpert, wie in der Medienmitteilung der Bundesanwaltschaft (BA) zu lesen ist. Doch dem nicht genug: "Zudem wird Joseph Blatter eine treuwidrige Zahlung von CHF 2 Mio. im Februar 2011 an Michel Platini, Präsident der Union of European Football Associations (UEFA), zu Lasten der FIFA vorgeworfen, angeblich für die zwischen Januar 1999 und Juni 2002 geleisteten Dienste", heißt es in dem Schriftstück. Platini ist als Zeuge vernommen worden, Blatter als Beschuldigter.

Die kolportierte Zahlung freilich wirft noch mehr Fragen auf. Vor allem für Platini, der sich in den vergangenen Wochen für die Nachfolge des Schweizers in Stellung gebracht hat. Der Franzose ist nun in Erklärungsnot. Wenn sich der Verdacht als korrekt erweist, wird er ethisch-moralisch diese Fragen beantworten müssen: Warum hat er diese Zahlung angenommen? Warum hat er sie nicht bei verbandsinternen Instanzen wie der Ethikkommission angezeigt? Muss er auch juristische Fragen fürchten, aus steuerlichen Gründen zum Beispiel?

Platini erklärte sich mittlerweile mit folgender Aussage: "Was die Zahlung angeht: Der Betrag erklärt sich aus meiner Arbeit gemäß einem Vertrag, den ich mit der FIFA hatte. Ich bin froh, dass ich in der Lage war, alle Unklarheiten betreffend diese Zahlung gemeinsam mit den Behörden aufzuklären."

Blatter und sein ehemaliger Ziehsohn Platini

Joseph Blatter

Warum überweist Blatter seinem ehemaligen Ziehsohn Platini zwei Millionen Franken? picture alliance

Eine interessante Frage ist auch die nach dem Zeitpunkt der "treuwidrigen" Vergütung. 2011 waren sich Blatter und Platini längst spinnefeind. Warum also überweist der FIFA-Präsident seinem ehemaligen Ziehsohn, der sich abgenabelt hat, zwei Millionen Franken?

Vergangene Woche hat die FIFA Jerome Valcke suspendiert, nachdem die Ticketagentur JB Sports Marketing (JBSM) belastendes Material gegen den Generalsekretär vor Journalisten präsentiert hat. Die treibende Kraft bei JBSM ist Benny Alon. Der ehemalige US-Profi mit israelischen Wurzeln hat während der Präsentation der Dokumente im Zürcher "Zunfthaus zur Saffran" keinen Hehl aus seiner Nähe zu Platini, seinem Golfpartner, gemacht. Der Franzose sei der geeignete Mann für den Posten als Weltfußball-Chef. Trotz seiner Verbindungen nach Katar, wo die WM 2022 stattfinden wird.

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Der Korruptionssumpf ist viel älter

Mit der Doppelvergabe der Turniere 2018 (an Russland) und 2022 im Jahr 2010 begannen die Ermittlungen. Zunächst intern durch den Garcia-Report, der Blatter und Co. zumindest nach dem, was die FIFA öffentlich gemacht hat, nichts nachweisen konnte. In der Zusammenfassung des FIFA-Ethikrichters Hans-Joachim Eckert ist lediglich von ungeschicktem Verhalten die Rede. Dann extern, durch die US-amerikanischen und die Schweizer Behörden. Der Korruptionssumpf aber, der ist älter. Viel älter.

Ein Beispiel zeigt das: Sollte Blatter nun, während Ermittlungen gegen ihn laufen, wie Valcke suspendiert werden, würde sein Stellvertreter Issa Hayatou kommissarisch nachrücken. Der Chef der afrikanischen Verbände ist die skandalumwittertste Person in der FIFA-Regierung. Er hat nachweislich Schmiergeld von der 2001 in die Insolvenz gegangenen Rechteagentur ISL erhalten. Nicht der einzige Vorwurf gegen den Kameruner. Er sitzt seit 1990 im Exekutivkomitee des Weltverbandes. Suspendierung gegen den stets loyalen Lieferanten der afrikanischen Stimmen für Blatter? Fehlanzeige. Auch das ist ein Grund dafür, dass die FIFA nun einen Tod auf Raten stirbt.

Benni Hofmann