Es war eine schwere Geburt. Und es ist kein Wunschkind, das der DFB nun endlich in die Welt setzen konnte. Die olympische Auswahl, die Horst Hrubesch betreuen darf , ist eine Kompromisslösung, keine goldige Traumelf. Man mag das bedauern. Mehr als ein Ausdruck der herrschenden Verhältnisse ist es jedoch nicht.
Dass Joachim Löws A-Nationalmannschaft Priorität genießt, war gleich nach der Qualifikation klar und ist auch unbestritten. Dass angesichts des unpassenden Rio-Termins parallel zum Saisonstart die Begeisterung der Klubs (und Arbeitgeber) gering sein würde, war ebenso wenig überraschend.
Die Wehen kurz vor Bekanntgabe des Kaders grenzten nun jedoch an eine Farce. Die Fülle an begrenzenden Kriterien für eine Nominierung ist beispiellos. Sie verdeutlicht die Hackordnung im Fußball, in dem die Ligen gegenüber den Verbänden immer mächtiger werden. Und sie symbolisiert gleichzeitig die schwindende Bedeutung von Olympia gerade aus Sicht von lukrativen Profibranchen wie dem Fußball.
In anderen Ländern sieht das nicht anders aus. Daher sind Hrubeschs Schützlinge mit ihrer individuellen Qualität nicht chancenlos. Die sportliche Leitung verdient ohnehin vollstes Vertrauen.
Die Hauptrolle gebührt bei den Sommerspielen ohnehin den Athleten, die sich sonst wie Stiefkinder fühlen.
Dabei darf man getrost davon ausgehen, dass dieses Team vorübergehend - ebenso wie die Frauen-Nationalmannschaft – zu der Deutschen liebstem Kind wird, wenn es sich live im Fernsehen tatsächlich Richtung Medaillenränge dribbelt und von Gold träumen darf.
Das freilich wäre ganz nach Wunsch des DFB. Mit zwei Teams trägt der weltgrößte Verband dazu bei, dass Deutschland in den Mannschaftssportarten allgemein wieder besser vertreten ist als noch vor vier Jahren in London.
Die Hauptrolle gebührt bei den Sommerspielen ohnehin den Athleten, die sich sonst wie Stiefkinder fühlen, vernachlässigt von der breiten Öffentlichkeit, wenn das olympische Feuer nicht brennt.
Jörg Jakob, kicker-Chefredaktion