Bundesliga

50+1: Ein Damoklesschwert über der Liga - Kommentar von Rainer Franzke (Chefredaktion)

Kommentar von Rainer Franzke (Chefredaktion)

50+1: Ein Damoklesschwert über der Liga

Das Eis ist dünn: Die DFL hat den Antrag von Hannover 96 am Mittwoch einstimmig abgelehnt.

Das Eis ist dünn: Die DFL hat den Antrag von Hannover 96 am Mittwoch einstimmig abgelehnt. imago

Will Hannovers Klubpräsident Martin Kind nicht zum Papiertiger abgestempelt werden, muss er seinen Ankündigungen die entsprechenden Taten folgen lassen und nach der DFB-Entscheidung vom Mittwoch, der Ablehnung der 50+1-Ausnahme , vor Gericht ziehen. Gegebenenfalls bis vor den Europäischen Gerichtshof (EuGH), der wohl erst in einigen Jahren ein verbindliches Grundsatzurteil sprechen würde. 50+1 schwebt bis dahin wie ein Damoklesschwert über der Liga.

Es gibt gleichermaßen gute Gründe für den Erhalt der 50+1-Regel wie für deren Abschaffung. Der EuGH habe kein Auslegungsmonopol in dieser Angelegenheit, behaupten die einen. Verbände besäßen kein Recht, Unternehmen und Kapitalgesellschaften die Gestaltung ihres Handelns vorzuschreiben, sagen die anderen.

Hannover 96 - Vereinsdaten
Hannover 96

Gründungsdatum

12.04.1896

Vereinsfarben

Schwarz-Weiß-Grün

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Die DFL, deren Gesellschafter die 36 Profiklubs sind, hatte im Frühjahr den Vorschlag unterbreitet, 50+1 über eine Befragung der Klubs und ihrer Partner zu überprüfen. Ende 2018 sollte danach eine Mitgliederversammlung der Liga über die Zukunft der Regel entscheiden. Dieses Vorhaben wurde auf der turbulenten Mitgliederversammlung am 22. März in Frankfurt am Main auf Antrag von Andreas Rettig (FC St. Pauli) abgelehnt. Eine Mehrheit der Klubvertreter sprach sich für die Beibehaltung von 50+1 in der bestehenden Form aus.

Antrag beim Bundeskartellamt

Unabhängig von dieser Entscheidung hat die DFL einen Prüfungsantrag an das Bundeskartellamt gerichtet. Die Bonner Behörde möge befinden, ob 50+1 mit dem nationalen Kartellrecht zu vereinbare ist.

Der Worst Case träte für den deutschen Fußball ein, wenn der EuGH 50+1 aushebeln sollte. Und zwar dann, wenn Kind seiner angekündigten Klage auch Schadensersatzansprüche gelten machen sollte. Und wenn sich weitere Klubs dieser Klage anschließen sollten. Da könnte eine Kostenlawine auf die Liga zukommen.

Rainer Franzke

Rainer Franzke (Chefredaktion) kicker

Das DFL-Präsidium hätte es sich mit einer Ausnahmegenehmigung leicht machen können - die Bayer Leverkusen, dem VfL Wolfsburg und zuletzt der TSG Hoffenheim erteilt worden ist. Das Engagement der Bayer AG, der Volkswagen AG und von Dietmar Hopp (Hoffenheim) bei diesen Vereinen lag zwar deutlich höher als das von Martin Kind - aber darf in einer so grundlegenden Frage die Höhe der finanziellen Unterstützung ein entscheidendes Kriterium (neben der Dauer dieser Förderung) sein?

Und wie verhält es sich bei dem Thema mit RB Leipzig. Und auch mit Borussia Dortmund, wo der Mutterverein nur 5,53 Prozent der Anteile an der börsennotierten BVB KGaA hält?

50+1 wird schon längst ziemlich direkt und über geschickte Finanzierungsmodelle von zahlreichen Klubs umgangen. Das hatten jene Klubvertreter nicht vor Augen, die im März eine ordentliche Bestandsaufnahme der Regel und eine mögliche Reform abgelehnt hatten.

Dass am Ende des Tages vielleicht ein Gericht in dem Streit zwischen Traditionalisten und Investoren entscheiden wird, kann auch etwas Gutes haben: das definitive Ende des jahrelangen Zirkus' um die 50+1-Regel.

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