Bundesliga

Werte-Verfall: Stöger fordert FC-Entscheidung

Wehrle reagiert kühl auf deutliche Worte des Kölner Trainers

Werte-Verfall: Stöger fordert FC-Entscheidung

Mit dem 1. FC Köln tief in der Krise: Chefcoach Peter Stöger.

Mit dem 1. FC Köln tief in der Krise: Chefcoach Peter Stöger. Getty Images

Man hat als Verein definitiv etwas nicht ganz richtig gemacht, wenn ein Angestellter wie Peter Stöger "Klarheit" einfordern muss. Stöger ist seit über vier Jahren das prägende Gesicht dieses Klubs und mehrte dessen Ansehen durch seine Arbeit, die Ergebnisse und seine Art, sich und den 1. FC Köln nach außen zu transportieren. Stöger nahm sich nie wichtig, immer stand für ihn der Verein im Vordergrund, nun wird er hingehalten auf der Zielgeraden seines Engagements. "Ich könnte mit jeder Entscheidung leben", sagte er am Donnerstag, "aber es muss eine her." Nicht unbedingt seinetwegen: "Es wäre vor allen Dingen für die Mannschaft wichtig." Die Ungewissheit sorge für ein Szenario, "das nicht optimal ist".

Von Spiel zu Spiel zu schauen - das sei "keine klare Aussage". Und "ich hätte gerne eine klare Aussage". Vorerst bekommt er sie nicht. "Dass eine baldige Entscheidung für ihn wünschenswert ist, habe ich vernommen", sagte Geschäftsführer Alexander Wehrle der dpa: "Aber wir haben gemeinsam vereinbart, dass wir jetzt nur noch von Spiel zu Spiel schauen."

Trainersteckbrief Stöger
Stöger

Stöger Peter

Bundesliga - Tabelle
Pl. Verein Punkte
1
Bayern München Bayern München
32
2
RB Leipzig RB Leipzig
26
3
FC Schalke 04 FC Schalke 04
25
1. FC Köln - Die letzten Spiele
1. FC Heidenheim Heidenheim (A)
4
:
1
1. FC Union Berlin Union (H)
3
:
2

Dass es so weit kommen musste, beschreibt die aktuelle Situation des Vereins. An der Entwicklung trägt Stöger Mitschuld, vieles von dem, was schief lief, basierte auch auf Trainerarbeit. Vor allen Dingen aber hätte er früher artikulieren müssen, was er sah, monierte und womit er eigentlich nicht leben wollte, vor allen Dingen in Sachen Personal. Nun ist es wahrscheinlich zu spät.

Wir haben uns schon von ein paar Werten, die wir in den letzten Jahren gelebt haben, wie zum Beispiel Vertrauen, Respekt und Verantwortung, ein Stück weit losgelöst.

Peter Stöger

Es scheint, als habe der Wiener sich innerlich vom FC verabschiedet, so wie er dem Klub vorwirft, sich von den Werten verabschiedet zu haben, die man gemeinsam so lange umgesetzt habe. Stöger wörtlich: "Wir haben uns schon von ein paar Werten, die wir in den letzten Jahren gelebt haben, wie zum Beispiel Vertrauen, Respekt und Verantwortung, ein Stück weit losgelöst. Aber es ist leider im Moment schwierig, diese Werte beisammen zu halten. Und das geht leider Gottes in alle Bereiche. Da haben wir in der ganzen Besetzung ein bisschen Nachholbedarf."

Ausgenommen wurde lediglich Wehrle, der Austausch mit ihm sei außergewöhnlich gut, so Stöger. Wehrles Reaktion: "Ich weiß nicht, wen er meint und an welche Beispiele er denkt. Grundsätzlich haben wir eine Charta, nach deren Werten wir leben wollen."

Stöger erwartet "außergewöhnlich schwere Aufgabe gegen Schalke"

Das skurrile Element in der Personalie Stöger: Der Verein will die Zusammenarbeit nicht Knall auf Fall beenden. Präsentiert sich die Mannschaft auf Schalke wie gegen die Hertha zuletzt und verliert, spitzt sich die Lage zu, und Stöger ist wahrscheinlich am Sonntag seinen Job los. Trumpft sie kämpferisch auf wie gegen den FC Arsenal vor einer Woche, wird es schwer, den Trainer zu entlassen, der auch vor dieser schweren Auswärtsaufgabe immer noch fast eine komplette Elf verletzungsbedingt ersetzen muss: "Es wird eine außergewöhnlich schwere Aufgabe gegen Schalke. Die Personalsituation macht es nicht einfach. Aber wir werden eine Mannschaft mit Bundesliga-Qualität auf den Platz bringen", so Stöger, der auch in dieser prekären Situation nicht bereit ist, in den Jammermodus zu verfallen.

kicker-Leser setzen ein Votum pro Stöger

Seine unverblümte und authentische Art kommt an, kein Zweifel. Rund 60.000 kicker-Leser stimmten bei der Frage, ob es richtig sei, an Stöger als Trainer festzuhalten, ab. Satte 68 Prozent antworteten mit "ja". Ein Pro-Stöger-Votum von vielen in diesen Tagen, auch sein Kollege Christian Streich lobte bei "Eurosport" den Österreicher für die Konsequenz, mit der dieser Verantwortung übernehme.

Frank Lußem