Handball

Was Gensheimer wirklich vom Neckar an die Seine zieht

Gefahrenfeld für die Bundesliga, die Chance fürs Nationalteam

Was Gensheimer wirklich vom Neckar an die Seine zieht

Verspürt große Lust auf das "neue Projekt" in Paris: Löwen-Kapitän Uwe Gensheimer bewegen viele Gründe.

Verspürt große Lust auf das "neue Projekt" in Paris: Löwen-Kapitän Uwe Gensheimer bewegen viele Gründe. imago

Persönliche Auszeichnungen hat er genügend gesammelt

Seit mittlerweile 13 langen Jahren trägt Gensheimer das Löwen-Trikot, am Neckar reifte er vom unbekannten Talent zu einem der besten Linksaußen der Welt. Seine Qualitäten sind unbestritten: Er ist ein verlässlicher Siebenmeterschütze, trifft durch sein wahnsinniges Handgelenk aus den unmöglichsten Winkeln, ist selbst aus dem Rückraum hin und wieder für einen Treffer gut und hat dazu die Mentalität eines Anführers. Persönliche Auszeichnungen gehören zu Gensheimer wie Notre Dame zu Paris. Von 2011 bis 2014 wurde er zu Deutschlands Handballer des Jahres gewählt. 2011 setzte er sich die Krone als Torschützenkönig der Champions League auf, nur ein Jahr darauf gelang ihm das gleiche Kunststück in der Bundesliga.

In der Nationalmannschaft deutete Gensheimer ebenfalls früh das große Potenzial an: 2006 wurde er mit den Junioren Europameister, 2007 immerhin Vizeweltmeister und zum wertvollsten Spieler des Turniers gewählt. Ansonsten waren Erfolge für den gebürtigen Mannheimer, der mittlerweile die Binde in der A-Nationalmannschaft trägt, rar gesät. 2013 wurde er mit den Löwen EHF-Pokalsieger, das war es dann aber auch.

Gensheimer: "Was PSG anbietet, beinhaltet ähnlich hohe Ambitionen"

Präsentiert sein neues Trikot mit Stolz: Uwe Gensheimer.

Präsentiert sein neues Trikot mit Stolz: Uwe Gensheimer. Paris St. Germain

Für Titel ist Gensheimer aber ab Sommer 2016 genau an der richtigen Adresse, national hat PSG kaum Konkurrenz - und durch den wahnsinnigen Kader, der spätestens im nächsten Jahr eingespielt sein wird, auch international die besten Chancen auf große Trophäen. "Ich bin sehr stolz, bei Paris St. Germain zu spielen und kann es kaum erwarten, mich in dieses Team mit seinen außergewöhnlichen Spielern zu integrieren", so Gensheimer in einem ersten Interview auf der französischen Vereinswebsite. Dafür hat er in drei Jahren bis Juni 2019 genug Zeit.

Leicht ist die Entscheidung freilich nicht gefallen, aber: "Nach 13 Jahren wollte ich mich einfach in ein neues Projekt stürzen. Und das, was PSG anbietet, beinhaltet ähnlich hohe Ambitionen, die ich mir selbst auch gesteckt habe." Und in Paris findet Gensheimer eine Situation vor, mit der deutsche Klubs nicht mithalten können. Da wäre einerseits das hohe Gehalt, das der Hauptstadtklub durch katarische Millionen zahlen kann. Medienberichten zufolge soll der DHB-Kapitän 10.000 Euro mehr im Monat verdienen, im Jahr sollen es rund 500.000 Euro sein.

Hohe Gehälter, geringes Pensum

Andererseits schont die geringe Konkurrenz für PSG in Frankreich die geschundenen Knochen, für die Stars ist gegen schwächere Teams häufiger Schonung angesagt als in der ausgeglicheneren HBL. Die Bundesliga dagegen wartet mit einem jährlich steigenden Pensum auf. Kein Wunder also, dass Topstars wie Momir Ilic, Aron Palmarsson (beide Veszprem), Filip Jicha (FC Barcelona) und nun Gensheimer der Liga den Rücken kehren. Letzteren bewog zudem die Möglichkeit, "in einem anderen Land zu leben", zu einem Wechsel. Eine Absage kam kaum in Frage, "das Angebot war zu interessant". Das Zusammenspiel aus finanziellem und sportlichem Anreiz war eine unschlagbare Kombination.

Die Mehrheit der Leute kann diesen Schritt und meine Gedanken verstehen.

Löwen-Kapitän Uwe Gensheimer über seinen Abschied

Auch deswegen konnte "die Mehrheit der Leute diesen Schritt und meine Gedanken verstehen", so Gensheimer. Frankreich, Spanien, Ungarn oder Polen - so heißen die neuen Handball-Mekkas. Durch die Terminflut geht die Attraktivität den deutschen Spitzenklubs mehr und mehr ab, die "stärkste Liga der Welt" kann ihren Nimbus wohl nicht ewig halten.

Wird dem Löwen-Rudel schwer fehlen: Der emotionale Anführer Uwe Gensheimer.

Wird dem Löwen-Rudel schwer fehlen: Der emotionale Anführer Uwe Gensheimer. imago

Zumindest für die hiesigen Talente und die deutsche Nationalmannschaft bietet das eine große Chance. Für Spieler wie Rune Dahmke (Kiel), Paul Drux (Berlin) oder Simon Ernst (Gummersbach) ist der Sprung auf die ganz große Bühne leichter, weil andere Topstars von der Terminhatz abgeschreckt werden. Ihrer Entwicklung steht - außer schwereren Verletzung wie im Falle Drux - also kaum etwas im Wege.

Ein solches Talent war auch Gensheimer einst, als ihn ein Anruf aus Kiel ereilte. Ein gewisser Noka Serdarusic - heute Trainer bei Paris St. Germain - wollte ihn "mit 18 oder 19 Jahren zu Kiel holen". Doch der junge Mannheimer konnte und wollte nicht weg, Schulbildung und Heimat gingen vor. Nun ist aber der richtige Zeitpunkt gekommen, um sein "Nest" zu verlassen. Am liebsten würde sich Gensheimer natürlich mit dem einen oder anderen Titel verabschieden, ehe er ab Sommer 2016 fast die Garantie darauf hat.

msc