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Vereinsnamen: Von Titanen, Teutonen - und der katholischen Kirche

Teil 5 der kicker-Serie über die deutschen Fußballvereine

Vereinsnamen: Von Titanen, Teutonen - und der katholischen Kirche

Hoffen, beten, bangen: Auch in den Vereinsnamen schlägt sich der Glaube hierzulande nieder.

Hoffen, beten, bangen: Auch in den Vereinsnamen schlägt sich der Glaube hierzulande nieder. imago images

Wenn die Eintracht gegen die Fortuna antritt, gibt es formell mehrere Möglichkeiten. Ein Spiel zwischen Braunschweig und Köln ist ebenso denkbar wie das Duell Eintracht Trier mit dem FC Fortuna Mombach. In Ost-Berlin wird man sich vielleicht an das letzte Amateur-Derby Eintracht Mahlsdorf gegen Fortuna Biesdorf erinnern. Aber natürlich wird der Großteil an nur eine Begegnung denken: Eintracht Frankfurt gegen Fortuna Düsseldorf.

Vereinsnamen enthalten eine Reihe von naheliegenden und "nützlichen" Informationen: den Ort, vielleicht die Sportart, mitunter noch das Jahr der Gründung. Daneben gibt es aber auch eine Reihe von Wörtern, die auf den ersten Blick nur Deko sind - weder informativ noch zur Abgrenzung geeignet, siehe Eintracht und Fortuna. Warum gibt es sie also überhaupt?

+++ Dieser Text ist Teil der kicker-Serie über Fußballvereinsnamen. Über dieses Tool können Sie sich selbst die Verteilung verschiedener Begriffe wie Eintracht, TSV oder Blau-Weiß anzeigen lassen. +++

Häufigste Beinamen

Die Deutsche Jugendkraft (DJK) dominiert bei "Appell"-Vereinen. kicker/Datawrapper

Der Sprachwissenschaftler Dieter Stellmacher bezeichnet diese Zusätze als "Beinamen" - und unterscheidet mehrere Typologien wie zum Beispiel Farben oder ökonomische Bezüge. Andere Kategorien erscheinen etwas diffuser, lassen sich aber insofern zusammenfassen, als die Beinamen einen gewissen Appell-Charakter haben - sei es an die Kraft (Titania), das Glück (Fortuna) oder die Heimat (Borussia). Appelle wirken einerseits identitätsstiftend, andererseits weisen die Beinamen auch auf historische Kontexte der Vereinsgründungen hin. Mit anderen Worten: Sie sind eben nicht nur Deko.

Erst der Latein-Trend, dann englische Einflüsse

Die Wahl des Beinamens eines Vereins kann ganz unterschiedliche Gründe haben. Und oft war wohl tatsächlich eine große Portion Zufall im Spiel, wie das Beispiel Borussia Dortmund beweist (der Überlieferung nach benannt nach einer ortsansässigen Brauerei, deren Plakette zufällig in dem Wirtshaus hing, in dem man den BVB gründete).

Doch sind bestimmte Trends bei den Beinamen durchaus erkennbar. Auffällig ist etwa die häufige Verwendung lateinischer Bezeichnungen. Seien es römische Gottheiten wie Fortuna, Viktoria oder Concordia oder latinisierte geografische Bezeichnungen wie Teutonia oder Alemannia. Auch der älteste noch existierende Fußballverein Deutschlands trägt einen latinisierten Namen: der Berliner FC Germania 1888. Seine Geschichte steht beispielhaft für den Latein-Trend in der Entstehungsphase des deutschen Fußballs. Anders als das Ende des 19. Jahrhunderts dominierende Turnen war Fußball in seinen Anfängen ein Sport, der vor allem an Gymnasien und Universitäten gespielt wurde. Der BFC Germania wurde 1888 von Schülern des Askanischen Gymnasiums in Berlin gegründet. Als Gelehrtensprache spielte Latein in den humanistisch geprägten Schulen eine bedeutende Rolle - und fand von da aus auch seinen Weg in den deutschen Fußball.

Regionalkarte

Holsatia, Saxonia oder der Rhein: "Gesinnungspatriotismus" spiegelt sich auch regional. kicker/Datawrapper

Beispielhaft steht der BFC Germania auch für einen weiteren Trend in der Namensgebung: die Verwendung - wiederum oftmals latinisierter - geografischer Bezüge. Sporthistorikerin Christiane Eisenberg erklärt dies mit einem weitverbreiteten "Gesinnungspatriotismus" im Deutschen Reich zum Ende des 19. Jahrhunderts. Dieser schlug sich nieder in Begriffen wie Germania, Teutonia oder Borussia, aber auch in der Verwendung regionaler Bezüge wie Bavaria, Hassia oder Westfalia (zur scroll- und zoombaren "Regionalkarte").

Oft verweisen Vereinsnamen schlicht auf den Akt und das Ziel ihrer Gründung: die Vereinigung. Beinamen wie Eintracht, Union oder Sportfreunde gaben und geben dieser Verbundenheit Ausdruck. Aber nicht alle Trends der Namensgebung sind heute noch sichtbar. Der vielfach von Engländern nach Deutschland getragene football fand auch Eingang in der "Sprache der Vereinsnamen". Englische Bezüge waren in der Gründungsphase des deutschen Fußballs keine Seltenheit - heute findet man sie nur noch vereinzelt bei Vereinen, etwa den Kickers Offenbach oder den Stuttgarter Kickers.

Noch heute wirkt die katholische Kirche

DJK-Vereine

In NRW und Bayern leben die meisten Katholiken. Dort finden sich auch auffallend viele DJK-Vereine (rot). Blau markiert sind Preußen- und Borussia-Klubs. Datawrapper/kicker

Manche Appelle "verstecken" sich auch hinter Abkürzungen. So zeugen die zahlreichen DJKs (Deutsche Jugendkraft) davon, dass auch Kirchen in der Gründungsphase der Sportvereine Einfluss hatten. Der Ursprung der Klubs liegt in der Jugendbewegung des späten 19. Jahrhunderts, hier speziell in der katholischen. Noch heute korreliert die Verteilung der DJKs mit dem Anteil katholischer Kirchenmitglieder (siehe Karte zu DJK und Borussia/Preußen).

Vergessen sollte man bei all dem nicht: Ein Beiname im Vereinsnamen ist kein Muss. Laut kicker-Datenbank "schmückt" er, ohne Farben, nur etwa 15 Prozent aller Fußballvereine in Deutschland.

Deutschlandkarte mit Fußballvereinen

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Zu allen weiteren Teilen der Serie:
Teil 1 - Welche Vereinsnamen dominieren Ihr Bundesland?
Teil 2 - Bayer, Rotkäppchen, RB: Was Klubnamen mit Wirtschaft zu tun haben
Teil 3 - 713 Chancen: Migrationsvereine auf der Deutschlandkarte
Teil 4 - Rot-Weiß vs. Blau-Weiß: Warum Fußball-Deutschland zweigeteilt ist
Teil 6 - FC, SV, SuFF: Die häufigsten und kuriosesten Kürzel

Paul Bartmuß/Daniel Böldt