Europameisterschaft

Ungarn schafft Historisches: Slowenien verzockt Platz fünf

Nie schnitten die Magyaren bei einer EM besser ab

Ungarn schafft Historisches: Slowenien verzockt Platz fünf

Unermüdlicher Antreiber Ungarns: Spielmacher Mate Lekai.

Unermüdlicher Antreiber Ungarns: Spielmacher Mate Lekai. imago images

Aus Köln berichtet Maximilian Schmidt

Im ersten Finalspiel am Freitag in Köln ging es um Rang fünf. Für die Ungarn bedeutete das die Chance auf das beste EM-Ergebnis ihrer Geschichte. Platz 6 von der Europameisterschaft 1998 in Italien - damals allerdings auch nur mit zwölf statt 24 Teams - konnte getoppt werden. Wie schon zum Hauptrunden-Abschluss (32:35 gegen Frankreich) musste Coach Chema Rodriguez allerdings auf Keeper Kristof Palasics (Blinddarm-OP) und PSG-Linkshänder Dominik Mathé (Knieprobleme) verzichten.

Start des EM-Finalwochenendes

Bei Slowenien fehlte der bei diesem Turnier überzeugende Keeper Urban Lesjak (2018 bis 2022 bei der TSV Hannover-Burgdorf) im Aufgebot von Nationaltrainer Uros Zorman. Geleitet wurde die Partie, in die es die Slowenen nur durch das unerwartete 28:25 gegen den sich bereits fürs Halbfinale schonenden Top-Favoriten Dänemark geschafft hatten, von den deutschen Spitzenschiedsrichtern Robert Schulze und Tobias Tönnies.

Den deutlich besseren Start erwischten die Slowenen, die nach nicht einmal fünf Minuten bereits mit 5:2 führten. Ungarn wirkte unkonzentriert, lief durch technische Fehler auch in Konter. Slowenien, das zwar den Umzug nach Köln, aber einen Tag länger Pause hatte, war frischer im Kopf.

Doch die Ungarn, wie sie das so oft bei diesem Turnier bewiesen hatten, bissen sich durch einen 3:0-Lauf zurück ins Spiel. Fortan war es ein Duell auf Augenhöhe, das hin und her wogte. Auch die beiden Keeper schenkten sich nichts: Sloweniens Klemen Ferlin (sechs Paraden) und Ungarns Laszlo Bartucz (fünf Paraden) bekamen im ersten Abschnitt je 18 Bälle aufs Tor.

30. EM-Tor von Banhidi - Zarabec führt Regie

Bei den Magyaren funktionierten in der restlichen ersten Hälfte nun allerdings Spielmacher Mate Lekai (drei Tore bei vier Versuchen) und Kreisläufer Bence Banhidi (drei Treffer bei fünf Würfen) immer besser. Beim 8:7 übernahm Ungarn erstmals die Führung (13.), mit seinem 30. EM-Tor besorgte Banhidi wenig später sogar die erste Zwei-Tore-Führung (20.). 

Doch Slowenien ließ sich so einfach nicht abschütteln. In Überzahl tanzte der ehemalige Kieler Spielmacher Miha Zarabec (seit vergangenem Sommer bei Wisla Plock) die gegnerische Deckung leichtfüßig aus und besorgte den Ausgleich (10:10). Zarabec war bis zur Pause Dreh- und Angelpunkt im slowenischen Angriff. Ein Grund, warum Zormans Team ein 13:12 mit in die Kabine nahm.

"Der EM-Modus gehört definitiv hinterfragt"

alle Videos in der Übersicht

Nach dem Seitenwechsel stockte das Spiel, Probleme mit der Hallenuhr sorgten für eine minutenlange Unterbrechung. Besser aus den Startblöcken kam anschließend Slowenien, das in Überzahl in Person von Dean Bombac auf 15:13 stellte (37.). Und der Vize-Europameister von 2004 hatte in Erlangens Ferlin den besseren Keeper, der mit seiner zehnten Parade (40 Prozent Fangquote) bereits den dritten ungarischen Siebenmeter wegnahm und später zum "Player of the Match" gewählt werden sollte (43.).

Trotzdem schaffte es Slowenien nicht, Konstanz in sein Spiel zu bringen. Beim 19:18 führten plötzlich wieder die Ungarn (48.), ein Herzschlagfinale bahnte sich an. Als Aleks Vlah Sekunden nach der Roten Karte für Melsungens Adrian Sipos (dritte Zwei-Minuten-Strafe) in Überzahl auf 22:20 für Slowenien stellte, schlug das Pendel wieder in die andere Richtung aus.

Bokas Siebenmeter reichen Ungarn

Ein Ende hatten die Wellenbewegungen deswegen nicht gefunden, Bendeguz Boka stellte per Siebenmeter erst auf 22:22 und dann auch nochmal vom Strich auf 23:22 - Ungarn war zurück. Und sollte die historische Chance tatsächlich am Schopfe packen: Slowenien spielte seinen letzten Angriff schlecht aus, Zarabec' Gewaltwurf aus knapp 13 Metern fing Keeper Bartucz sogar. Auch ein Videobeweis nach Spielschluss - ein Ungar hatte bei Zeitspiel den Ball noch weggeworfen - änderte nichts mehr am 23:22-Endstand.

Erstmals in seiner Geschichte sicherte sich Ungarn damit Platz fünf bei einer Europameisterschaft, Zormans Team landete durch die zu schwache Performance direkt dahinter.

Ungarn - Slowenien 23:22 (12:13)

Ungarn: Ando, Bartucz (10 Paraden) - Banhidi 5, Lekai 5, Boka 4/2, Ilic 3, Fazekas 2, Imre 2, Bodo 1, Rosta 1/1, Ancsin, Hanusz, Ligetvari, Sipos, Szita, Szöllösi

Slowenien: Ferlin (11 Paraden, davon 4 Siebenmeter), Vujovic - Blagotinsek 4, Vlah 4, Zarabec 4/1, Dolenec 3, Mackovsek 3, Suholeznik 2, Bombac 1, Marguc 1/1, Cehte, Drobez, Jovicic, Kodrin, Novak, Sisko

Schiedsrichter: Robert Schulze (Magdeburg)/Tobias Tönnies (Stendal)
Zuschauer: 19.750 (ausverkauft)
Strafminuten: 10 / 4
Disqualifikation: Sipos (54./3. Zeitstrafe) / -

Dominator Karabatic: Die Rekordspieler bei Handball-Europameisterschaften