In der Gruppe F standen die Zeichen vor dem Duell zwischen Ungarn und Portugal auf "Überraschung". Denn nicht die Portugiesen gingen als Gruppenerster und mit der sicheren Qualifikation für das Achtelfinale in die Partie, sondern Ungarn. Entsprechend vorausplanend formierte Bernd Storck seine Startelf, ließ mit Kleinheisler, Kadar und Nagy im Vergleich zum 1:1 gegen Island drei Gelb-vorbelastete Spieler auf der Bank. Dort nahmen auch Stieber und Priskin Platz. Es begannen Korhut, Pinter, Elek, Lovrencsics und Szalai.
Auf Seiten der Portugiesen setzte Fernando Santos nach dem 0:0 gegen Österreich auf zwei neue Akteure: Eliseu und Joao Mario begannen für den angeschlagenen Neu-Dortmunder Guerreiro und Ricardo Quaresma.
Portugal von Beginn an mit Druck
Die Partie begann wie erwartet: Portugal gab den Ton an und drängte Ungarn weit in die eigene Hälfte. Dabei zeigten CR7 und Co. aber wie schon in den ersten beiden EM-Spielen vor dem Tor eklatante Schwächen beim letzten Pass. So konnte Nani zunächst den Ball nicht kontrollieren (3.) und zeigte sich anschließend für den Geschmack von Ronaldo zu eigensinnig, als er - statt den Ball auf seinen Mitspieler zu passen - selbst bis zum Strafraum lief und das Leder vertändelte (8.). Und auch bei ruhendem Ball konnte die Seleçao nicht überzeugen.
Ungarn konzentrierte sich auf die Abwehrarbeit, zeigte sich bei Ballgewinn aber durchaus mit schnellem Umschaltspiel. Dennoch fiel der Führungstreffer der Storck-Elf in der 19. Minute nahezu aus dem Nichts. Nachdem Pepe kurz zuvor noch vor Szalai klären konnte, führte der anschließende Eckball zur Führung des Gruppenersten. Dzudzsak brachte den Ball vor das Tor, wo Ronaldos Klärungsversuch genau vor den Füßen von Gera landete. Dessen Linksschuss schlug rechts unten ein - 1:0. Portugal ließ sich durch den Rückstand durchaus beeindrucken, zumal Ungarn in der Folge spielfreudiger wirkte und - während die portugiesische Defensive geschlossen Abseits reklamierte und das Spielen einstellte - durch Elek eine gute Möglichkeit zum zweiten Tor hatte (24.).
So musste Kiraly im ungarischen Tor erst in der 29. Minute erstmals wirklich eingreifen: Einen Freistoß von Ronaldo lenkte der Keeper um den Pfosten. Ansonsten wirkte das portugiesische Spiel zu statisch und sorgte in der gut eingestellten Defensive um Guzmics und Co. kaum für Probleme. Einem Zuckerpass von CR7 verdankten die Anhänger Portugals letztlich doch noch das 1:1 vor dem Pausenpfiff: Ronaldo bediente Nani mustergültig, der aus kurzer Distanz einschob (42.).
Gruppe F - 3. Spieltag
Mit Renato Sanches für Joao Moutinho auf Seiten von Portugal und Bese für Gera bei den Ungarn gingen beide Teams die zweite Hälfte mit neuem Personal und neuem Elan an. Denn gleich eine Minute nach Wiederanpfiff gingen Dzsudzsak und seine Mannen in Führung: Der Kapitän selbst führte einen direkten Freistoß aus, der noch von André Gomes abgefälscht im Tor einschlug - 2:1 (47.). Doch Portugal hatte in Person von Ronaldo die direkte Antwort parat: Nach Flanke von Joao Mario traf CR7 spektakulär per Hacke zum Ausgleich (50.).
Die Defensive um Gergo Lovrencsics machte es Eliseu und Co. im Angriff schwer. Getty Images
Ungarn mit erneuter Führung
Mit Tempo und Spielfreude ging es in Lyon weiter - beide Teams hatten inzwischen das Mittelfeld nahezu aufgegeben und wechselten nur noch von Strafraum zu Strafraum. Und so sahen die Zuschauer auch weitere Tore, zunächst wieder für die Überraschungsmannschaft. Dzsudzsak führte einen Freistoß aus gleicher Position wie beim zweiten Treffer aus - der Ball landete in der Mauer und kam zurück zum ungarischen Kapitän, der draufhielt und, abgefälscht durch Nani, zur erneuten Führung traf (56.).
Im wohl besten Spiel des Turniers ging es munter weiter: Fernando Santos tat mit der Hereinnahme von Ricardo Quaresma für André Gomes noch etwas für seinen Angriff (61.). Das sollte sich schon wenig später rentieren, denn der neue Mann brachte sich mit einer butterweichen Flanke ein, die Cristiano Ronaldo per Kopfball zum 3:3 nutzte (62). Mit dem achten EM-Treffer des Real-Stars fehlt Ronaldo nur noch ein Treffer, um in der ewigen Bestenliste mit dem führenden Michel Platini (Frankreich) gleichzuziehen. Fast hätte es erneut eine direkte Reaktion gegeben, doch Elek traf Sekunden nach dem Ausgleich lediglich den Innenpfosten (64.), ehe Pinter auf der Gegenseite in höchster Not vor dem Zweifachtorschützen Ronaldo klären konnte.
In der Schlussphase gönnten sich die Akteure dann die eine oder andere Verschnaufpause. In der besten Szene war ein Aufsetzer von Ronaldo kein Problem für Kiraly (76.). Anschließend entschied sich Santos auf Ergebnissicherung und brachte mit Danilo für Nani einen Defensivmann. So plätscherten die letzten Minuten vor sich hin, ehe Schiedsrichter Martin Atkinson die Partie beendete.
Da im Parallelspiel Island in der Schlussminute noch mit 2:1 gegen Österreich gewann, reichte es für Portugal nur für Rang drei. Als einer der vier besten Gruppendritten treffen Ronaldo & Co im Achtelfinale am Samstag, 25. Juni 2016 um 21 Uhr in Lens auf Kroatien. Ungarn tritt als Gruppensieger einen Tag später ebenfalls um 21 Uhr in Toulouse auf den Zweiten der Gruppe E.