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Super Bowl 2021: Tom Brady holt mit Tampa Bay den siebten Titel

Titelverteidiger Kansas City unterliegt überraschend deutlich

Machtdemonstration mit Tampa Bay: Brady holt seinen siebten Super Bowl

Die siebte Trophäe im zehnten Super Bowl: Tom Brady hat seinen Status als "Greatest Of All Time" zementiert.

Die siebte Trophäe im zehnten Super Bowl: Tom Brady hat seinen Status als "Greatest Of All Time" zementiert. imago images

Es hätte eine Art Wachablösung werden können. Der Dominator der zwei letzten NFL-Jahrzehnte gegen seinen designierten Nachfolger. Patrick Mahomes hätte mit den Kansas City Chiefs die erste Super-Bowl-Titelverteidigung seit Brady mit den Patriots 2005 schaffen können. Doch auch im Alter von 43 Jahren und im ersten Jahr mit Tampa Bay hatte der erfolgreichste Spieler in der Geschichte des Sports noch etwas dagegen.

Vorab war von vielen Experten ein Offensivspektakel prognostiziert worden, schließlich trafen zwei der explosivsten Angriffsreihen der Liga aufeinander - von den Quarterbacks mal ganz zu schweigen. Doch sowohl der "Greatest Of All Time" als auch der Super-Bowl-MVP des Vorjahres hatten zunächst mit Startschwierigkeiten zu kämpfen. In den ersten drei Drives der Partie schafften Chiefs und Buccaneers nur ein einziges First Down, die ersten Punkte landeten erst Mitte des ersten Viertels auf dem Scoreboard - und auch da war es "nur" ein Field Goal von Chiefs-Kicker Harrison Butker.

Gronkowski stellt die Weichen - Sand im Chiefs-Getriebe

Dann aber kamen Brady und die Bucs allmählich ins Rollen. Die Quarterback-Legende agierte nun wie in vorherigen Super Bowls ruhig und überlegt, führte sein Team in einem langen Drive über das Feld und schloss ihn mit einem 8-Yard-Pass auf Rob Gronkowski zum ersten Touchdown des Abends ab. Jener Gronkowski also, der einst bereits Bradys kongenialer Partner in New England gewesen und vor der Saison extra aus dem NFL-Ruhestand zurückgekehrt war, um noch einmal mit Brady für die Bucs auflaufen zu können.

Aber was war los mit der während der vergangenen Jahre so dominanten Chiefs-Offense? Mahomes war ständig unter Druck, musste zu Beginn der Partie deutlich häufiger mit dem Ball laufen als ihm lieb war - und erhielt auch kaum Unterstützung von seinen Mitspielern. Die durch Verletzungen stark ersatzgeschwächte Offensive Line hatte große Probleme mit dem Pass Rush der Buccaneers und seinen beiden Lieblings-Anspielstationen Tyreek Hill und Travis Kelce unterlief jeweils ein ungewohnter Drop bei wichtigen Plays. Den Chiefs gelangen in der gesamten ersten Hälfte kein einziger Touchdown und nur sechs Punkte.

Flaggen helfen Brady - Gronk und Brown bauen Führung aus

Zunächst bekam Mahomes zumindest noch Unterstützung von seiner Defense, die Bucs-Running-Back Ronald Jones Zentimeter vor der Endzone stoppte, doch dann lief alles in Richtung Tampa Bay - und Brady hatte auch mal wieder das nötige Spielglück.

Eine von ihm geworfene Interception zählte aufgrund einer fragwürdigen Holding-Strafe gegen die Chiefs nicht, dann unterlief Kansas City ein verheerendes Offside beim Field-Goal-Versuch und brachte den eigentlich schon gestoppten Brady so zurück aufs Feld. Der bedankte sich und feuerte seinen zweiten Touchdown-Pass des Abends, erneut auf Gronkowski. Für den 31 Jahre alten Tight End war es bereits der fünfte Receiving Touchdown in einem Super Bowl - nur Receiver-Legende Jerry Rice kommt auf mehr (acht).

Tom Brady - Der erfolgreichste Quarterback der NFL-Geschichte

Und für die Chiefs sollte die erste Hälfte noch bitterer werden. Obwohl Brady den Ball mit weniger als einer Minute Zeit auf der Uhr bekam, konnten sie den Bucs nicht stoppen - erneut auch wegen neuerlicher Strafen. Am Ende der ersten Hälfte hatten die Referees acht Flaggen gegen Kansas City verteilt, nur eine gegen Tampa Bay. Brady nutzte dieses Ungleichgewicht zu seinem dritten Touchdown-Pass, diesmal auf Star-Receiver Antonio Brown, das Enfant terrible der vergangenen NFL-Jahre.

Der erste Helm fliegt schon zur Halbzeit

Bei den Chiefs hingegen lagen die Nerven - auch aufgrund einiger zweifelhafter Schiedsrichterentscheidungen - blank. Safety Tyrann Mathieu lieferte sich vor der Halbzeit ein hitziges Wortgefecht mit Brady, beklagte sich bitterlich bei den Unparteiischen und pfefferte vor Wut seinen Helm auf den Boden - zur Pause führte Tampa Bay mit 21:6.

Die Initialzündung der Chiefs nach der Halftime-Show ("The Weeknd") blieb aus, wieder gelang Kansas City nur ein Field Goal. Und spätestens als im Gegenzug Leonard Fournette einen 27-Yard-Run zum nächsten Bucs-Touchdown vom Zaun brach, war klar: Das Comeback, das Kansas City nun brauchte, es musste noch größer sein als jenes, das die Chiefs im Vorjahr gegen San Francisco vollbracht hatten. Bemerkenswert: Alle vier Bucs-Touchdowns hatten Spieler erzielt, die erst vor oder während der Saison zum Team gestoßen waren. Die große Shopping-Tour Tampa Bays hatte sich also ausgezahlt.

Buccaneers überrennen löchrige Chiefs-Line

Als entscheidender Faktor kristallisierte sich immer mehr das Mismatch der Chiefs-O-Line gegen die starke Defensive Line der Buccaneers heraus. Ohne Left Tackle Eric Fisher, der sich im Conference Championship gegen Buffalo verletzt hatte, war Kansas City schlichtweg nicht in der Lage, Mahomes zu beschützen. Der hatte keinerlei Zeit, den Ball loszuwerden, musste permanent um sein Leben laufen und leistete sich dann auch noch eine Interception. Bucs-Safety Jordan Whitehead fing einen abgefälschten Pass ab, Tampa Bays Offense stellte mit einem Field Goal auf 31:9 - Ende des dritten Viertels war die Partie quasi entschieden.

Mahomes tat zwar alles in seiner Macht stehende, um sein Team noch einmal zurück ins Spiel zu bringen, doch er wurde von seiner Offensive Line schlichtweg komplett im Stich gelassen. Ein ums andere Mal brach der Pass Rush der Bucs durch, ein ums andere Mal musste Mahomes aus quasi unmöglichen Positionen Kunstwürfe versuchen. Der Quarterback der Chiefs wurde fast schon zu einer bemitleidenswerten Figur.

In seiner gesamten NFL-Karriere hatte er noch kein Spiel mit mehr als neun Punkten Rückstand verloren - doch ausgerechnet im Super Bowl wurde es eine regelrechte Abreibung. Kein einziger Touchdown gelang Kansas Citys eigentlich als unaufhaltsam geltender Offensive an diesem Abend zum Vergessen.

Brady konnte sich so früh wie noch nie auf seine Dankesrede einstellen, das vierte Viertel tröpfelte weitgehend ereignislos aus, Bucs-Linebacker Devin White gelang in den Schlussminuten sogar noch die zweite Interception gegen Mahomes - und Tampa Bays zweiter Super-Bowl-Sieg nach 2003 war perfekt. Vor der Saison hatte das Franchise dreizehn Jahre lang nicht einmal die Play-offs erreicht. Aber mit Brady ist eben alles anders.

mib

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