Bundesliga

Bundesliga: Streichs Ärger und die übertünchte Ergebniskrise

"Eine Katastrophe": Kritik am Gegentor - anhaltender Chancenwucher

Streichs Ärger und die übertünchte Ergebniskrise

Stand zum letzten Mal als Cheftrainer an der Seitenlinie in Freiburg: Christian Streich.

Stand zum letzten Mal als Cheftrainer an der Seitenlinie in Freiburg: Christian Streich. IMAGO/Langer

Vor und nach der verdientermaßen sehr stilvoll und ohne jeglichen Misston verlaufenen Abschiedszeremonie für Streich und Co-Trainer Patrick Baier dominierten beim Freiburger Erfolgstrainer Frust und Ärger - wegen des sportlichen Kerngeschäfts. Beim 1:1 verpassten die SC-Profis wie beim schon zuletzt beim 1:2 gegen Wolfsburg (10:4 Chancen) trotz großer Überlegenheit (7:1 Chancen, 20:8 Torschüsse) einen Heimsieg.

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So einen Negativlauf zu Hause gab es zuletzt 2013

Durch den erneuten Chancenwucher steht bei den Freiburgern inzwischen eine recht stattliche Ergebniskrise zu Buche, besonders im eigenen Stadion. Freiburg wartet zu Hause nun schon seit acht Spielen auf einen Dreier (4 Remis, 4 Niederlagen), das 3:2 gegen Hoffenheim zum Rückrundenauftakt bleibt der einzige Heimerfolg in der zweiten Saisonhälfte. In den jüngsten 18 Bundesligapartien schaffte das Streich-Team insgesamt nur vier Siege (6 Remis, 8 Niederlagen) und damit nur einen Punkt im Schnitt.

Im neuen Europapark-Stadion (seit Oktober 2021) war der SC zuvor nie länger als drei Heimspiele am Stück ohne Dreier geblieben. Einen solchen Negativlauf vor eigenem Publikum hatten die Breisgauer zuletzt von Mai bis Dezember 2013, als man zu Hause ebenfalls achtmal hintereinander nicht gewann.

Zumindest in der Saison 2013/14 befanden sich die Freiburger allerdings noch mitten im Abstiegskampf, den sie zunächst noch knapp bestanden, dann allerdings 2015 zum einzigen Mal in der Ära Streich abstiegen. Auch der Ein-Punkte-Schnitt hochgerechnet auf eine Saison Abstiegskampf bedeuten würde, ist der Tabellenkeller schon seit Jahren weit entferntes Gebiet für den SC, aktuell ist das dritte Europacup-Ticket in Serie weiterhin möglich. Das allerdings inzwischen nur noch wegen der ebenso schwächelnden Konkurrenz im sich seit Wochen hinziehenden Schneckenrennen hinter den Top 5.

Die Symptome der schwachen Bilanz schlagen Streich immer wieder aufs Gemüt. Trotz der erneuten Abschlussschwäche hätte seine Mannschaft Heidenheim auch nur mit Ritsu Doans Tor schlagen müssen. Aber Heidenheims einzige Torgelegenheit führte durch einen Blackout in der SC-Defensive direkt zum Einschlag.

"Eine Katastrophe": Streichs Kritik am Gegentor

Kevin Sessa konnte im halbrechten Mittelfeld aufdrehen, anschließend fast ungehindert aufs Freiburger Tor zulaufen und frei vor Noah Atubolu das 1:1 erzielen. Nicolas Höfler war nach der Auftaktbewegung ausgespielt, kam nicht mehr hinterher und Maximilian Eggestein und vor allem Yannik Keitel spekulierten fälschlicherweise offenbar auf einen Querpass und halfen nicht aus.

"Eine Katastrophe, wie wir uns da verhalten. Das ist schlimm, das Gegentor, das darfst du so nie kriegen", machte Streich seinem Ärger Luft, verzichtete aber wie fast immer auf namentliche Kritik in der Öffentlichkeit, will die Szene lieber intern aufarbeiten.

Gespaltenes Urteil, entscheidendes Manko

Insgesamt war er aber wie zuletzt häufiger in seinem Urteil zwiegespalten. Engagement und die grundsätzliche Leistung auf beiden Seiten des Feldes boten nämlich anders als beim glücklichen 0:0 in Köln wie schon gegen Wolfsburg wenig Anlass zur Kritik: "Das Auftreten der Jungs war nicht enttäuschend. Sie haben alles gegeben. Du musst erst mal so dominieren gegen Heidenheim. Das schaffen nicht viele Mannschaften."

Das entscheidende Manko aber: "Uns gelingt es momentan nicht, die Torchancen zu nutzen, die Bälle mit allerletzter Konsequenz über die Linie zu drücken. Daher ist es sehr enttäuschend, dass du wieder nicht gewinnst, obwohl du die eindeutig bessere Mannschaft warst, wie schon gegen Wolfsburg."

Ansprechende Leistungen und mangelhafte Effizienz - aus diesem Mix bestehen die meisten Ergebniskrisen. Die hat aus Freiburger Sicht auch plausible Gründe. In erster Linie führt Streich dafür immer wieder die massive Verletzungsmisere an, die sich am Samstag in der Defensive nochmals verschärft hat. In Person von Manuel Gulde (Muskelfaserriss) fällt nun schon der fünfte Innenverteidiger aus.

Zuletzt hat sich das Defensivverhalten merklich verbessert

"Deshalb haben wir nicht vier, fünf Punkte mehr. Da ist diese Saison zu viel passiert, sonst wären wir schon für den Europacup qualifiziert. Aber das ist dieses Jahr so und trotzdem spielen wir am letzten Spieltag noch um einen europäischen Platz", sagt Streich, dürfte aber eher im Rückblick die gegentorreichen ersten Wochen und Monate des Jahres 2024 meinen. Zuletzt hatte sich das Defensivverhalten angesichts von vier Gegentreffern in fünf Partien merklich verbessert.

Nur mit einem Sieg in Berlin ist die Rückeroberung des 7. Platzes möglich

Vor allem die schon länger vom Verletzungspech weitgehend verschonte Offensivabteilung ist angesichts der jüngsten Abschlussschwäche im letzten Akt der Saison bei der akut abstiegsgefährdeten Mannschaft von Union Berlin gefordert. Aber auch eine erneut improvisierte Abwehr, in deren Zentrum vermutlich der gelernte Sechs Keitel neben gelernten Linksverteidiger Jordy Makengo spielen wird.

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In welcher Formation die SC-Profis auch antreten, sie werden wie gegen Heidenheim alles versuchen, um in Berlin die Ergebniskrise mit einem Sieg zu beenden. Zu Ehren ihres endgültig abtretenden Chefs und für ihre eigenen Ziele. Nur mit drei Punkten hat der SC noch Chancen, den am Sonntag an Hoffenheim verlorenen 7. Platz zurückzuerobern. Ein Zähler ist nötig, um wenigstens den 8. Platz definitiv abzusichern. Der würde bei einem Leverkusener Pokalsieg zum Start in der Europa Conference League berechtigen.

Carsten Schröter-Lorenz

FREIBURG IM BREISGAU, GERMANY - MAY 11: Christian Streich, Head Coach of SC Freiburg, acknowledges the fans following the Bundesliga match between Sport-Club Freiburg and 1. FC Heidenheim 1846 at Europa-Park Stadion on May 11, 2024 in Freiburg im Breisgau, Germany. (Photo by Alex Grimm/Getty Images)

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