Groß war die Kritik nach dem Auftaktspiel in Spanien. Weil die Iberer trotz großen Übergewichts und Rekord-Ballbesitzwerten nicht über ein 0:0 gegen Schweden hinausgekommen waren, war die im Land der Furia Roja lodernde Stürmerdiskussion neu entfacht worden. In deren Zentrum: Stürmer Morata, der eine große Chance gegen die Skandinavier liegengelassen hatte und Ersatzmann Gerard, den sich nicht nur die "Marca" womöglich in der Startelf gewünscht hätte.
Vertrauen in Morata zahlt sich aus
Trainer Luis Enrique rückte jedoch nicht von Morata ab und sprach ihm auch gegen die Polen das Vertrauen aus. Zusätzlich brachte er Gerard anstelle von Ferran Torres. Ein Schachzug, der sich auszahlen sollte: In der 25. Minute zog Gerard von rechts in die Mitte und probierte es mit links. Weil er den Ball nicht optimal traf, wurde der Versuch zur perfekten Vorlage für Morata, der aus kurzer Distanz abstaubte und das erste Turniertor der Spanier erzielte.
Bis zu diesem Zeitpunkt hatte seine Mannschaft zwar erneut mehr vom Spiel, allerdings keine gute Chance gehabt. Auf Seiten der Polen hatte zumindest Klich sich mit einem Distanzschuss angenähert (6.). Davon abgesehen hatte es sich der Außenseiter in der eigenen Hälfte gemütlich gemacht und abwartend agiert.
Damit war spätestens nach dem 0:1 Schluss. Polen, im Vergleich zum 1:2 gegen die Slowakei auf drei Positionen verändert (Moder, Puchacz und Swiderski für den gesperrten Krychowiak, Rybus und Linetty), war nun unter Zugzwang. Und der Außenseiter kam - nach einer Freistoßchance für Gerard (34.) - noch vor der Pause zu guten Möglichkeiten: Erst vergab Swiderski aus kurzer Distanz (35.), dann scheiterte er aus 20 Metern am Pfosten. Lewandowski kam zum Nachschuss, traf mit seinem Volley aber nur den richtig stehenden Unai Simon (43.).
Gruppe E, 2. Spieltag
Lewandowski trifft unwiderstehlich
Polen verzeichnete auch nach der Pause die erste Gelegenheit - und diesmal traf Lewandowski ins Schwarze. Der Torschützenkönig der Bundesliga köpfte eine Jozwiak-Flanke schulbuchmäßig ins linke Eck zum Ausgleich (54.). Doch nur fünf Minuten später bot sich Spanien die Chance auf die erneute Führung. Moder war Gerard auf den Fuß gestiegen, der Gefoulte trat zum Elfmeter an - und setzte den Ball an den linken Pfosten. Morata kam zwar zum Nachschuss, brachte diesen aber nicht aufs Tor (59.).
Zwei Remis aus den zwei ersten Spielen - damit wollte sich Spanien nicht zufrieden geben. Die Heimmannschaft legte einen Zahn zu und spielte auf den Siegtreffer, ohne dabei spielerisch komplett zu überzeugen. Chancen sprangen dennoch heraus: Morata scheiterte aus spitzem Winkel an Szczesny (65.), dann sorgte ein Missverständnis zwischen dem Schlussmann und Bereszynski für Chaos, das jedoch nicht zum Gegentor führte (79.). Die dickste Chance hatte jedoch wieder Morata in der 84. Minute, doch Szczesny warf sich dem Angreifer entgegen und wehrte den Schuss mit dem Kopf ab.
Spanien bleibt sieglos - Polen hofft
Es sollte die letzte Chance der Partie sein, Schiedsrichter Daniele Orsato beendete kurz darauf das Spiel. Während Polen sich über einen Punkt gegen den Favoriten freuen durfte, haderten die Spanier erneut mit ihrer Chancenverwertung. Im letzten Gruppenspiel gegen Slowakei (Mittwoch, 18 Uhr) hofft die Furia Roja auf den erlösenden Sieg und das Ticket fürs Achtelfinale. Zeitgleich kämpft Polen gegen Schweden um den Einzug in die K.-o.-Runde, der mit einem Sieg perfekt wäre.