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Schach-Weltmeister Carlsen wirft Hans Niemann Betrug vor

Norweger erhebt Vorwürfe gegen US-Teenager

Schach-Weltmeister Carlsen wird deutlich: "Ich glaube, dass Niemann öfter betrogen hat"

Will nicht mehr gegen Spieler antreten, die schon einmal betrogen haben: Weltmeister Magnus Carlsen.

Will nicht mehr gegen Spieler antreten, die schon einmal betrogen haben: Weltmeister Magnus Carlsen. Getty Images

Im Wesentlichen bestätigte Carlsen die Berichte der letzten Wochen, dass Niemann beim Sieg gegen ihn betrogen haben soll. Anfang September war es zum ersten Vorfall zwischen den Kontrahenten gekommen. Beim Sinquefield Cup in St. Louis verlor der Superstar überraschend gegen Niemann und zog sich erstmals in seiner Karriere von einem Turnier zurück. Gründe nannte Carlsen, seit 2013 Schach-Weltmeister, damals nicht. Konkrete Beweise für einen Betrug des 19-jährigen Großmeisters liegen nicht vor.

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Die Schach-Szene deutete Carlsens Ausstieg als Betrugsvorwurf gegen Niemann. Der US-Amerikaner gab während des Turniers in einem Interview zu, zweimal als Teenager im Alter von zwölf und 16 Jahren bei Online-Partien betrogen zu haben, nie jedoch in Präsenz am Schachbrett.

"Ich glaube, dass Niemann öfter betrogen hat, als er zugegeben hat - und auch in letzter Zeit", schrieb Carlsen nun. Schon als Niemann in letzter Minute noch nach St. Louis eingeladen worden sei, habe er ernsthaft in Betracht gezogen, vor dem Turnier noch zurückzuziehen.

Vergangene Woche hatte Carlsen eine Partie gegen Niemann bei einem hochkarätig besetzten Online-Turnier nach nur einem Zug kommentarlos aufgegeben und die Schachwelt damit in Aufruhr versetzt.

Der Schach-Weltverband FIDE hatte vergangenen Freitag erklärt, er teile Carlsens Sorgen bezüglich des Schadens, den Betrug im Schach anrichten könne, allerdings auch betont: "Wir glauben, dass der Weltmeister eine moralische Verantwortung hat, die mit seinem Status einhergeht, weil er als globaler Botschafter des Spiels gesehen wird." Es hätte "bessere Wege gegeben, um mit der Situation umzugehen".

Während unseres gesamten Spiels hatte ich den Eindruck, dass er nicht angespannt war und sich in kritischen Positionen nicht einmal vollständig konzentriert hat.

Magnus Carlsen

Niemanns Fortschritt in Vor-Ort-Spielen sei "ungewöhnlich", schrieb Carlsen nun. "Während unseres gesamten Spiels beim Sinquefield Cup hatte ich den Eindruck, dass er nicht angespannt war und sich in kritischen Positionen nicht einmal vollständig konzentriert hat, während er mich mit Schwarz auf eine Art und Weise ausspielte, wie es nur eine Handvoll Spieler kann. Dieses Spiel hat dazu beigetragen, dass sich meine Sichtweise geändert hat."

Man müsse etwas gegen Betrug im Schach unternehmen, schrieb Carlsen: "Ich werde dazu beitragen, indem ich nicht mehr gegen Spieler spiele, die in der Vergangenheit wiederholt betrogen haben. Weil ich mir nicht sicher sein kann, was solche Spieler in der Zukunft noch tun werden."

Er würde gerne noch mehr sagen, schrieb Carlsen, dürfe dies ohne Niemanns Erlaubnis - wohl ein Hinweis auf angedrohte rechtliche Schritte - jedoch nicht. "Bislang konnte ich nur mit meinen Taten sprechen. Und die haben deutlich zum Ausdruck gebracht, dass ich nicht gewillt bin, Schach mit Niemann zu spielen. Ich hoffe, dass die Wahrheit in dieser Sache ans Licht kommt, wie auch immer sie aussehen mag", schloss Carlsen. Fortsetzung dürfte folgen.

ski, dpa