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Kommentar zur Kadernominierung für die WM 2018 - Leroy Sané hat nicht kapiert: Löws Entscheidung ist konsequent

Kommentar von kicker-Chefreporter Karlheinz Wild

Sané hat nicht kapiert: Löws Entscheidung ist konsequent

Fehlt in Russland: Leroy Sané.

Fehlt in Russland: Leroy Sané. Getty Images

Ein Kommentar von kicker-Chefreporter Karlheinz Wild

Nachdem Manuel Neuer die Abschlussprüfung gegen Österreich eindrucksvoll bestanden hatte , war klar, dass der Kapitän und Keeper Nummer 1 für das Weltturnier bereit ist. Damit musste einer der anderen drei in Eppan anwesenden Torhüter aussortiert werden. Da sich Marc-André ter Stegen (26) in Neuers 599-tägiger DFB-Abwesenheit als erster Stellvertreter im Tor etabliert hat, mussten sich Chef Löw und sein Torwart-Beauftragter Andreas Köpke zwischen Kevin Trapp (27) und Bernd Leno (26) entschieden. Während Trapp in seinem Klub Paris-Saint Germain in der abgelaufenen Saison lediglich 14 Pflichtspiele auf dem Platz aktiv mitgestalten durfte (4 in der Liga, 6 im Pokal, 4 im Ligapokal, 0 in der Champions League), fehlte Bernd Leno in Leverkusen in lediglich einer von 39 Pflichtpartien. Dennoch muss Leno nach Hause, weil Trapp im Trainingslager den besseren Eindruck hinterließ. Außerdem hielt Trapp Mitte November 2017 beim 2:2 gegen Frankreich richtig gut, während Leno gegen Aserbaidschan (5:1) und im ersten Confed-Cup-Spiel gegen Australien (3:2-Sieg) patzte. Also ist das Ja zu Trapp und das Nein zu Leno nachvollziehbar.

Spielersteckbrief L. Sané
L. Sané

Sané Leroy

Trainersteckbrief Löw
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Tah fehlt, weil Boateng fit wird

Auch das Aus für Jonathan Tah (22) überrascht nicht. Der wuchtige Leverkusener Abwehrspieler war nur als Rückversicherung in die Auswahl gekommen, falls Jerome Boateng nach seiner Adduktorenverletzung nicht rechtzeitig fit geworden wäre. Doch der Weltmeister wird am morgigen Dienstag das Mannschaftstraining aufnehmen. Er gilt mit seinem Münchner Mitspieler Mats Hummels als das erste Duo in der Innenverteidigung. Niklas Süle (22) und Antonio Rüdiger (25) sind die ersten Stellvertreter, die gegen Österreich zwar fehlerhaft agierten, dennoch durchspielten, so dass spätestens da deutlich wurde, dass für den fünften Innenverteidiger Tah keine Planstelle blieb. Ein vermeintlich anderer Streichkandidat, Matthias Ginter (24), ist ebenfalls ein Mann für das Abwehrzentrum, stellt jedoch zudem eine Alternative zu Joshua Kimmich rechts in der Viererkette und im Notfall für die Aushilfe im defensiven Mittelfeld dar: Der Mönchengladbacher ist also ein Defensivallrounder und vielseitiger als Tah.

Karlheinz Wild

Karlheinz Wild kicker

Für den Überraschungsgast der ersten Nominierung, Nils Petersen (29), reichte es im Schnellkursus nicht. Anfangs fremdelte der Freiburger Torjäger (15 Saison-Tore in der Liga 2017/18), gerade taktisch; und gegen Österreich fand er wenig Bindung. Löw wollte jede Position doppelt besetzen, in der unmittelbaren Angriffsspitze sind Sprinter Timo Werner (22) sowie Strafstürmer Mario Gomez (32) gefährlicher. Drei Mittelstürmer wären einer zu viel gewesen.

Ohne Sané fehlt ein anarchistisches Element

Auch für Leroy Sané (22) gab es die Rote WM-Karte. Der hochbegabte (Links-) Außen, der bei Manchester City die abgelaufene Premier League 2017/18 mit beachtlichen 10 Toren plus 15 Assists vollendete, enttäuschte vor allem jüngst gegen Brasilien und Österreich enorm. Da hätte er für sich werben müssen. Wenn Mittelfeldchef und Weltmeister Toni Kroos nach dem 0:1 gegen Brasilien im März völlig zu Recht die fehlende Leistungsbereitschaft und mangelnde Körpersprache kritisiert hatte, galten seine Worte zuallererst Sané. Doch Sané hat nicht kapiert, wie gegen Österreich zu sehen war. In insgesamt 12 Länderspielen ist für ihn kein Treffer und ein einziger Assist gezählt – dünne Quoten für einen derart veranlagten Offensivspieler.

Bei seinem direkten Mitbewerber für die Rolle auf dem Flügel, Julian Brandt (22), sind es in 15 DFB-Auftritten ebenfalls lediglich ein Tor und zwei Vorlagen. Das Pro für Brandt sei sehr knapp gewesen, sagte Löw , der sich mit dem Kontra gegen Sané allerdings eines anarchistischen Elements beraubt: Sané ist schnell, sucht die direkten Duelle und nimmt Laufwege kreuz und quer durch die Abwehrreihen. Er hat all diese Vorzüge im DFB-Trikot aber noch nicht gezeigt. Und deshalb ist Löws gesenkter Daumen für Sané konsequent.

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