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RNL im kicker-Check: Gewachsen - und wieder ganz vorne?

Löwen wollen im Jahr eins nach Gensheimer den Titel verteidigen

RNL im kicker-Check: Gewachsen - und wieder ganz vorne?

Der alte Löwen-König und seine Erben: Uwe Gensheimer (Mitte) ist weg, Dejan Manaskov (l.) und Gudjon Valur Sigurdsson folgten auf ihn.

Der alte Löwen-König und seine Erben: Uwe Gensheimer (Mitte) ist weg, Dejan Manaskov (l.) und Gudjon Valur Sigurdsson folgten auf ihn. picture alliance

Kader: Wer kam, wer ging?

Die Verantwortlichen gestanden nach dem Trainingsauftakt ein, dass es schon komisch sei, Identifikationsfigur Uwe Gensheimer (29) nicht mehr dabei zu haben. Der Kapitän der deutschen Nationalmannschaft, die jüngst Bronze bei Olympia gewann , wanderte bekanntlich zu Paris St. Germain ab. Auch Stefan Sigurmannsson (26), sein Backup auf Linksaußen, hat den Verein gen Aalborg verlassen. Durch die Abgänge von Abwehrspezialist Stefan Kneer (30, zur HSG Wetzlar) und Keeper Borko Ristovski (33, zum FC Barcelona) wurden zwei weitere Planstellen frei.

Auf Linksaußen legte der amtierende deutsche Meister mit dem langjährigen Löwen-Kapitän Gudjon Valur Sigurdsson (37, kommt vom FC Barcelona) und dem hochtalentierten Mazedonier Dejan Manaskov (23, Vardar Skopje) nach. Dazu kommt auf der Torhüter-Position Andreas Palicka (30, Aalborg), der Schwede gewann während seiner Zeit beim THW Kiel bereits sechs deutsche Meisterschaften und kennt die Liga genau.

Der Positionscheck

Löwengebrüll - nun im "passenden" Gewand: Andreas Palicka stand schon beim THW zwischen den Pfosten.

Löwengebrüll - nun im "passenden" Gewand: Andreas Palicka stand schon beim THW zwischen den Pfosten. picture alliance

Zwischen den Pfosten haben sich die Löwen kaum verschlechtert: Palicka kann den Verlust des abgewanderten Ristovski auffangen, ist drei Jahre jünger und bringt große Bundesliga-Erfahrung mit. Gemeinsam mit Landsmann Mikael Appelgren (26) bildet Palicka eines der stärksten Torhüter-Duos der Liga. Das haben sie beim Supercup-Triumph über Magdeburg (27:24) eindrucksvoll bewiesen : Palicka hielt in den ersten 40 Minuten hervorragend, Appelgren wurde in der Schlussphase zu einem der Matchwinner.

Auf Linksaußen weht frischer, alter Wind - Sigurdsson soll nicht nur auf dem Platz vorangehen. "Mit Gudjon haben wir einen der weltbesten Spieler auf dieser Position verpflichtet, da mache ich mir wenig Sorgen. Abseits des Spielfeldes werden wir Uwe Gensheimer nicht ersetzen können, da müssen nun andere Spieler in eine Führungsrolle wachsen", gab Löwen-Coach Nikolaj Jacobsen die Marschroute vor. Im ersten Pflichtspiel überzeugte Sigurdsson auf Anhieb.

Ich mache mir schon ein paar Sorgen, ob meine Jungs dieses brutale Programm durchstehen.

Nikolaj Jacobsen zur Belastung von drei Wettbewerben

Im linken Rückraum wird Kim Ekdahl Du Rietz (27) von Mittelmann Mads Mensah Larsen (25) tatkräftig unterstützt. Als Spielmacher haben die Nordbadener mit Andy Schmid (32) den alles überragenden Spieler der Bundesliga in den vergangenen drei Jahren . Im rechten Rückraum besitzt der Titelkandidat mit dem wendigen, explosiven Alexander Petersson (36, zog sich zuletzt einen Jochbeinbruch zu), der im Supercup zu den besten Löwen gehörte, und dem deutlich größeren wie jüngeren Norweger Harald Reinkind (24, 1,97-Meter-Hüne mit Shooter-Qualitäten) die richtige Mischung. Auf Rechtsaußen ist Patrick Groetzki (27) - wenn er denn verletzungsfrei bleibt - eine Bank, unterstützen wird ihn weiterhin Marius Steinhauser (23).

Am Kreis sind die Löwen bärenstark besetzt: Gedeon Guardiola (31) ist vor allem für die "Drecksarbeit" in der Deckung verantwortlich, Hendrik Pekeler (25) hat hinten wie vorne seine Qualitäten und Rafael Baena (33) bringt im Angriff die nötige Masse und Abgezocktheit mit.

Aussichten und Erwartungen

Deutscher Meister 2016 - das wird Spielern, Verantwortlichen und Fans noch immer auf der Zunge zergehen. Zum ersten Mal gehen die Löwen als Gejagte ins Bundesliga-Rennen. "Wir freuen uns, dass es wieder losgeht", erklärte Schmid, neuer Kapitän des Löwenrudels nach Gensheimers Abgang, auf der Vereinswebsite. Die weiteren Worte des Dreh- und Angelpunkts im Löwen-Spiel unterstreichen aber, wie man die Mission Titelverteidigung angehen will: "Wir wollen auch in der kommenden Saison eine gute Rolle spielen." Understatement ist also das Zauberwort - und gleichzeitig der größte Trumpf? "Topfavorit ist immer der THW Kiel. Der THW hat den größten Etat", so Löwen-Coach Jacobsen. Der Mitstreiter um die deutsche Meisterschaft soll etwa neun Millionen Euro , die Nordbadener bis zu sechs Millionen zur Verfügung haben.

Premiere als deutscher Meister: Andy Schmid (#2) und Patrick Groetzki (#24) haben Blut geleckt.

Premiere als deutscher Meister: Andy Schmid (#2) und Patrick Groetzki (#24) haben Blut geleckt. picture alliance

Und auch der Vorjahreszweite sei freilich nicht zu unterschätzen . "Flensburg hat gegen Ende der vergangenen Saison sehr von seinem breiten Kader profitiert. Ich mache mir schon ein paar Sorgen, ob meine Jungs dieses brutale Programm durchstehen", erklärte Jacobsen kürzlich.

Ich hätte nichts dagegen, wenn mit den Löwen noch einige dazukommen.

Andreas Palicka reichen sechs deutsche Meisterschaften noch nicht

Durch den Premierentitel sind Vorfreude und Erwartungen im Umfeld aber fraglos gestiegen, die Rhein-Neckar Löwen hatten bereits am 20. Juli einen neuen Dauerkarten-Rekord aufgestellt. Zu diesem Zeitpunkt waren schon über 3500 Dauerkarten über die Ladentheke gegangen. Der Triumph im Supercup dürfte zusätzlich Optimismus versprühen.

Die Olympia-Fahrer

Diese Titelchance wollten sich auch die Olympia-Fahrer nicht durch die Lappen gehen lassen. Die Einschränkungen bei den Löwen hielten sich ganz im Gegensatz zum THW Kiel arg in Grenzen: Appelgren scheiterte mit Schweden noch in der Vorrunde, Mensah Larsen gewann mit Dänemark Gold. Pekeler setzte sich mit der deutschen Mannschaft im Spiel um Platz drei durch, Groetzki (muskuläre Probleme im Kniebereich) war da schon längst verletzt abgereist.

Fazit

Es bleibt festzuhalten: Die Löwen haben eine gewachsene, erfahrene und eingespielte Truppe, bleiben die Leistungsträger fit, sind die Chancen auf die Titelverteidigung groß. Eine entscheidende Rolle könnte spielen, wie lange die Jacobsen-Truppe auch auf anderen Hochzeiten tanzt.

Die Sehnsucht nach dem DHB-Pokal dürfte groß sein, fast immer sind die Löwen beim Final Four dabei, doch noch nie (!) reichte es zum Titel. Intern dürfte zudem das Erreichen des Final Fours in der Champions League als Zielsetzung ein Thema sein.

msc

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