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Oliver Bierhoffs frühes Tor beruhigte

EM-Qualifikation, Gruppe 3, Finnland - Deutschland 1:2 (0:2)

Oliver Bierhoffs frühes Tor beruhigte

Noch nie während seiner einjährigen Amtszeit als Teamchef schwebte Erich Ribbeck so lange in Ungewissheit über die endgültige Mannschafts-Aufstellung wie in Helsinki. Erst kurz vor dem Mittagessen am Mittwoch konnte Jens Nowotny, den Ribbeck wegen Christian Wörns' nicht restlos überzeugender Trainingsleistungen als Manndecker neben Thomas Linke favorisierte, nach einem letzten leichten Test auf dem Trainingsplatz wegen seiner Rückenprobleme Entwarnung geben. Dadurch wurde Markus Babbel frei für die Defensiv-Position auf der rechten Außenbahn.


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Über Dortmund zum Finale in München Auf der gegenüber liegenden Seite war wegen Marco Bodes Verletzung der Weg endgültig frei für Christian Zieges Comeback nach mehr als einjähriger Länderspiel-Pause. Nowotny, Babbel und Ziege waren denn auch maßgeblich am guten Gesamt-Eindruck der deutschen Mannschaft während der ersten Halbzeit beteiligt. Begünstigt durch Bierhoffs frühes Führungstor agierte der Europameister ruhig, konzentriert und konsequent.

Vor allem wenn das Spiel schnell genug von einer Seite auf die andere verlagert und dann über die Flügel vorgetragen wurde, wirkte es zwingend und konstruktiv. Mehmet Scholl orientierte sich nicht, wie erwartet, aus der linken Halbposition über Linksaußen nach vorne, sondern versuchte über halbrechts das Vorwärtsspiel zu initiieren. Ziege hatte dadurch die gesamte linke Außenseite bei seinen Vorstößen frei zur Verfügung, die er bis zur Pause auch immer wieder mit scharf geschlagenen Flanken in den gegnerischen Strafraum abschloss.

Nachdem Bierhoff mit einem Volleyschuss auf 2:0 erhöht hatte, wäre bei Neuvilles Pfostenknaller nach einer dieser Hereingaben zwei Minuten vor der Pause fast das 3:0 gelungen.

Nach der Pause freilich änderte sich das ohnehin durch zwei völlig verschiedene Spielanlagen geprägte Geschehen grundlegend. Im deutschen Team ließ nach einer Stunde die Konzentration immer mehr nach, mit der Folge, dass die Sicherheit im Spiel und die Selbstsicherheit der meisten Spieler immer mehr verloren gingen. Die Finnen, die nicht nur auf ihren Superstar Litmanen, sondern auch auf ihren Stammstürmer Paatelainen wegen einer tags zuvor erlittenen Trainings-Verletzung verzichten mussten, kamen mit ihrer einfachen, aber wuchtigen Spielweise immer stärker auf. Sie wurden zusehends erfolgreicher, konnten sich mit ihrer Kopfballstärke immer mehr durchsetzen.

Die deutsche Mannschaft machte nun den Fehler, sich dieser Spielart anzupassen. Nur noch selten gelangen befreiende Aktionen. Wenn, dann nur noch über die rechte Seite, wo Bernd Schneider, der den verletzten Ulf Kirsten nach 32 Minuten ersetzen musste, sich einige Male im geschickten Doppelpass-Spiel mit Neuville in Szene setzen konnte. Stattdessen wurde immer häufiger der Ball in zunehmender Hektik planlos nach vorne geschlagen. Noch schwerwiegender war freilich das Manko, dass die deutsche Abwehr keine taktische Einstellung zu der personellen Änderung fand, die Finnlands Coach Richard Möller- Nielsen beim Wiederanpfiff vorgenommen hatte. Er brachte für Verteidiger Ylönen mit Kuqi einen dritten Stürmer, gegen dessen kantige Athletik Nowotny plötzlich auffallende Probleme hatte.

Hinzu kam, dass sich der gesamte deutsche Defensiv-Verbund von den nach ihrem Anschlusstreffer vehement angreifenden Finnen zu weit vor das eigene Tor zurückdrängen ließ und bei Ballbesitz nicht mehr mutig und entschlossen genug nach vorne aufrückte. Ziege konnte sein beachtliches Niveau der ersten Halbzeit nicht beibehalten. Und Matthäus, freier Mann vor nunmehr einer Dreier-Abwehrkette, vermochte angesichts des "Luftkrieges", der eine Etage über ihm stattfand, das Spiel nicht an sich zu reißen und zu beruhigen.

Mit Nordirland kommt am Mittwoch im vorletzten EM-Qualifikationsspiel ein Gegner von ähnlich taktischem und spielerischem Zuschnitt wie die Finnen ins Dortmunder Westfalenstadion. Ob es der deutschen Elf gelingt, zu den guten Ansätzen der ersten Halbzeit von Helsinki zurückzufinden und die entsprechenden Lehren aus den Fehlern der mit einigem Glück siegreich überstandenen zweiten Halbzeit zu ziehen?