Die Niederlande starteten mit zwei frischgebackenen Champions-League-Siegern vom FC Liverpool in das Halbfinale: Van Dijk gab wie gewohnt den Abwehrchef - und Wijnaldum trieb im Mittelfeld das Offensivspiel von Oranje an. Zudem brachte Bondscoach Ronald Koeman mit de Ligt und Frenkie de Jong die beiden Shootingstars von Ajax Amsterdam von Beginn an.
Englands Nationaltrainer Gary Southgate verzichtete zunächst auf alle sieben Champions-League-Finalisten im Kader der Three Lions. Sterling übernahm die Kapitänsbinde von Tottenhams Kane - Dortmunds Sancho begann in der offensiven Dreierreihe.
De Ligts Aussetzer leutet Pannenshow ein
Spielerisch benötigte die Partie eine ganze Weile, um auf Touren zu kommen. Die Niederlande wirkte vor 30.000 Zuschauern im ausverkauften Estadio Dom Afonso Henriques in Guimaraes zwar von Beginn an optisch überlegen und hatte mehr vom Spiel. Jedoch fehlten der Elftal gegen tiefstehende Engländer im entscheidenden Spieldrittel die passenden Ideen. Und sollten Frenkie de Jong & Co. doch einmal den Weg durch das kompakte Mittelfeld der Three Lions finden, agierte die Sturmreihe um Depay ohne die nötige Fortüne.
Doch auch die englische Offensive fand im ersten Abschnitt kaum statt. Bei gegnerischem Ballbesitz formierte Southgate sein Team in einem 4-5-1, einzig Rashford störte die Elftal früh am Spielaufbau. So musste ein individueller Fehler für das Highlight in einer von viel Leerlauf und einigen Unkonzentriertheiten geprägten ersten Hälfte sorgen: De Ligt hatte sich im eigenen Strafraum die Kugel leichtfertig von Rashford abluchsen lassen, und sich danach nur noch mit dem Foulspiel zu helfen gewusst. Der Gefoulte trat selbst an - und verwandelte aus elf Metern souverän zur englischen Führung.
Da Dumfries nur fünf Minuten später mit einer starken Rettungsaktion Rashford in letzter Sekunde am Torschuss hinderte (37.), ging es aus englischer Sicht beim Stand von 1:0 in die Kabine.
Sancho verpasst das 2:0 - und muss danach runter
Nach dem Seitenwechsel nahm die Partie deutlich an Fahrt auf. Für Oranje blieb aber dasselbe Problem: In der Offensive fehlte die Durchschlagskraft. Gerade Chelseas Barkley engte die Kreise vom niederländischen Mittelfeldstrategen de Jong stark ein, dies machte sich deutlich am Spiel des Europameisters von 1988 bemerkbar.
Auf der Gegenseite agierte England, das zur Pause Mittelstürmer Kane in die Partie brachte, nun vor allem mit hohen Bällen. Aus einer der Hereingaben sollte auch die größte Gelegenheit auf das 2:0 resultieren: Chilwell flankte von links scharf ins Zentrum, dort sprang de Ligt unter der Kugel vorbei und dann scheiterte Sancho aus wenigen Metern an Cillessen (61.). Kurz darauf war der Arbeitstag für den Dortmunder beendet.
Fehler ausgebügelt - de Ligts Willenstärke
Besser machte es de Ligt auf der Gegenseite: Der 19-jährige Ajax-Kapitän schraubte sich nach einer Depay-Ecke in die Luft und war selbst von zwei Gegenspielern nicht zu stoppen. Pickford konnte den wuchtigen Kopfball aus zehn Metern nur aus dem Netz holen (73.). In der Schlussphase agierten beide Mannschaften mit offenem Visier. Doch weder dem eingewechselten van de Beck (78.), noch Sterling (90.+6) wollte der entscheidende Treffer gelingen. Somit ging das zweite Halbfinale der UEFA Nations League in die Verlängerung.
Three Lions stehen sich selbst im Weg
In den letzten 30 Minuten wirkte das Team von Bondscoach Koeman frischer. Für die Entscheidung sorgten aber dennoch Englands Akteure selbst: Zunächst drehte Stones eine Pirouette am eigenen Sechzehner, vergaß dabei aber Depay in seinem Rücken. Am Ende wurde Promes' Schuss noch entscheidend von Walker ins eigene Tor gelenkt (97.). Englands K.o. erfolgte sechs Minuten vor dem Schlusspfiff - und erneut leisteten sich die Three Lions einen Blackout: Maguire und Barkley wollten sich mit spielerischen Mitteln aus dem niederländischen Pressing lösen, scheiterten aber kläglich. Barkley servierte mit einem Pass, der eigentlich für Englands Keeper Pickford gedacht war, zum 3:1, das Promes auf Vorlage von Depay besorgte (114.).
Damit ziehen die Niederlande in das erste Finale der UEFA Nations League ein und fordern dort am Sonntag (20.45 Uhr LIVE! bei kicker.de) in Porto Gastgeber Portugal. England trifft im Spiel um Platz 3 auf die Schweiz (Sonntag, 15 Uhr).