Tennis

Von wegen Gentleman: Federer als schlechter Verlierer

Nach Aus gegen Djokovic

Von wegen Gentleman: Federer als schlechter Verlierer

"Soll das ein Scherz sein?" Roger Federer zeigte sich auf der Pressekonferenz schlecht gelaunt.

"Soll das ein Scherz sein?" Roger Federer zeigte sich auf der Pressekonferenz schlecht gelaunt. Getty Images

Bis zu diesem Moment war schon so viel passiert, Djokovic nach einem 0:2-Satzrückstand zurückgekommen. Es roch nach einem Happy-End für Federer, bei eigenem Aufschlag führte er 5:3 und 40:15, er hatte zwei Matchbälle. Djokovic ließ die Mundwinkel hängen, nickte sichtlich frustriert immer wieder - und feuerte Federer nach dessen erstem Aufschlag einen Vorhand-Winner ins Feld, den TV-Experte John McEnroe später als "einen der großartigsten Schläge aller Zeiten" beschrieb.

Er bekommt diesen Glücksschlag am Ende - und das ändert alles.

Roger Federer

Federer sah in ihm etwas anderes: Glück. Seine Sicht des letztlich vorentscheidenden Moments: Djokovic habe nicht so ausgesehen, als glaube er noch besonders an einen Sieg. "Gegen so jemanden zu verlieren, ist sehr enttäuschend, weil man das Gefühl hat, dass er mental mit dem Match bereits abgeschlossen hat. Er bekommt diesen Glücksschlag am Ende - und das ändert alles." Dass sich Djokovic für seinen Geniestreich auch noch ausgiebig feiern ließ, dürfte Federer zusätzlich frustriert haben.

zum Thema

Ein Journalist, der vom Schweizer auf der PK wissen wollte, ob er den Cross-Schlag für Glück oder Ausdruck von Selbstvertrauen halte, entgegnete er genervt: "Selbstvertrauen? Soll das ein Scherz sein? Ich meine - bitte." Es gebe eben Spieler, die mit dem Rücken zur Wand anfangen, auf gut Glück zu spielen. "Ich habe das nie gemacht", fuhr Federer fort. "Ich glaube daran, dass sich harte Arbeit auszahlt." Er könne eine solche Einstellung nicht verstehen: "Wie kann man bei einem Matchball einen solchen Ball spielen?" Und leicht ironisch fügte er an: "Vielleicht macht er das schon seit 20 Jahren, vielleicht war es einfach ganz normal für ihn. Da müssen Sie ihn fragen."

Zwar sagte Federer auch, er könne die Schuld nur bei sich suchen, befand aber: "Ich habe das Gefühl, dass ich auf der anderen Pressekonferenz sitzen sollte." Verständlich ist der Frust des ehemaligen Tennis-Dominators allemal, schon im Vorjahr hatte er im US-Open-Halbfinale gegen Djokovic zwei Matchbälle vergeben, zum ersten Mal seit 2002 wird er die Saison zudem ohne Grand-Slam-Titel beenden.

"Zocken" beim Matchball? Djokovic: "Es scheint zu funktionieren"

Djokovic sah seinen höchst riskanten Wunderschlag naturgemäß gelassener: "Ja, ich neige dazu, so etwas bei Matchbällen zu machen. Es scheint zu funktionieren." Und so durfte er nach dem epischen 6:7 (7:9), 4:6, 6:3, 6:2, 7:5 sagen: "Das war definitiv mein größter Sieg in diesem Jahr, einer der größten meiner Karriere."