Handball

Handball-WM, Gruppe B - "Überragend": Das große kroatische Heimspiel in München

Duvnjak & Co. lassen sich von der Atmosphäre tragen

"Überragend": Das große kroatische Heimspiel in München

Zwei Gruppenspiele, zwei Siege: Bei den kroatischen Cowboys läuft es rund.

Zwei Gruppenspiele, zwei Siege: Bei den kroatischen Cowboys läuft es rund. imago

Der schlaksige Domagoj Duvnjak steht im Mittelkreis der ausverkauften Münchner Olympiahalle und animiert mit wilden Armbewegungen - das kennt man auch aus Kiel - die kroatischen Anhänger zu Begeisterungsstürmen. Prompt reagiert die große rot-weiß-blaue Fanschar mit lautstarken Rufen und Gesängen. So gekonnt wie der THW-Spielmacher seine Mannschaft lenkt, so spielerisch hat er auch die Menge im Griff.

Duvnjak ist schon jetzt eine der großen Figuren in der glorreichen kroatischen Handballgeschichte - und das WM-Turnier in Deutschland und Dänemark hat für ihn einen ganz besonderen Anstrich. Der ewige Antreiber, der nicht selten bis zur absoluten Erschöpfung kämpft, sollte das Spiel der Kroaten eigentlich schon bei der Heim-EM 2018 prägen, das ganze Land hoffte auf seine Großtaten. Dann aber der Schock: Duvnjak verletzte sich im ersten Spiel am ohnehin maladen Knie, die "Kauboji" (zu dt. "Cowboys") mussten sich ohne den Welthandballer von 2013 durchs Turnier kämpfen. Letztlich brach Kroatien unter dem Druck des Heimturniers zusammen - und schaffte es nur auf Rang fünf.

Er hat gemerkt, dass es keinen Sinn macht, über das Limit zu gehen.

Stepancic über Dule

"Es war eine Riesenenttäuschung. Ich war richtig traurig, aber so ist das im Sport", erinnert sich der 30-jährige Duvnjak. Er hat diesen Aussetzer hinter sich gelassen, konzentriert sich ganz pragmatisch auf die Gegenwart. Ihm kommt dabei durchaus zu Gute, dass der THW Kiel diese Saison nicht in der Champions League antritt. Das Knie? "Ein bisschen dosieren, aber es ist alles gut, viel besser als letztes Jahr", gesteht Duvnjak. Die Teamkollegen sind heilfroh über die Anwesenheit von ‚Dule‘. "Er ist in wirklich toller Verfassung. Er hat gemerkt, dass es keinen Sinn macht, über das Limit zu gehen", erklärt beispielsweise Paris-Shooter Luka Stepancic. Duvnjak ist Herz und Seele der kroatischen Nationalmannschaft, die in der WM-Hauptrunde auf die deutsche Auswahl treffen könnte. Ihn umgibt eine ganz besondere Aura. "Er ist der wichtigste Spieler", meint Stepancic, "jeder hört ihm zu, jeder weiß, was er für uns bedeutet."

Trainerlegende Lino Cervar (68), der Kroatien 2004 zu Olympia-Gold geführt hatte und deshalb ehrfürchtig "der Magier von Umag" genannt wird, hat um Duvnjak ein hungriges Team mit vielen neuen Gesichtern gruppiert - sein großer Star ist der unangefochtene Anführer. "Wir hatten ohne ihn ein Problem. Ich bin sehr glücklich, dass er hier dabei ist", so Cervar.

Minimalvorgabe: WM-Qualifikation

Zum WM-Auftakt (31:27 gegen Island, 35:27 gegen Japan) begeisterten Duvnjak und Co. phasenweise bereits - und konnten trotzdem gleichzeitig auch Körner sparen. Dennoch übt sich der Kapitän in Zurückhaltung. "Es gibt so viele gute Mannschaften, deshalb ist unser erstes Ziel, unter die ersten Sieben zu kommen", sagt Duvnjak. Die Erfüllung der Minimalvorgabe würde immerhin zur Teilnahme an einem Olympia-Qualifikationsturnier für Tokio 2020 genügen.

Durch die Vorrunde in München tragen Duvnjak und seine Kollegen auch extrem viele kroatische Fans, es kommt angesichts dieser großen Kolonie gar so etwas wie Heimspielatmosphäre auf. Nicht nur Duvnjak, für den Deutschland wie eine zweite Heimat ist - seit 2009 spielt er in der Bundesliga (erst in Hamburg, dann in Kiel) -, findet die Stimmung "überragend". Beim viel diskutierten Spiel der Isländer gegen Spanien am Sonntagabend schrien die kroatischen Anhänger mehrheitlich für den Außenseiter. Viel lieber jubeln sie aber Duvnjak zu, am besten noch bis 27. Januar - dann steigt im dänischen Herning das Finale.

msc

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