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Hamburg setzt dem Wahnsinn die Krone auf!

HSV gewinnt Champions-League-Finale gegen Barcelona

Hamburg setzt dem Wahnsinn die Krone auf!

Cool, cooler, Kraus: Dem Weltmeister von 2007 kam in Hälfte zwei das Adrenalin zu den Ohren raus.

Cool, cooler, Kraus: Dem Weltmeister von 2007 kam in Hälfte zwei das Adrenalin zu den Ohren raus. picture alliance

Der HSV hatte zwar die Mehrzahl der 20.000 Zuschauer in Köln auf seiner Seite, ging aber dennoch als klarer Außenseiter gegen den achtmaligen Champions-League-Sieger in die Partie. Die Katalanen wirkten in der ersten Hälfte einen Tick entschlossener, das große Prunkstück von Barcelona: die eisenharte Abwehr. Jedes Tor mussten sich die Hanseaten schwer erkämpfen, in der ersten Hälfte gelangen ihnen nur neun Treffer. Doch auch Barcelona musste in der Offensive Schwerstarbeit leisten, um den starken Keeper Johannes Bitter zu überwinden. So blieben die Katalanen zwar bis zur Pause in Führung, absetzen konnten sie sich aber nicht. Mit 9:11 aus Sicht des HSV ging es in die Kabinen.

Hamburg kämpfte, Hamburg biss - und Hamburg glich aus. In der 38. Minute lief Duvnjak in der zweiten Welle mit und erzielte das 13:13, Barcelona handelte sich zudem eine Zwei-Minuten-Strafe ein. Von Vorteil war das aber nicht: Trainer Martin Schwalb sah mit Grausen, dass Barça in Unterzahl auf 15:13 erhöhte, da die Hanseaten sich zu viele technische Fehler leisteten. Mit dem lange auf der Bank schmorenden Michael Kraus war der HSV aber postwendend zurück im Spiel. Ein Tor, dazu zwei blitzgescheite Kreisanspiele des Weltmeisters von 2007, schon war der HSV erstmals in Führung (16:15, 43.). FCB-Trainer Xavier Pascual nahm umgehend die Auszeit.

Es blieb ein spektakuläres Spiel auf Messers Schneide, aber von nun an mit Vorteilen für die Norddeutschen. Barça glich nach einer 18:16-Führung des HSV zwar wieder aus (46.), mit einem spektakulären Unterhandwurf stellte der wie aufgedreht spielende Kraus die Zwei-Tore-Führung wieder her (20:18, 49.). Barça setzte im Tor nun auf Sterbik für Saric, der sofort zweimal parierte, schon stand es wieder 20:20 (52.), nun nahm Hamburg das Timeout - Durchatmen war angesagt in der Lanxess-Arena.

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Doch danach ging die Post erst richtig ab in Köln! Der HSV startete einen Vier-Tore-Lauf, stellte dank des starken Petersen auf 24:20, zweimal traf Kraus (55.). Hätte Jansen anschließend beim Gegenstoß getroffen, wäre die Partie wohl entschieden gewesen. Stattdessen brachten sich die Hamburger mit zwei Zeitstrafen in die Bredouille: Das 24:24 fiel in der 58. Minute. Nach Treffern von Lindberg auf der einen und Rutenka auf der anderen Seite zeigte die Anzeigetafel 25:25. Die gleichen Spieler waren es auch, die in der regulären Spielzeit die letzten beiden Würfe vergaben. Bitter hielt den letzten Wurf von Rutenka mit Bravour, ab ging's in die zweimal fünfminütige Verlängerung.

Das war mein Abschiedsgeschenk aus Hamburg.

Michael Kraus, der nach Göppingen wechseln wird.

Und der Wahnsinn wollte einfach kein Ende nehmen. Hamburg beendete die erste Halbzeit dank zweier früher Tore von Duvnjak mit einer 28:26-Führung, drei Minuten vor Schluss dann wieder der Ausgleich durch Linksaußen Garcia (29:29). Per Siebenmeter traf Lindberg zum 30:29 - und Bitter hielt eine Minute vor Schluss.

Man musste den Eindruck gewinnen, dass die Referees noch ihr Möglichstes versuchten, die Spannung aufrecht zu erhalten. Keine 20 Sekunden waren gespielt, da hoben sie die Hand zum Zeitspiel. Lijewski setzte sich dennoch durch, bekam aber einen klaren Siebenmeter verwehrt - Schwalb flippte an der Seitenlinie aus. Doch seine Spieler pfiffen drauf! Bitter hielt kurz vor Schluss erneut, der letzte direkte Freiwurf von Rutenka (den man auch nicht geben musste) landete in der Mauer. Dann war Schluss - und die Hamburger Sause begann.

Die "Geliebte" empfangen: Kapitän Pascal Hens hebt die Trophäe in die Höhe.

Die "Geliebte" empfangen: Kapitän Pascal Hens hebt die Trophäe in die Höhe. getty images

"Unfassbar, man kann das überhaupt nicht beschreiben. Jetzt dürfen wir uns die Könige von Europa nennen", sagte Kraus, der genauso wie Lindberg sechsmal traf. "Großes Kompliment an die Mannschaft, wir haben das Publikum begeistert. Meine Emotionen kochen über." Pascal Hens küsste den unhandlichen Pokal bei der Übergabe wie eine Geliebte. "Das schmeckte hervorragend. Das Ding ist zwar ein bisschen rau, aber das war mir total egal", sagte der Rückraumspieler und fügte mit einem glücklichen Lächeln an: "Wir haben die Champions League. Wir sind Europas beste Mannschaft. Das ist der Wahnsinn."

Kiel verschläft die erste Hälfte - Kielce wird Vierter

Zuvor war Kiel im Spiel um Platz drei gegen KS Vive Kielce gefordert. Die erste Hälfte geriet für die Zebras zum Desaster. Wie schon am Vortag gegen Hamburg zeigte der Titelverteidiger eine katastrophale Abwehrleistung, auch vorne gelang zunächst nicht viel. Das erste Tor gelang den Norddeutschen nach neun Minuten, mit 12:19 ging es in die Kabinen. Zwar steigerte sich das Gislason-Team nach der Pause und waren dem Ausgleich in der Schlussphase nahe, doch letztlich brachten die von Trainer Bogdan Wenta trainierten Polen den Sieg mit 31:30 über die Zeit. Mit je sechs Treffer waren Filip Jicha und Momir Ilic, der kurz vor Schluss mit einem verworfenen Siebenmeter den Ausgleich vergab, die erfolgreichsten Kieler Werfer. Für den polnischen Meister traf Rastko Stojkovic (8) am häufigsten.

"Das war ein schweres Wochenende für uns. Wir haben nicht unsere Linie gefunden", gestand Daniel Narcisse ein, der wie so viele gestanden Spieler die Kieler nun verlassen wird.

Statistik zu den Spielen

FC Barcelona - HSV Hamburg 29:30 n.V. (25:25,11:9)

Tore FC Barcelona: Rutenka 8/2, Tomás 7, Nøddesbo 3, García 3, Gurbindo 3, Sarmiento 2, Sorhaindo 1, Montoro 1, Stranovsky 1
HSV Hamburg: Kraus 6, Lindberg 6/3, Petersen 5, Duvnjak 4, Lijewski 3, Jansen 2, Lackovic 2, Vori 2
Zuschauer: 20 000 (ausverkauft)
Strafminuten: 8 / 8

KS Vive Kielce - THW Kiel 31:30 (19:12)

Tore KS Vive Kielce: Stojkovic 8/1, Cupic 7/1, Strlek 5, Bielecki 4, Jurecki 3, Tkaczyk 2, Lijewski 1, Rosinski 1
THW Kiel: Jicha 6/1, Ilic 6/3, Toft Hansen 4, Sigurdsson 4, Sprenger 3, Narcisse 3, Vujin 2, Palicka 1, Klein 1
Zuschauer: 20 000 (ausverkauft)
Strafminuten: 8 / 4
Disqualifikation: Buntic (60./Unsportlichkeit) / -