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Wie weit treibt der Bundestrainer das Spiel mit dem Feuer? - DHB-Auswahl reist am Freitag von Berlin nach Köln

DHB-Auswahl reist am Freitag von Berlin nach Köln

Wie weit treibt der Bundestrainer das Spiel mit dem Feuer?

Zufrieden - und wie arg risikobewusst? Bundestrainer Christian Prokop und seine DHB-Auswahl, die nun nach Köln aufbricht.

Zufrieden - und wie arg risikobewusst? Bundestrainer Christian Prokop und seine DHB-Auswahl, die nun nach Köln aufbricht. imago

Aus Berlin berichtet Maximilian Schmidt

Nach dem am Ende doch sehr souveränen 31:23-Sieg gegen Außenseiter Serbien wurde die deutsche Mannschaft minutenlang in der Halle gefeiert. Allen voran Kapitän Uwe Gensheimer, der ans Hallenmikrofon gebeten wurde und daraufhin mit deutlich vernehmbaren "Uwe"-Rufen bedacht wurde. "Ich muss den Fans in Berlin ein Riesenkompliment aussprechen. Ihr wart super", sagte Gensheimer. "Ich bin froh, dass ich das mit 32 Jahren auf dem Höhepunkt meiner Karriere erleben darf." Sein Wunsch: "Ich hoffe, dass die Zuschauer in Köln genauso viel Gas geben wie die in Berlin. Dann lassen wir uns einfach tragen. Wir legen alles aufs Feld, was in uns steckt."

DHB-Vizepräsident Bob Hanning schlug in die gleiche Kerbe. Seine Gedanken mit Blick auf die drei entscheidenden Spiele in Köln gegen Island, Spanien und Kroatien: "Wenn jetzt 6000 Zuschauer dazukommen, können wir nochmal den Druck im Kessel erhöhen. Jetzt hoffe ich, dass diese Welle auf Köln überschwappt." Schwer vorstellbar, dass das nicht funktioniert.

Elf wichtige Tore Vorsprung

Bundestrainer Prokop schwärmte von "zehn fantastischen Tagen" in der Hauptstadt. "Es war eine schwere Vorrundengruppe, dass wir da so durchgehen mit der 3:1-Punkausbeute und dem guten Torverhältnis - das ist eine ganz tolle Sache", erklärte er. Schon im Vorfeld hatte Hanning immer wieder von "elf Toren Vorsprung" gesprochen: Gemeint ist, dass die Franzosen (ebenfalls 3:1 Punkte) nur ein Torverhältnis von plus 2 in die Hauptrunde mitnehmen, Deutschland durch den deutlichen Sieg gegen Brasilien ein Torverhältnis von plus 13.

"Die drei Punkte sind neben der euphorischen Stimmung das Wichtigste", stellte Prokop klar. Aber da war doch noch was in diesen 60 Minuten gegen Serbien? Tatsächlich hatte der Bundestrainer Mitte der zweiten Hälfte die Variante mit dem siebten Feldspieler ausprobiert. Eine Idee, die gnadenlos nach hinten losging .

Christian Prokop

Blickrichtung Hauptrunde: Christian Prokop. imago

In dieser Phase kassierte Deutschland mehrere Gegentore, die Spieler auf dem Parkett wirkten etwas ratlos. Der ausgewechselte Heinevetter schimpfte wie ein Rohrspatz, als er den Ball aus dem Tor holen musste. Unmut kam in der Halle auf, ja sogar Pfiffe waren deutlich zu vernehmen. Wenig später stand Heinevetter auch während der deutschen Angriffe wieder zwischen den Pfosten.

Gedanken an das Spanien-Spiel

Wie weit treibt Prokop das Spiel mit dem Feuer? Bei der EM 2018 in Kroatien, nach der eigentlich ein gesamtes Jahr heftig über seine Position diskutiert wurde, war ihm genau diese Variante von allen Seiten negativ ausgelegt worden. Nach dem entscheidenden 27:31 gegen Spanien in der Hauptrunde hatte Melsungens Julius Kühn ehrlich erklärt: "Gerade beim siebten Feldspieler, das ist nochmal eine Zockerei . Die ist nach hinten losgegangen, wir haben uns aber auch nicht gut angestellt." Erinnerungen daran kamen am frühen Donnerstagabend definitiv auf.

Wann soll ich das testen, wenn nicht heute?

Bundestrainer Christian Prokop in Bezug auf den siebten Feldspieler

Auf die Frage, ob er diese Variante bei der Heim-WM erneut anwenden wird, erklärte Prokop: "Mit Sicherheit werden wir die noch einmal brauchen. Aber so ist es natürlich mehr als ein Eigentor. Trotzdem: Wann soll ich das testen, wenn nicht heute?" Faire Argumentation, doch in engen Spielen kann das einer Mannschaft auch das Genick brechen.

Sicherlich mit dem einen oder anderen Gedanken an dieses Thema wird Prokop am Donnerstagabend ein letztes Mal in Berlin ins Bett fallen. Am Freitag steht für den Europameister von 2016 dann der Umzug von der Spree an den Rhein an. Um 12.40 Uhr hebt der Flieger von Berlin-Tegel Richtung Köln ab, wo noch am Abend in der Arena ein Training angesetzt ist. Ab Samstag beginnt der Medaillenkampf dann wirklich - mit wie viel Prozent Risiko?